Nach einem tödlichen Riverrafting-Unfall im Berner Oberland vor sieben Jahren muss sich der Guide des Unglücksboots vor Gericht verantworten. Die Anklage lautet auf fahrlässige Tötung, sein Verteidiger verlangt einen Freispruch. Die Tragödie ereignete sich im Juli 2007. Eine Schulklasse aus dem Kanton Zürich hatte eine Riverrafting-Tour auf der Saane gebucht. Die Guides waren mit den Jugendlichen in drei Booten im Konvoi unterwegs.
In der Vanel-Schlucht fuhren die ersten beiden Boote bei einem Felsblock im Wasser aufeinander auf. Das hintere Boot kenterte. Ein 15-jähriges Mädchen verfing sich unter Wasser in Ästen und konnte erst Minuten später geborgen werden. Es starb später im Spital. Im Visier der Ermittler standen zunächst alle drei Guides, der Geschäftsführer des Touranbieters und der Lehrer. Ausser gegen den Guide des gekenterten Boots wurden alle Verfahren eingestellt. Ein Umstand, den die Opferfamilie bis vor Bundesgericht bekämpfte.
Vor dem Richter in Thun erschien am Dienstag deshalb einzig der fragliche Bootsführer, ein gebürtiger Ire. «Ich habe alles so gemacht, wie ich sollte», betonte der Angeklagte vor Gericht. Er habe gesehen, wie das vor ihm fahrende Boot bei einer Engstelle mit einem Felsblock im Fluss nach links in etwas schwächere Strömung gefahren und plötzlich schräg zur Strömung gestanden sei. Er habe befürchtet, das Boot gerate seitlich an den Felsen und werde kentern. Er habe daraufhin seinen Kurs in der schnelleren Strömung gehalten und die Stelle passieren wollen, um Passagiere weiter unten aus dem Wasser zu fischen. Doch anders als erwartet, kenterte das vordere Boot nicht, sondern blieb am Felsen hängen und versperrte so die Durchfahrt. Nun konnte der Angeklagte nicht mehr ausweichen, fuhr auf und kenterte seinerseits.
Der Anwalt der Opferfamilie, die sich als Privatklägerschaft konstitutiert hat, glaubte den Ausführung kein Wort. Das seien reine Schutzbehauptungen aus dem «Reich der Märchen», sagte er. Der Ire habe sieben Jahre lang bei allen Befragungen nie so etwas gesagt und tische nun solche Geschichten auf. Der Anwalt verwies auf ein Expertengutachten, das besagte, dass der Angeklagte nicht genügend Abstand zum vorderen Boot gehabt habe.
Die beiden Experten relativierten diese Aussage am Dienstag jedoch etwas. Sie hätten von den Befürchtungen des Angeklagten, das vordere Boot könnte kentern und von seiner Idee, dann Hilfe zu leisten, nichts gewusst. Lege man diese Annahme den Betrachtungen zugrunde, habe der Angeklagte nachvollziehbar gehandelt.
Der Anwalt der Privatklägerschaft zeigte sich ob «der Vernebelungsaktion» der Experten sichtlich empört. Der Verteidiger des angeschuldigten Guides plädierte auf Freispruch. Er stritt nicht ab, dass sein Mandant möglicherweise nicht genügend Abstand hatte. Doch eine Sorgfaltspflicht habe er nicht verletzt und das sei entscheidend.
Der Richter fällt sein Urteil am späten Mittwochvormittag. (sda/bnd)