Santésuisse mit Augenärzten und Kardiologen über Tarmed-Tarif einig

Santésuisse mit Augenärzten und Kardiologen über Tarmed-Tarif einig

28.10.2016, 17:00

Nach den gescheiterten Tarmed-Verhandlungen liegen erste Vorschläge auf dem Tisch, wie der reformbedürftige Ärztetarif in einigen Punkten angepasst werden kann. Santésuisse hat sich mit den Augenärzten und den Kardiologen auf einen Pauschaltarif geeinigt.

Damit könnte der Tarmed in den entsprechenden Kapiteln angepasst werden. Diesen Vorschlag haben der Krankenversicherungsverband santésuisse und die fmCh-Tarifunion beim Bundesamt für Gesundheit (BAG) eingereicht. Im Streit um die Revision des Ärztetarifs Tarmed waren die Tarifpartner aufgerufen, bis Ende Oktober Ideen für eine Übergangslösung zu unterbreiten.

Die Einigung zwischen Versicherern und Ärzten gelang nach einer «mehrmonatigen intensiven Zusammenarbeit», wie santésuisse und fmCh am Freitag in einem gemeinsamen Communiqué mitteilten. Die Pauschalen beruhen grundsätzlich auf dem heutigen Tarmed. Sie umfassen alle operativen Eingriffe.

Kürzere Operationen

Korrekturen erfolgten, wo die «Eingriffszeiten nicht mehr à jour sind». Damit sind Operationen gemeint, die mit dem heutigen Stand der Technik wesentlich weniger lange dauern, als es der Tarmed, der aus dem Jahr 2004 stammt, vorsieht.

santésuisse-Direktorin Verena Nold sagte auf Anfrage, dies gelte etwa für die Operation beim grauen Star. Bisher wurden dafür drei Stunden verrechnet. Mit dem aktuellen Vorschlag wären es noch 20 Minuten. Die nichtoperativen Eingriffe sollen weiter wie bisher abgerechnet werden.

In der Tarifunion fmCh sind 27 medizinische Fachgesellschaften und Vereine mit rund 8000 Medizinern organisiert, insbesondere die Augenärzte, wie Nold sagte. «Es ist wichtig, dass die Direktbetroffenen hinter dem Vorschlag stehen.»

Gespräche auch mit Radiologen

Die Einigung sieht vor, dass ab Ende des ersten Quartals 2017 der überarbeitete Tarif während einer Pilotphase von vier Monaten getestet wird. «So besteht noch Raum für allfällige Anpassungen», sagte Nold. Im Juni 2017 könnte der Tarif dann dem BAG unterbreitet werden, mit dem Ziel, die Kapitel 2018 in Kraft zu setzen.

Nach dem Erfolg mit den Augenärzten und Kardiologen will santésuisse nun auch die Tarife anderer Fachgebiete überarbeiten. Gespräche mit den Radiologen sind laut Nold «weit fortgeschritten». Auch mit den Viszeralchirurgen und Orthopäden arbeite man mit Hochdruck an einer Lösung für 2018.

Der Tarmed bildet die gesamtschweizerische Tarifstruktur für ambulante ärztliche Leistungen in Arztpraxen, Kliniken und Spitälern. Das komplexe Werk beinhaltet rund 10'000 hinterlegte Regeln. Es ist weitgehend unbestritten, dass es veraltet ist und revidiert werden muss.

Die Verhandlungen über eine Revision des Tarifs waren im Sommer allerdings für gescheitert erklärt worden. Der Bund gewährte den Tarifpartnern eine Nachfrist bis Ende Oktober, um sich auf eine neue Tarifstruktur zu einigen. Bleibt eine Einigung aus, kann der Bundesrat Anpassungen verfügen. Das BAG bereitet die Anpassungen vor und will Vorschläge von Tarifpartnern wenn möglich berücksichtigen.

Curafutura will schnelle Anpassung

Der Krankenversicherungsverband curafutura schlug am Freitag ebenfalls vor, den Zeitbedarf für Behandlungen den aktuellen Gegebenheiten anzupassen. Zudem sollen ärztliche Gespräche im Tarif zulasten der spezialärztlichen Diagnostik aufgewertet werden. Der Verband fordert weiter, dass ambulante ärztliche Leistungen in der Praxis weniger hoch vergütet werden sollen als dieselben ambulanten ärztlichen Leistungen im Spital.

Curafutura hofft, dass der Bundesrat den Tarmed bereits per 1. Juli 2017 anpasst. Dies würde die «Tarifpartner aufrütteln, endlich den Ernst der Lage zu erkennen und konstruktiv an einem neuen Tarif mitzuwirken», wie Direktor Pius Zängerle in der Mitteilung zitiert wird. Bundesrat Alain Berset hatte im September in Aussicht gestellt, dass Anpassungen wohl nicht vor 2018 in Kraft treten könnten.

Der Berufsverband der Ärzte FMH kritisierte in einer Mitteilung die Vorschläge von curafutura, weil sie «die freipraktizierende Ärzteschaft diskriminieren». Ausserdem würden die Massnahmen nur Eingriffe von der heute preiswerteren ambulanten Arztpraxis zum teureren Spital verlagern. (sda)

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