Er sei ein Opfer der Schwerkraft gewesen, sagte Kapitän Schettino am zweiten Tag seiner Anhörung vor dem Gericht im toskanischen Grosetto. «Es blieb mir nichts anderes übrig, als mich ins Wasser zu stürzen – was ich möglicherweise besser getan hätte – oder in das Rettungsboot zu springen. Hätte ich mich an einem anderen Ort befunden, wäre ich als letzter vom Schiff gegangen.»
Ursprünglich hatte Schettino angegeben, er sei in das Rettungsboot gefallen. Aus einem Funkgespräch mit dem wütenden Leiter der Küstenwache geht zudem hervor, dass er sich später weigerte, auf die «Costa Concordia» zurückzukehren und sich seiner Verantwortung als Kapitän zu stellen. Er gab damals an, er wolle von Land aus die Rettungsarbeiten koordinieren.
Die Staatsanwaltschaft wirft ihm vor, das Schiff in Panik in einem Rettungsboot verlassen zu haben, obwohl noch hunderte Passagiere und Besatzungsmitglieder an Bord waren. Schettino musste sich auch den Vorwurf gefallen lassen, nach dem von ihm veranlassten und misslungen Manöver völlig den Kopf verloren zu haben: Demnach hatte er die Evakuierung viel zu spät veranlasst, sich dann selbst gerettet und die Menschen an Bord ihrem Schicksal überlassen.
Schettino weist die Vorwürfe von sich. Am ersten Tag seiner Anhörung sagte er, er habe gezögert, die Alarmsirenen ertönen zu lassen, weil er befürchtet habe, dass Panik ausbreche und die Passagiere ins Meer springen würden.
Das Kreuzfahrtschiff Costa Concordia hatte am Abend des 13. Januar 2012 bei einem riskanten Manöver vor der zur Toskana gehörenden Insel Giglio einen Felsen gerammt und war gekentert. 32 Menschen kamen ums Leben.
In dem vor anderthalb Jahren begonnenen und immer wieder unterbrochenen Prozess muss sich Schettino wegen fahrlässiger Tötung in mehren Fällen, Verursachung von Umweltschäden und Verlassen eines Schiffs in Seenot verantworten. Ihm drohen bis zu 25 Jahre Haft. Die Staatsanwaltschaft hatte am Montag erstmals bekanntgegeben, dass sie 20 Jahre Gefängnis fordern will. (whr/sda/afp)