Blogs
FragFrauFreitag

Am Sonntag hat sich der enge Kreis unserer Familie zum Brunch getroffen. Wir waren 15 Leute an einem langen Tisch, wir zahlten getrennt. 

Das Magazin Neon zum Thema soziale Kompetenz und Selbstwahrnehmung.
Das Magazin Neon zum Thema soziale Kompetenz und Selbstwahrnehmung.Bild:kafi freitag
FragFrauFreitag

Am Sonntag hat sich der enge Kreis unserer Familie zum Brunch getroffen. Wir waren 15 Leute an einem langen Tisch, wir zahlten getrennt. 

04.09.2015, 14:33

Da ich als einzige das Essen von mir und meinem Freund mit Kreditkarte zahlen wollte, kam die Kellnerin als letztes zu mir. Ich wusste nicht mehr genau was der Brunch (Pauschalpreis) kostet und ob Getränke inbegriffen waren oder nicht. Ich habe die Kellnerin also informiert, dass ich alle noch offenen Punkte von uns zwei bezahle. Zugegeben: Ich dachte beim Bezahlen eine Sekunde lang «Hm, günstiger als ich erwartet habe» – wobei ich aber den genauen Betrag nicht mehr beziffern kann (Alkohol, Ablenkung, Unterhaltung – sie wissen schon). Dann kommt nachts um 12 – also Stunden nach dem Brunch – ein SMS von meinem Onkel: Er habe sich masslos geärgert als er gesehen hat, dass ich zu wenig bezahlt habe und erwarte eine Entschuldigung. Es stellte sich heraus: Die Kellnerin hat mir nicht den Betrag für die noch offenen Posten berechnet, sondern das Bargeld der anderen zusammengerechnet und die Summe vom Endbetrag abgezogen. Da jeder 1-2 Franken Trinkgeld gegeben hatte, ergab sich für mich ein tieferer Restbetrag. Und mein Onkel unterstellt mir nun, dass genau dieser «Diebstahl des Trinkgelds» meine Absicht war. Was meinst du dazu? Ich kann reinen Gewissens sagen, dass ich das im Moment des Bezahlens nicht realisiert habe, sondern mich einfach spontan über die zu tiefe Rechnung gefreut habe, in der Annahme die Kellnerin hätte etwas falsch getippt oder verwechselt. Hätte ich trotzdem etwas sagen müssen, als mir das auffiel? Sollte man das aus moralischen Gründen grundsätzlich tun? Hätte sich mein Onkel denn auch geärgert, wenn ich ZUVIEL bezahlt hätte, weil jemand anderes seinen Drink o.ä. nicht beglichen hat? Wäre mir nämlich genauso wenig aufgefallen, da ich so gar nicht vorbildlich Rechnungen NIE im Detail überprüfe. Danke für deine direkte ehrliche Meinung. Maria, 25

Kafi Freitag
Folge mir
Mehr «Blogs»

Liebe Maria

Sie wollen meine ehrliche und direkte Meinung? Sind Sie sich da ganz sicher? Denn die wird Ihnen nicht gefallen.

Ich finde Ihr Verhalten nämlich jenseits. Und dabei interessiert mich der Vorgang der Geschichte keine Bohne. Mir ist egal, wie die Sache zustande gekommen ist. Der springende Punkte ist der, dass Sie sehr wohl gemerkt haben, dass bei der Rechnung was nicht stimmt. Und sich noch darüber freuten.

Sie haben vermutlich noch nie im Service oder im Verkauf gearbeitet, sonst wüssten Sie, dass die Angestellte für Ihre Freude zahlen muss. Wenn die Kassen am Abend nicht stimmt, dann muss sie von der Person, die sie geführt hat, beglichen werden.

Und darum frage ich Sie auch zurück, so wie Sie sich das bezüglich Ihres Onkels fragen: Hätten Sie auch die Klappe gehalten und nichts gesagt, wenn der Betrag zu hoch ausgefallen wäre?

