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Denkst du, dass es für hübsche Frauen einfacher ist, Karriere zu machen, als für solche, die weniger hübsch sind? Grüsse. Lisa, 23 

Schönheit ist oft von Vorteil. Zum Beispiel an der Street Parade. Im Job kann sie allerdings eher hinderlich sein. 
Schönheit ist oft von Vorteil. Zum Beispiel an der Street Parade. Im Job kann sie allerdings eher hinderlich sein. Bild: Kafi Freitag
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Denkst du, dass es für hübsche Frauen einfacher ist, Karriere zu machen, als für solche, die weniger hübsch sind? Grüsse. Lisa, 23 

06.08.2014, 08:2607.08.2014, 15:04
Kafi Freitag
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Liebe Lisa 

Als ich Ihre Frage heute Nachmittag erhalten habe, wurde es mir fast ein wenig unheimlich, weil ich – ohne Witz! – letzte Nacht um 3 Uhr herum mit meinem Freund über genau diese Fragestellung philosophiert habe. Ich kann Ihnen beim besten Willen nicht mehr sagen, wie wir auf dieses Thema gekommen sind, aber wir plaudern ab und an mitten in der Nacht über gesellschaftsrelevante Themen, anstatt zu schlafen.

Darum hatte ich zuerst auch ihn im Verdacht, mir diese Frage geschickt zu haben, der Zufall war einfach zu gross! Aber er hat mir auf sämtliche verstorbenen Familienangehörigen geschworen, keine 23-jährige Lisa zu sein, und darum werde ich mich jetzt auch nicht mehr weiter wundern, sondern einfach Ihre Frage beantworten, versprochen.

Sie fragen nämlich, ob es für hübsche Menschen einfacher ist, Karriere zu machen, und ich weiss, dass man das im ersten Moment glauben könnte. Aber grundsätzlich bin ich genau umgekehrter Meinung. Sicher ist es in den meisten Jobs hilfreich, wenn man nicht übermässig schielt und keine 120 Kilo wiegt. Auch eine Hasenscharte kann hinderlich sein, wie die vielen bösen Kommentare über den CDU-Politiker Peter Altmaier zeigen. Allerdings ist ein Zuviel an Attraktivität auch nicht gerade förderlich, speziell bei uns Frauen. Oder können Sie sich vorstellen, dass eine Angela Merkel dermassen öffentlich demontiert werden könnte, wie man es mit der hochattraktiven französischen Justizministerin Rachida Dati im Moment gerade macht? Eine Frau, die allzu gut aussieht (ich kann mit dem Begriff «hübsch» nicht allzu viel anfangen), muss sich im Beruf viel mehr beweisen, als eine, deren Kernkompetenzen offensichtlich in einem anderen Bereich liegen müssen. Wer ein attraktives Äusseres hat, steht von Anfang an unter Verdacht, seinen Posten nur deswegen erhalten zu haben. Und attraktive Frauen mit blondem Haar haben es nachweislich besonders schwer.

Eine schöne Frau, die den Sprung auf der Karriereleiter trotzdem geschafft hat und auf einer männerdominierten Chefetage gelandet ist, muss sich überdies ständig gegen die Avancen der Kollegen wappnen. Da kann es auch schon mal passieren, dass man einen Job angeboten bekommt, weil der Chef mit einem ins Bett will. So ist es mir jüngst ergangen mit einem Chefredakteur, der mir eine Kolumne angeboten hatte, über die zu vergeben er gar keine Entscheidungskompetenz hatte. Bei einer Frau, die selbstbewusst auftritt und die sich zu präsentieren weiss, scheinen die Männer gern auf dicke Hosen zu machen.

Dass eine Frau, egal ob gutaussehend oder nicht, immer nach ihrem Äusseren bewertet wird, ist ein alter Zopf, der abgeschnitten gehört! Was wurde nicht alles über Hillary Clintons Frisur lamentiert, während sich ihr Mann frisch und frei durchs Praktikantinnenbüro vögeln konnte. Natürlich darf auch ein Präsident optisch eine gute Falle machen, der amtierende ist das beste Beispiel dafür. Aber er gilt dann höchstens als charismatisch und wird deswegen nicht in seiner Kompetenz hinterfragt. Wie viele unfähige Säcke bevölkern die Teppichetagen der Wirtschaft, während sich eine superschlanke, superattraktive Carolina Müller Möhl seit nunmehr 13 Jahren in ihren unzähligen Funktionen beweist und trotzdem hinter vorgehaltener Hand als privilegiertes Blondchen und Erbin ihres verstorbenen Mannes bezeichnet wird?

Mag sein, dass ausgeprägte Schönheit ein Vorteil ist, wenn man Germany's next Topmodel werden will. Auf dem Weg an die Spitze der Politik oder Wirtschaft ist sie eher verdächtig.

 Mit herzlichem Gruss, Ihre Kafi.

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Kafi Freitag (39) beantwortet auf ihrem Blog www.FragFrauFreitag.ch Alltagsfragen ihrer Leserschaft. Daneben ist sie Mitbegründerin einer neuen Plattform für Frauen: Tribute.ch.



Im analogen Leben führt sie eine Praxis für prozessorientiertes Coaching (www.FreitagCoaching.ch) und fotografiert leidenschaftlich gern. Sie ist verheiratet und Mutter eines zehnjährigen Sohnes.



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