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Hoi Kafi. Frage: Ich heirate im Herbst meinen Schatz. Da ich aus der Kirche ausgetreten bin, kann ich eigentlich auch nicht in der Kirche heiraten. 

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Bild: Kafi Freitag: Liebe in Zeiten der Darmkrebsvorsorge. 
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Hoi Kafi. Frage: Ich heirate im Herbst meinen Schatz. Da ich aus der Kirche ausgetreten bin, kann ich eigentlich auch nicht in der Kirche heiraten. 

Ich würde aber gern, da ich dann mein Kleid mehr inszenieren könnte und die Zeremonie länger dauert als im Standesamt. Wäre es unethisch, dafür wieder der Kirche beizutreten? (Danach würde ich wieder austreten...) Was meinst Du? Sandra, 28
15.03.2014, 11:4615.03.2014, 12:21
Kafi Freitag
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Liebe Sandra 

Was für eine krass geile Frage. Echt jetzt. Danke! Und ein Superplan. Wirklich. Kompliment. Hätte ich auch drauf kommen können. Bin nämlich auch ausgetreten und fand den Auftritt auf dem Standesamt tatsächlich auch uhuere knapp. Hatte aber vielleicht auch damit zu tun, dass die Standesbeamtin die Hälfte der Zeit damit beschäftigt war, den Namen meines kroatisch stämmigen (ich bin mir jetzt nicht ganz sicher, ob das Auseinanderschreiben der vorausgehenden Wörter bedeutet, dass ich einen dicken Kroaten geheiratet habe oder aber, dass er aus Kroatien stammt. Auf jeden Fall wäre Zweiteres der Fall und dick ist er nicht, im Fall.) Mannes korrekt auszusprechen. (Also wenn Sie den neben mir Sitzenden meinen, das geht im Fall schon oke, danke.)

Wenn Sie mich zum Thema Kirche und Ethik befragen, kann ich Sie beruhigen. Wenn es eine Institution gibt, welche in ihrer Geschichte jegliche Ethik auf Erden mit Füssen getreten hat, dann wohl die Kirche. Das dürfen Sie also getrost ausblenden.

Allerdings muss ich Sie vorwarnen. Der Kirchenvertreter wird Sie röntgen und auf Herz und Nieren testen. Sie werden das geläuterte Schäflein markieren müssen, das im Angesicht der Eheschliessung wieder zum grossen Hirten zurückgefunden hat. Echt jetzt. Ich weiss das, weil ich vor nicht allzu langer Zeit als Gotte einer Taufe beiwohnen durfte. Als aus der Kirche ausgetretene und mit jeder Zelle ihres Körpers vom Atheismus geprägte Gotte muss ich vielleicht noch anmerken. Der Pfarrer hatte darob natürlich wenig Freude und es soll sogar zu einem verhandlungsähnlichen Gespräch gekommen sein deswegen. Ich wurde dann doch als Gotte bestätigt und durfte in der Kirche trotz allem ganz vorne sitzen und das Kindlein übers Taufbecken heben. Damit es mir dann aber doch nicht zu wohl wurde, fragte der Pfarrer inmitten der Zeremonie, ob denn wirklich alle Anwesenden bereit wären, das härzige Meitli im christlichen Glauben Gottes zu begleiten. Und obwohl er alle fragte, klebte sein durchdringender Blick an mir und ich schwitzte das Gottegwändli voll und beinahe hätte ich das Kind in der Schweisslache meines Kleides taufen können und ich überlegte eifrig, was ich denn antworten würde, wenn er mich noch direkt fragen würde, weil es doch einige Momente den Anschein machte, als würde er genau das tun wollen. Schliesslich wusste ich, dass er wusste, dass ich nicht glaube und ich glaubte darum kurze Zeit, dass er mir aus meinem Nichtglauben einen wenig geschmeidigen Strick drehen würde und war schon kurz davor, vom reinen Atheismus zum weniger absoluten Agnostizismus zu konvertieren, als er sich im allerletzten Augenblick um- und wieder seiner Bibel zukehrte.

Was ich Ihnen mit diesem Tatsachenbericht klarmachen möchte, liebe Sandra: Auch wenn Ihr Plan im ersten Moment nach einem äusserst gewieften ausschauen mag, er wird vermutlich nicht aufgehen. Ich verstehe Ihren Wunsch nach der totalen Bühne für Ihr grossartiges Kleid (haben Sie es denn überhaupt schon gekauft? Und wenn nicht: Ihnen ist doch hoffentlich schon bewusst, dass ich jeden Samstag bei Liluca verkäuferle, oder?) und was wäre besser dafür geeignet, als der Gang zwischen den Bänken, der zum Altar führt. Aber werden Sie das Gefühl handeln können, dass Sie den Pfarrer verarschen? Die Kirche zu linken mag ja ein leichtes Spiel sein, das selbst mir schuldbewusstem Menschen easy gelingen würde. Aber der Pfarrer ist letzten Endes auch nur ein Mensch, der sich bemüht und es ernst meint mit seinen Sakramenten und mit Ihnen. Darum würde ich es mir reiflich überlegen, ob ich den Start in eine gemeinsame Zukunft mit dem Beschummeln eines Geistlichen begehen würde.

Mit herzlichem Gruss. Ihre Kafi.


Kafi Freitag (39) beantwortet auf ihrem Blog www.FragFrauFreitag.ch Alltags-Fragen ihrer Leserschaft. Im analogen Leben führt sie eine Praxis für prozessorientiertes Coaching (www.freitagcoaching.ch) und verkauft mit viel Herzblut Hochzeitskleider. Sie ist verheiratet und Mutter eines neunjährigen Sohnes, wohnt mitten im Zürcher Kreis 4 und versucht, ihren Alltag so vernünftig wie nötig und amüsant wie möglich zu leben. 
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