In Genf soll ein Tunesier in sein Heimatland ausgeschafft werden. Der 35-Jährige steht unter Terrorverdacht. Am 12. Januar sei er von Spezialeinheiten der Genfer Kantonspolizei verhaftet worden, berichtet die Zeitung «Tribune de Genève».
Der Tunesier und die drei Iraker, die von der Schweiz aus Terroranschläge geplant haben sollen und seit April 2014 in U-Haft sitzen, verdeutlichen eines: Die Schweiz ist keine Insel, was die Gefahr von Anschlägen betrifft.
In Zürich ist die Gefährdungslage nun auch für Pendler sichtbar: Seit wenigen Tagen patrouillieren im Hauptbahnhof Polizisten mit Maschinenpistolen (MPs). Was im Flughafen Zürich seit längerem Gang und gäbe ist, prägt nun auch auf dem grössten Bahnhof der Schweiz das Bild: Die Beamten der Kantonspolizei Zürich, die für das Gelände des HB verantwortlich ist, markieren mit den vollautomatischen Waffen Präsenz. Die MPs tragen sie, gut sichtbar für die Passanten, vor der Brust.
Die Kantonspolizei will weder bestätigen noch dementieren, dass das Tragen dieser Waffen mit der erhöhten Terrorgefahr in Europa seit den Anschlägen von Paris oder dem Weltwirtschaftsforum WEF zu tun haben. Beat Jost, Mediensprecher der Kantonspolizei, sagt zur «Nordwestschweiz» nur so viel: «Indirekt hat es mit der Sicherheitslage zu tun. Die Kapo hat ihr Sicherheitsdispositiv überarbeitet. Dieses wird regelmässig überprüft und bei Bedarf angepasst.» In jüngerer Zeit habe es am Zürcher HB jedoch nie Anlass gegeben, systematisch mit MPs aufzutreten.
Jost betont, dass die Polizisten jederzeit solche Waffen tragen könnten. «Unsere Leute haben oft Maschinenpistolen dabei. Regelmässig etwa bei Fahrzeugkontrollen, wobei sie meistens in den Einsatzfahrzeugen deponiert werden.» Die meisten Polizisten der Schweizer Polizeikorps werden in ihrer Ausbildung im Umgang mit Handfeuerwaffen und Maschinenpistolen geschult.
Schwer bewaffnete Kantonspolizisten in Zürich, unbewaffnete Kollegen in Genf: Erst zu Wochenbeginn hat eine weitere Nachricht aus der Rhonestadt für Aufregung gesorgt. Dort weigern sich die Gemeindepolizisten, gewisse Personen- und Fahrzeugkontrollen durchzuführen. Sie fürchten sich vor Anschlägen. Der Grund: Die Genfer Gemeindepolizisten sind derzeit noch unbewaffnet. Eine Gesetzesänderung muss noch vom Kantonsparlament beschlossen werden.
Für Max Hofmann vom Verband der Polizeibeamten ist es «absolut verständlich», dass die Polizisten sich und andere mit MPs schützten. «Man muss sich bewusst sein, dass man mit den polizeiüblichen 9-Millimeter-Handfeuerwaffen schlechte Karten gegen Terroristen hat, die über Kalaschnikows verfügen.» Er verweist damit auf die Kouachi-Brüder, die mit Raketenwerfern, Granaten und Kalaschnikow-Sturmgewehren in das Redaktionsgebäude von «Charlie Hebdo» eingedrungen waren. Sie töteten nicht nur Redaktionsmitglieder, sondern auch gezielt zwei Polizisten. Kalaschnikows (AK47) sind berüchtigt für ihre einfache Handhabung, grosse Reichweite und starke Durchschlagskraft. MPs haben einen längeren Lauf als die bei der Polizei üblichen Dienst-Pistolen. Zudem passen grössere Magazine mit mehr Munition in die vollautomatischen Waffen.
Doch selbst MPs in der Öffentlichkeit mögen nicht darüber hinwegtäuschen: Ob Polizisten sich damit entschlossenen Terroristen mit noch schwereren Waffen zur Wehr setzen können, ist fraglich. Bei den Pendlern am HB Zürich kamen die vollautomatischen Waffen übrigens nicht nur gut an. Das zeigte die Umfrage von «Radio 1». (trs)