Die Konsternation bei der bernischen BDP ist gross. Mit einem solchen Absturz - von 25 auf 15 Parlamentssitze - hatte niemand gerechnet. Bei der BDP-Führungsriege herrschte Ratlosigkeit: Er könne sich die Niederlage nicht erklären, sagte BDP-Präsident Heinz Siegenthaler am Sonntagabend.
Für den Berner Politologen Adrian Vatter ist hingegen klar: «Der BDP ist es nicht gelungen, sich mit einem eigenständigen Profil in Szene zu setzen.» Die Partei politisiere zu nahe bei SVP und FDP und wirke wie die alte SVP «etwas behäbig und gemütlich», sagte Vatter am Montag im Gespräch mit der Nachrichtenagentur SDA.
Die Dynamik, die 2008 mit der Abspaltung von der SVP eingesetzt habe, sei verloren gegangen, und die BDP habe sich nicht als alternative bürgerliche Kraft etabliert. Zudem hätten der Partei auf den Grossratslisten die «Stimmensammler» gefehlt.
So erreichte 2010 Lorenz Hess ein Spitzenresultat - inzwischen hat er in den Nationalrat gewechselt. Ebenfalls trat die am Sonntag brillant wiedergewählte Regierungsrätin Beatrice Simon vor vier Jahren als Zugpferd auch auf der Grossratsliste an.
Den dritten Grund für das schlechte Abschneiden sieht Vatter darin, dass die BDP für den Grossen Rat keine Listenverbindungen eingegangen war. Das sei ein taktischer Fehler gewesen, sagte Vatter. Möglicherweise habe sich die Partei nach dem Wahlerfolg von 2010 zu siegessicher gefühlt.
Handkehrum trat die BDP für die Regierungsratswahlen auf der gemeinsamen bürgerlichen Viererliste an. BDP-Frau Beatrice Simon erzielte dabei das Spitzenresultat. BDP-Präsident Siegenthaler mutmasste, dass die Wähler das Päckli mit der SVP nicht goutiert hätten.
Gesamtschweizerisch versuche die BDP, sich als lösungsorientierte Mitte-Partei zu positionieren, die «modern und progressiv» politisiere, sagte BDP-Präsident Martin Landolt gegenüber Radio SRF. Dass der Aufschwung der BDP im Kanton Bern gestoppt worden sei, müsse ein Weckruf sein für die anderen Kantonalparteien.
Die nächste Nagelprobe in ihren Stammlanden steht der BDP bei den kantonalen Wahlen vom 18. Mai in Graubünden bevor. Einen «Weckruf» habe die Bündner Kantonalpartei nicht nötig, sagte Parteipräsident Jon Domenic Parolini zur SDA. Die Partei sei gut aufgestellt, aber es sei wichtig, die Basis zu mobilisieren.
Die BDP besetzt derzeit im 120-köpfigen Bündner Parlament 27 Sitze und ist nach FDP und CVP drittstärkste Kraft. In der Regierung hält die BDP 2 von 5 Sitzen. Die SVP hat mit Nationalrat Heinz Brand gemäss einer Umfrage aber gute Chancen, der BDP einen freiwerdenden Sitz in der Regierung streitig zu machen. (whr/sda)