Gastronomie: Grosse Trauer und offene Fragen nach dem Tod von Benoît Violier

Gastronomie: Grosse Trauer und offene Fragen nach dem Tod von Benoît Violier

01.02.2016, 17:00

Am Tag nach dem Tod des Spitzenkochs Benoît Violier ist die Anteilnahme in der Waadt und der weltweiten Gastronomieszene gross. Mit dem Restaurant «Hôtel de Ville» in Crissier VD soll es weitergehen, auch in Gedenken an den Verstorbenen.

Die Betroffenheit in der Waadt ist gross. Nur sieben Monate nach dem überraschenden Tod des Spitzenkochs Philippe Rochat trauert der Kanton um dessen Nachfolger Benoît Violier. Er nahm sich im Alter von 44 Jahren am Sonntag das Leben.

Das ist auch ein schwerer Verlust für den Unternehmer André Kudelski, der am Restaurant in Crissier finanziell beteiligt ist: «Ich bin sehr sehr traurig», sagte er am Montag gegenüber der Nachrichtenagentur sda.

Das Leben bleibe ein Rätsel und sogar wenn man glaube, eine Person zu kennen, wisse man vielleicht nicht alles über sie. Wichtig sei, in die Zukunft zu schauen, sagte André Kudelski tief bewegt.

Ihm ist wichtig, dass das Restaurant nach dem Willen des verstorbenen Spitzenkochs weitergeführt wird, um Violier in einer konstruktiven Art und Weise zu gedenken. Seine Anteilnahme gelte der Frau und dem Sohn von Violier, sagte der Waadtländer Unternehmer.

Auch der Vorgänger von Violier und Rochat in Crissier, Frédy Girardet, zeigte sich tief betroffen über den Tod des Kochs. Der Kanton Waadt drückte ebenfalls seine Trauer über den Tod des Kochs aus. Violier war erst vor kurzem eingebürgert worden.

Auf der Spitze des Erfolgs

Er hatte 2012 mit seiner Frau Brigitte das Restaurant übernommen und wurde seither mit Lob überhäuft. Das «Hôtel de Ville» erhielt weiterhin drei Sterne des Guide Michelin und wurde vom Restaurantführer GaultMillau mit 19 von 20 Punkten ausgezeichnet. Im 2013 wurde Benoît Violier zum Koch des Jahres gekürt.

Noch im Dezember schaffte es sein Restaurant an die Spitze der Liste von «mille tables d'exception» und wurde damit zur besten Tafel der Welt erklärt. Violier sagte vor Monatsfrist, dass das seine Mannschaft nur noch zusätzlich anspornen werde.

Auch in Frankreich war die Trauer am Montag gross. Bei der Verkündung der besten Köche durch den Guide Michelin France wurde eine Schweigeminute für den französisch-schweizerischen Doppelbürger abgehalten. «Die ganze Gastronomieszene weint, denn wir verlieren einen grossen Monsieur der Spitzengastronomie, einen Kollegen und Freund», sagte Spitzenkoch Christian Le Squer, Chef des Restaurant «Le Cinq» im Pariser Luxushotel «Georges V».

Das abrupte Ende des Lebens von Benoît Violier lässt die Welt der Gastronomie fassungslos zurück. Bei möglichen Erklärungsversuchen des tragischen Selbstmordes kommt auch der grosse Druck zur Sprache, der auf Spitzenköchen lastet.

Spitzenköche opfern dem Metier alles

«Man opfert diesem Metier alles», sagte am Montag der ehemalige Spitzenkoch Gérard Rabaey der Nachrichtenagentur sda. Er leitete früher das Restaurant «Le Pont de Brent» oberhalb von Montreux VD.

«Ich sah Benoît noch vor 15 Tagen», sagte Rabaey. Mit 44 Jahren schon zum Besten der Besten gewählt zu werden, sei eine Falle. Man kann nur schlechter werden. Benoît Violier habe sich darüber aber nicht den Kopf zerbrochen, sagte Rabaey.

Er kann sich noch gut an das dichtgedrängte und ermüdende Leben als Koch erinnern. Als Restaurant-Patron stand er dreimal pro Woche um 6 Uhr auf, um auf den Markt zu gehen. Vor 1 Uhr nachts kam er nicht ins Bett.

Ob für Benôit Violier seine Leidenschaft für das Kochen zu viel wurde? Eine Antwort weiss auch Gérard Rabaey nicht. Sicher ist aber: «Als ich 1998 meinen dritten Michelin-Stern erhielt, sagte mir meine Frau sofort, dass ich nicht mehr der gleiche sei.»

Wie alle Köche ist auch Rabaey voll des Lobes für Violier. «Wenn es einen vierten Michelin-Stern gäbe, hätte Violier ihn bekommen.» Er sei ein unglaublicher Perfektionist gewesen. (sda)

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