Wenn Sie sich tatsächlich fragen, ob man aus moralischen Gründen was sagen sollte, dann kann ich Ihnen beim besten Willen nicht helfen. Fragen Sie sich doch einfach, wie es Ihnen ergehen würde, wenn Sie beim Bezahlen einen Hunderter geben und auf einen Fünfziger zurückbekommen und nichts merken. Wie gesagt, vollkommen jenseits. Wirklich. Werden Sie langsam erwachsen, übernehmen Sie Verantwortung für Ihr Handeln.

Mit gutem Gruss. Ihre Kafi.

Fragen an Frau Freitag? ​ 
Hier stellen! 


Kafi Freitag (40!) beantwortet auf ihrem Blog Frag Frau Freitag Alltagsfragen ihrer Leserschaft. Daneben ist sie Mitbegründerin einer neuen Plattform für Frauen: Tribute.



Im analogen Leben führt sie eine Praxis für prozessorientiertes Coaching (Freitag Coaching) und fotografiert leidenschaftlich gern. Sie lebt mit Ihrem 11 jährigen Sohn in Zürich.



Haben Sie Artikel von FRAG FRAU FREITAG verpasst?

Sälber tschuld! Hier nachlesen!
Bild
Bild: Kafi Freitag

Mehr zum Thema

FragFrauFreitag
AbonnierenAbonnieren
DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
27 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Bonifatius
04.09.2015 15:32registriert August 2014
Werden Sie erwachsen? Naja, der Geiz liegt doch in der Familie (siehe Onkel, warum er dass nicht gleich sagt sondern 12 Stunden später per SMS wird auch nicht klar...). Prinzipiell finde ich ja; hat man genug Geld für einen Restaurantbesuch, reichts auch immer noch für ein anständiges Trinkgeld. CH-Kleingeisterei ist so was von beschämend.
733
Melden
Zum Kommentar
avatar
Amboss
04.09.2015 20:34registriert April 2014
@Kafi: Lernen sie rechnen, bevor sie die grosse Moralistin spielen.

Die serviertochter hat doch keinen Fehlbetrag, den sie selbst begleichen muss. Sie hat einfach kein Trinkgeld erhalten für den Abend.

Also ich finde es jenseits, dass jeder selbst bezahlt und man nicht zumindest Gesamtbeteag geteilt durch Anzahl Personen machen kann.
DAS sollte man Hinterfragen.
Oder dass der Onkel seinen Einwand nicht grad dort eingebracht hat, sondern 12h später per SMS...
6311
Melden
Zum Kommentar
avatar
atomschlaf
04.09.2015 22:01registriert Juli 2015
Die Familie(!) trifft sich und jeder zahlt separat?!? Sorry, aber was ist das für eine jämmerliche Sippschaft von Erbsenzählern? Einfach nur traurig.
6616
Melden
Zum Kommentar
27
Wir haben den Mercedes EQE getestet und er ist der Hammer!
Aus der EQ-Familie von Mercedes-Benz, die ausschliesslich Elektrofahrzeugen gewidmet ist, wünsche ich mir den EQE SUV, das batteriebetriebene Gegenstück zum GLE-Verbrenner. Als Vorzeige-Familien-SUV hat sich der GLE in seiner über 25-jährigen Karriere die Gunst einer treuen Kundschaft gesichert. Kann es ihm der EQE gleichtun?

Mit seinen über 4,88 m Länge ist der EQE SUV der kleine Bruder des grossen EQS SUV an der Spitze der Elektroserie mit dem Stern. Kleiner heisst jedoch nicht zwingend weniger luxuriös, technologisch weniger ausgefeilt oder weniger komfortabel. Seine Motorisierungspalette ist besonders breit – 245 bis 625 PS, ein- oder zweimotorig, mit oder ohne Allradantrieb. Unser Testfahrzeug ist der EQE SUV 350 4Matic, der im Mittelfeld der Serie liegt und 292 PS sowie 765 Nm Drehmoment liefert, die sich auf alle vier Räder verteilen. Der gesamte Antrieb wird von einer Batterie mit 89 kWh Nutzkapazität versorgt.

Zur Story