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Liebe Kafi, als Fan deines Blogs und deiner bunten und lebendigen Persönlichkeit und direkten und ehrlichen Art möchte ich mich heute mit einer wichtigen Frage an dich wenden. 

Kinder machen einen manchmal fertig. In der Babyklappe landen dennoch selten welche.
Kinder machen einen manchmal fertig. In der Babyklappe landen dennoch selten welche.Bild: Kafi Freitag
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Liebe Kafi, als Fan deines Blogs und deiner bunten und lebendigen Persönlichkeit und direkten und ehrlichen Art möchte ich mich heute mit einer wichtigen Frage an dich wenden. 

13.02.2015, 13:0013.02.2015, 17:35

Ich bin Mutter von zwei Kindern (3,5 Jahre & 10 Monate). Beide Kinder waren sehr erwünscht und «geplant». Die Liebe ist groß und wird auch täglich zelebriert. Es wird viel gelacht und geblödelt, an der Freude fehlt es nicht. Andererseits empfinde ich die Situation mit zwei so kleinen Kindern als wahnsinnig belastend, werde in den vielen anstrengenden Phasen auch oft sehr laut (ja, ich brülle dann) und fühle mich einfach nur überfordert und unglücklich. Die 24 Stunden Pflege und kein Schlaf töten mir den letzten Nerv und manchmal, ja, manchmal wünschte ich, ich wäre ganz woanders und dort am besten allein. Meine Hoffnung ist, dass ich vielleicht zu den Mamas gehöre, die einfach keine Kleinkindmamas sind. Könnte das sein? Vielleicht bin ich ja die geborene Schulkind- oder Teeniemutter? Was meinst du? Liebe Grüße. Alma, 36

Kafi Freitag
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Liebe Alma 

Vielen Dank für Ihr liebes Kompliment und Ihre offene und ehrliche Frage. Ja, das kann schon sein. Vielleicht haben Sie das Radiogespräch von neulich gehört, wo ich doch tatsächlich gesagt habe, dass Kinder eigentlich erst so mit 5 Jahren zur Welt kommen sollten. Und das habe ich wahrlich nicht gesagt, weil ich der Meinung bin, dass man sie 5 Jahre länger mit sich herumtragen sollte, sondern weil ich die ersten Jahre mit einem Kind auch wahnsinnig anstrengend gefunden habe. Und dabei habe ich nur ein Kind und dann noch ein sagenhaft unkompliziertes, dass nie sonderlich mühselig war.

Kann sein, dass Sie die geborene Teeniemutter sind und ich die geborene Einzelkindmutter. Aber im Gegensatz zu mir, die genau aus diesem Gefühl heraus konsequenterweise auch tatsächlich nur ein Kind in die Welt gestellt hat, können Sie die Ihren nicht tieffrieren oder an einer Autobahnraststätte aussetzen, bis sie im Teeniealter sind. Und darum sind diese ganzen Gedankengänge einfach nur müssig.

Denn selbst, wenn Sie auch keine Teeniemutter sein sollten, werden Sie trotzdem eine sein müssen. Die ersten Jahre mit Kindern sind unglaublich anstrengend und aufreibend. Kleine Kinder entziehen einem den letzten Saft und rauben einem Schlaf und Verstand. Das geht allen so, liebe Alma. Nur leider sprechen das die wenigsten Mütter laut aus. Anstatt mal Tacheles zu reden und anderen Frauen, wie zum Beispiel Ihnen, das Gefühl zu geben, dass alles im Normalbereich des totalen Wahnsinns ist, machen sie lieber einen auf Bree van de Kamp und lassen einem mit dem verschissenen Gefühl zurück, die einzige Mutter auf Erden zu sein, die ihre Kinder am liebsten an die nächste freie Wand tackern würde.

Darum mache ich ­das jetzt, liebe Alma. ICH hätte mein Kind sehr gerne ab und zu an eine Wand getackert. Ich habe es nie getan, weil ich in einer Mietwohnung hause und ich weiss, wie teuer so was wird, wenn man mal auszieht. ICH weiss, dass Kinder einen an den Rand bringen. Immer wieder. Und seien sie auch noch so herzig und lieb und überhaupt. Man liebt sie abgöttisch und trotzdem hasst man sie immer mal wieder. Weil sie einen nicht schlafen lassen, weil sie einen das Leben auf den Kopf stellen und man sich niemals wieder ganz alleine gehören wird. Weil man 24/7 Verantwortung tragen muss und weil es einem ja schon schwerfällt, das für sich selber zu tun. Das ist so, liebe Alma. Und es ist vollkommen normal.

Hören Sie auf, sich den Kopf darüber zu zerbrechen, warum es so ist. Es ist einfach so. Nun geht es darum, dass Sie Strategien entwickeln, wie Sie diese zehrende Zeit gesund überstehen. Das ist nicht einfach, ich weiss. Aber es ist möglich. Sie müssen lernen, sich immer mal wieder aus der Situation herauszunehmen, sich abzugrenzen. Das mag komisch klingen, wenn ich das einer Mutter von einem kleinen Säugling sage. Aber es ist überlebenswichtig. Sie müssen in erster Linie schauen, dass es IHNEN gut geht. Denn nur dann können Sie Ihren Kindern eine gute Mutter sein. Schaffen Sie sich Inseln, auf denen Sie zu Kräften kommen können, nehmen Sie sich selber immer wieder aus der akuten Stresssituation heraus. Das kann man als Mutter von 2 kleinen Kindern natürlich nicht, indem man kurz in Urlaub fährt und sie zurücklässt. Aber man kann es im Alltag tun, indem man immer mal wieder dissoziiert, einen tatsächlichen oder gedanklichen Schritt zur Seite macht. 

Sie sind mit dieser Herausforderung in allerbester Gesellschaft, glauben Sie mir. Die Thematik begegnet mir in meinem Praxisalltag sehr oft und darum haben wir beschlossen, ein Seminar zu entwickeln, dass genau dieses Thema fokussiert. Es trägt den äusserst sinnigen Namen Fertig lustig! – mir z'lieb und hat das Ziel, dass man wieder lernt, etwas mehr Selbstbestimmung über sich zu erlangen. Denn genau dort liegt der Hund nämlich begraben: Kinder klauen einem über Nacht jegliche Selbstbestimmung. Dass das wehtut ist nur logisch. Aber man kann sie zurückerobern. Nicht in einem einzigen Seminar und nicht über Nacht, aber schrittweise und nachhaltig.

Mit ganz herzlichem Gruss und einem aufmunternden Stupser! Ihre Kafi.

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Kafi Freitag (39) beantwortet auf ihrem Blog www.FragFrauFreitag.ch Alltagsfragen ihrer Leserschaft. Daneben ist sie Mitbegründerin einer neuen Plattform für Frauen: Tribute.ch.



Im analogen Leben führt sie eine Praxis für prozessorientiertes Coaching (www.FreitagCoaching.ch) und fotografiert leidenschaftlich gern. Sie ist verheiratet und Mutter eines zehnjährigen Sohnes.



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