Liebe Nina
Vermutlich würden diese Männer sich gerne mit der Faust auf die Heldenbrust schlagen und mit einem Neandertalerschrei rufen: ICH habe sie geschwängert! Das ist MEIN Samen, der da in ihr heranwächst. Das war ICH!
Da ist dann die abgeschwächte Form von «wir sind schwanger» richtiggehend kultiviert, wenn nicht sogar emanzipiert, nicht? Nein ernsthaft, ich finde die Formulierung super. Ich würde sie noch um einige andere ergänzen, schliesslich ist es mit dem schwanger werden noch lange nicht getan! (Und nein, das lehrt uns leider keiner in der Schule, das müssen wir selber rausfinden.)
WIR nehmen 23 Kilo zu und nur 16 davon wieder ab.
WIR stöhnen uns durch die Geburt und WIR hadern danach (eventuell!) an einer postnatalen Depression, weil es ja UNSERE Hormone sind, die nach der Geburt ins Ungleichgewicht kommen.
WIR haben einen Dammriss, der uns fast zweiteilt und hübsch vernähte primäre weibliche Geschlechtsteile, die nie mehr einem Pimmel begegnen wollen.
WIR haben Schwangerschaftsstreifen an Arsch und Bauch und Beinen.
WIR haben für die nächsten Wochen/Monate ein Kind an unseren Brüsten hängen, die danach auch ganz ohne Kind daran hängend hängen.
WIR bringen Job, Familie und Haushalt unter einen Hut und rennen mit dem Kind zum Arzt, auch wenn wir beide vollkommen gleichberechtigt in all diesen Bereichen sorgen wollen.
WIR versuchen im Rückbildungsturnen unsere geschundenen Körper wieder in Form zu bringen und WIR niesen die nächsten Jahre nur noch mit gekreuzten Beinen, weil der Beckenboden nicht mehr ganz dicht hält.
Sie sehen selber, der Variationen sind kein Ende gesetzt. Dieses ganz grosse, ganz starke WIR-Gefühl, das nach der erfolgreichen Zeugung einsetzt, muss nicht im Kreissaal enden! Seien Sie doch bitte mal ein bisschen tolerant. Ich bin es schliesslich auch. Im Wissen darum, dass man mir eh wieder unterstellen wird, dass ich mit menschlicher Nähe nichts anzustellen weiss.
Ganz herzlich. Ihre Kafi.