Die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) hat die kurdische Enklave Ain al-Arab in Nordsyrien unter schweren Beschuss genommen. Mindestens elf Granaten sollen vor allem im Westen der Stadt eingeschlagen sein. Das berichtete die syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte. Auch von Osten her feuerten die Extremisten nach Angaben von Augenzeugen mit Artillerie in die Stadt.
Auf Twitter berichten Beobachter von der türkischen Grenze aus von «schwerem Beschuss». Autos würden «reihenweise» die Stadt verlassen. Ein Korrespondent der kurdischen Nachrichtenseite «Rudaw» bestätigte Angriffe auf das Stadtzentrum. Später habe sich die Lage etwas beruhigt.
Bereits am Samstag hatten IS-Extremisten Ain al-Arab nach Angaben der Beobachtungsstelle erstmals mit Mörsergranaten beschossen. Kurdische Peschmerga-Kämpfer rüsten sich daher für einen Gegenschlag. Rund 1800 Peschmerga-Soldaten seien in der umkämpften Stadt in Stellung gegangen, berichtete die syrische Beobachtungsstelle. Allein seit Mittwoch seien 1500 Kämpfer eingetroffen. Flugzeuge des US-geführten Anti-IS-Bündnisses hatten am Wochenende bereits Stellungen der IS-Miliz in der Region beschossen.
Die im Norden Syriens gelegene Enklave Ain al-Arab, die im Kurdischen Kobane genannt wird, war vor mehr als einer Woche von IS-Kämpfern teilweise eingekreist worden. Bei ihrem Vormarsch hatten die Dschihadisten mehr als 60 Dörfer im Umland eingenommen. Zehntausende Menschen flohen.
Die US-Geheimdienste haben nach Ansicht von Präsident Barack Obama die Extremistengruppe Islamischer Staat (IS) in Syrien unterschätzt. Zugleich hätten die USA die Schlagkraft der irakischen Armee im Kampf gegen die vorrückenden Dschihadisten überschätzt, räumte Obama in einem Interview des Senders CBS ein. Die Extremisten hätten sich das Chaos im syrischen Bürgerkrieg stärker zu Nutzen gemacht als erwartet. Syrien sei zu einer Art «Ground Zero» für Dschihadisten aus der ganzen Welt geworden.
Obama verwies auch auf Äusserungen des Direktors der Nationalen Nachrichtendienste, James Clapper. Dieser hatte bereits der «Washington Post» gesagt, die USA hätten nicht mit einem solchen Erfolg der IS-Milizen gerechnet. Zudem räumte Clapper ein, er hätte nie gedacht, dass sich die irakischen Sicherheitskräfte den vorrückenden Dschihadisten im Norden des Golfstaats so schnell geschlagen geben könnten und die Flucht ergreifen würden.
Das US-Repräsentantenhaus fordert derweil Mitspracherecht: Sprecher John Boehner sagte dem Fernsehsender ABC, Obama habe zwar die Autorität, die Schläge gegen den IS zu beschliessen. Dennoch wolle der Kongress das Vorgehen diskutieren: Es drohe ein Krieg am Boden.
(isa/dpa/Reuters)