Vor knapp zwei Monaten gab Marokko bekannt, dass es den Afrika-Cup 2015 nicht durchführen könne. Die Angst vor Ebola war zu gross. Im letzten Moment sprang Äquatorialguinea als Gastgeber ein. Logisch, dass die Organisation chaotisch werden würde. Ein erfahrener Afrika-Cup-Berichterstatter sagte mir, er werde sich hüten dorthin zu gehen: «Es wird ein Riesenchaos.» Trotzdem: So einfach dürfte es für mich nie mehr sein, in dieses Land zu kommen. Darum will ich es versuchen.
Wie immer vor Reisen suche ich die ersten Informationen im Internet zusammen. Schnell stellt sich heraus: Über Äquatorialguinea ist nicht viel bekannt. Klickt man sich durch die wenigen Reisehinweise im Internet, fällt eines auf: Ein Visum zu bekommen ist für alle – ausser US-Amerikaner – ein langer und meist erfolgloser Weg. Ich stolpere über diesen Globetrotter-Bericht zweier Schweizerinnnen von 2009. Und spätestens ab da weiss ich: Ich will da hin. Auf Tripadvisor finde ich einen Schweden, der im Sommer 2014 im Land war, und lese im Thorntree-Forum vom Lonely Planet von einem weiteren Reisenden, der einmal im Land im Nacken Afrikas war. Viel Information kommt da nicht zusammen.
Auch im Buchhandel werde ich nicht fündig. Reiseführer über das Land gibt es genau einen auf Spanisch von 2007, den ich mir downloaden kann. Er scheint aber mehr ein ausführlicher Erfahrungsbericht zu sein. Im 1128 Seiten starken Lonely Planet über den ganzen Kontinent werden dem kleinsten Land Afrikas gerade einmal drei Seiten gewidmet. Als Einleitung steht in etwa: «Äquatorialguinea ist kein Reiseland. Wir haben daher keine Informationen zu Hotels, Bars, Restaurants oder Transportwegen und werden nachfolgend einfach etwas über die Geschichte des Landes erzählen.» Na toll.
Dann schau' ich doch mal beim EDA nach und melde mich auf der Botschaft für die Einreisebestimmungen. Die Botschaft für die Schweiz befindet sich in Paris, finde ich heraus. Leider funktioniert weder die angegebene Telefonnummer noch die E-Mail-Adresse. Auch eine weitere E-Mail-Adresse, welche ich im Internet finde, geht ins Leere. Ich rufe also beim EDA an. Die halbfreundliche Dame will mir erst weismachen, dass es nur Guinea oder Guinea-Bissau gebe, nicht aber Äquatorialguinea. Erst nach langem Hin und Her entdeckt sie für sich ein neues Land. Aber die richtige Adresse hat sie auch nicht. Ich soll mich doch bei der UNO-Mission in Genf melden – auch dort nimmt niemand das Telefon ab. Ich schreibe dem EDA eine E-Mail mit meinem Anliegen.
Während ich warte, versuche ich via die deutsche Botschaft in Berlin die Kontaktdaten herauszufinden, was mit unbeantworteten E-Mails und Telefonanrufen ins Leere endet. Auch die Schweizer Botschaft in Kamerun (für Äquatorialguinea zuständig) verweist auf Anfrage lediglich auf die EDA-Seiten für die Kontakte und der angebliche Generalkonsul der Schweiz in Malabo schreibt mir zurück, dass er seit 2009 nicht mehr im Land und schon gar nicht mehr zuständig sei. Als Tipp geben beide mir mit: «Am Ball bleiben. Vielleicht hilft die britische Botschaft in London.»
Fast gleichzeitig erhalte ich vom EDA neue Kontaktdaten der Botschaft in Paris. Dieses Mal stimmen sie (im Internet sind allerdings noch immer die falschen Angaben, darum hier für alle Suchenden die aktuellen: secretaria.embajada.paris@gmail.com, +33 (0)1 4501 9149. Nach zwei Tagen und zahllosen Versuchen erreiche ich die Botschaft. Die Visumanforderungen scheinen jedoch endlos: Flugbestätigung, Hotelbestätigung, Strafregisterauszug, Gelbfieberzertifikat, Fotos, Kopien und ein Einladungsschreiben beglaubigt vom Departement für nationale Sicherheit, oder eine Autorisation des äquatorialguineischen Aussenministeriums. Auf Nachfrage soll für Letzteres auch eine Absichtserklärung für die Reise reichen.
Bis der Strafregisterauszug bei mir eintrifft, ist Weihnachten, den Flug schenke ich mir selbst zu diesem Anlass (inklusive Rücktrittsoption). Ein Hotel kann ich nicht buchen – weil die wenigen Unterkünfte in Malabo, von welchen ich Telefonnummern herausfinde, alle ausgebucht oder reserviert sind für Teams und Verbandsleute. Ich solle doch zwei Tage vor meiner Ankunft nochmals anrufen, dann ergebe sich vielleicht etwas. Witzig. Airbnb hat genau ein Angebot einer Luxusvilla, via Couchsurfing ergibt sich auch nichts und der afrikanische Fussballverband (CAF) teilt mit, dass man auch noch nicht wisse, wo die Teams und eigenen Vertreter untergebracht würden – geschweige denn die Journalisten.
Die Zeit wird langsam knapp. Da ich keine Unterkunft finde, scheint das Visum unerreichbar. Ich könnte zwar eine Reservation via Buchungsportal tätigen, den Beleg drucken und die Buchung wieder stornieren (wie teilweise empfohlen wird). Doch das würde zwar vielleicht – wenn denn die Zeit tatsächlich noch reicht – mein Visumproblem lösen, nicht aber dasjenige der Unterkunft.
Mit all den negativen, mühsamen Erfahrungen von Reisenden, welche (einigermassen) kürzlich im Land waren, bin ich gerade etwas ratlos und fühle mich wie Asterix im «Haus, das Verrückte macht».
Ich will schon aufgeben, da erfahre ich per Zufall durch einen Kollegen, den ich 2010 am Afrika-Cup in Angola traf, dass ich mit der Akkreditierung bei der Ankunft ein Visum erhalten sollte. Diese wird vom CAF kurz vor Silvester bestätigt, gut zwei Wochen vor der Abreise. Der Irrlauf nimmt vorerst ein Ende. Es sieht zumindest gut aus, auch wenn ich dem Ganzen noch nicht wirklich trauen mag. Fehlt noch die Unterkunft. Diese Suche wird meine Nerven in den nächsten Tagen arg strapazieren.