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Briefe von der Heimatfront

Der deutsche Sieg – das ändert sich jetzt für Europa

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Der deutsche Sieg – das ändert sich jetzt für Europa

15.07.2014, 17:4116.07.2014, 13:16
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Es hat lange gedauert, aber endlich, nach Jahrzehnten unsäglicher Opfer und Entbehrungen, nach all den Demütigungen durch USA, NSA und Putin ist es Deutschland nun doch gelungen, das komplette Ausland niederzuringen, einen winzigen Zipfel Weltherrschaft zu erhaschen. Zwar nur symbolisch, aber für eine Militär-WM ist derzeit einfach kein Geld da. 

Ausserdem ging es uns Deutschen, wenn wir ehrlich sind, nie um etwas anderes als die symbolische Anerkennung. Im 20. Jahrhundert bekam man die halt nur mit Waffen, Herrgott, da konnten wir doch nichts dafür, wir hatten die Regeln nicht gemacht! Die deutsche Psychologie war halt schon immer die eines autistischen Kindes: Wenn es nicht genug Aufmerksamkeit bekommt, verbeisst es sich nur noch fester in seine Obsessionen, malt noch perfektere Quadrate, lässt den Kopf in noch exakterem Rhythmus auf die Tischplatte fallen. Besser, man liebt uns früh. Später könnte es für Liebe zu spät sein.

Nun also der deutsche Sieg. Ein Sieg mit Klasse, ein Sieg der Eleganz, der Weltläufigkeit. Ob Jogi «Nivea» Löw, ob Thomas «Scheissdreck» Müller, ob Uli «Grüsse!» Hoeness – seit den Hussein-Söhnen gab es keine Gruppe jugendlicher Multimillionäre, die sich so zurückhaltend im Sieg, so bescheiden im Triumph gaben; nur selten in der Geschichte waren die «Sieg»-Rufe in deutschen Innenstädten lauter und fröhlicher. 

Zum Zeitpunkt, da dieser Beitrag verfasst wird, steht die Mannschaft gerade im Brandenburger Tor und macht mit einer gelungenen Affen-Pantomime auf liebenswerte anatomische Besonderheiten der unterlegenen südamerikanischen Mannschaft aufmerksam («so geh'n Gauchos, so geh'n Deutsche»). Demutsweltmeister sind wir also auch noch.

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Nun muss sich Deutschland wieder auf sein Kerngeschäft konzentrieren, die faire und vorurteilslose Regierung Europas. Zwar hätte auch eine deutsche Niederlage nichts am Bestreben der Kanzlerin geändert, die ganzen südländischen Lumpenstaaten den Segnungen ihrer «marktkonformen Demokratie» zu unterwerfen – aber es ist für die Betroffenen halt schon ein Unterschied, ob man von zänkischen, kleinkrämerischen Verlierern oder grosszügigen Siegern gemassregelt wird. 

Nun kann es einem deutschen EU-Kontrolleur im Siegesrausch schon mal passieren, dass er einem griechischen Prekariatsangehörigen das Insulin nicht aus dem Regelbedarf streicht – man muss auch gönnen können. Nun wird das Militär zwar weiterhin mit Killerdrohnen aufgerüstet, dafür heissen sie aber nicht «Iron Hawk», sondern «Iron Götze». 

Nun werden Nichtmillionäre, die Mesut oder Sami heissen, zwar weiterhin beschimpft – allerdings ergänzt um den Zusatz: «aber Fussballspielen, das können sie!» Insgesamt wird sich die deutsche Weltmeisterschaft als Segen für alle herausstellen. Es hätte nämlich noch weitaus schlimmer kommen können.

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Leo Fischer 
Der ehemalige Chefredaktor vom Satiremagazin «Titanic» schreibt jede Woche einen «Brief von der Heimatfront». Er liefert den deutschen Invasoren in der Schweiz Schlachtpläne, wie sie die deutsche Dominanz in den Universitäten oder dem Gesundheitswesen noch stärker durchsetzen und festigen können. Er wird aber auch seinen Landsleuten mit ordentlich Humor grob aufs Dach hauen. 

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