Etwas vom mühsamsten am Leben ist, dass es eigene Wege geht. Gleichzeitig ist das aber auch etwas vom besten. Ich würde mich nämlich massiv langweilen, wenn alles plan- und berechenbar wäre.
Die jüngste Story aus meiner Vita ist folgende: Ich überlegte mir vor ein paar Wochen, alles hinzuschmeissen und abzuhauen. Am besten ans andere Ende der Welt. Irgendwo hin, wo brotlose Surflehrer Girls aufreissen, Mädels in Tanktops Sex on the Beach servieren und Hundebabies am Strand erste tapsige Schritte machen.
In meinem Freundeskreis stiess meine Idee auf viel Zuspruch. «Jetzt, da du frei und ungebunden bist, los!», so der Tenor. Rada, du erinnerst dich, meine kiffende Cousine, will am liebsten mitkommen. Den Gras-Schmuggel hat die Gute ja bestens im Griff.
Nur eine fühlt meine Idee ganz und gar nicht. Meine Mutter. «Hast du sie nicht mehr alle!?!? Du hast sie definitiv nicht ganz alle!», sagt sie. Jetzt, da ich heiraten, Kinder gebären und lernen sollte, Sarma und Cevapcici zuzubereiten, wolle ich weg.
Mein Party-Dad siehts anders. Kein Wunder. Als er jung war, haute auch er mal ab. Er verzichtete darauf, seine Eltern von seiner Reise zu unterrichten. Das führte dazu, dass er landesweit gesucht wurde. Auf jeglichen Titelseiten serbischer Zeitungen. Die eine hängt heute noch eingerahmt an meiner Wand. Papa ist der Grösste.
Jedenfalls habe ich den Plan jetzt sehr viel schneller umgesetzt als ursprünglich gedacht. In einer Hauruck-Aktion habe ich meinen Job gekündet, meine Wohnung untervermietet und Flüge gebucht. Yolo, sagen die Kids heute zu sowas.
Nur eben meine Mutter und meine Tanten schlagen sich die Hände über dem Kopf zusammen. Die eine hat mir schon zehn Tuben Handdesinfektionsmittel (Aktion bei Aldi!) geschenkt, die andere liegt mir seit Tagen mit Malariaprophylaxe in den Ohren, obwohl ich nicht mal in die Nähe eines Gefahrengebietes reise.
Tante Nummer 3 ist derweil damit beschäftigt, meine Mutter zu beruhigen, die mich bereits zerstückelt irgendwo im Nirgendwo liegen sieht. Nicht mal meiner Schwester gelingt es, die Hysterie meiner Mutter aufzufangen.
Mein Flug Richtung Asien geht bereits nächste Woche. Bis dahin bin ich damit beschäftigt, mein ganzes Leben in einen Backpackerrucksack zu packen. Und Abschied zu nehmen. Und mich auf das Soap-Opera-Getue meiner Mutter und ihren Schwestern am Flughafen Zürich vorzubereiten.
Sie werden heulen. Panisch sein. Den Fakt verfluchen, dass ich a. eine Frau bin, die b. ledig ist und nun c. alleine in die Ferne zieht. Tata, so nennen wir Jugos unsere Dads, wird mir in aller Coolness ein, zwei Hunderternötli in die Hand drücken. So wie er es schon immer getan hat. Dann wird er mir diesen «Du machst das alles schon richtig und gut»-Blick zuwerfen. Dann werde ich heulen. #JugoSoapOnTheAirport
Ich habe auch just in dieser Sekunde ein bisschen wässrige Augen. Wir Jugos zelebrieren das Drama. Es macht mich traurig, dass ich dir, lieber Watson-Leser, Tschüss sagen muss. Wir waren gar nicht so lange zusammen. Pardon, in Sachen langfristig binden bin ich leicht beschränkt.
Spass bei Seite. Danke, dass du mich gelesen hast. Danke für die vielen lieben Kommentare. Danke fürs Interesse. Danke für die kritischen Parolen. Und sorry, falls ich dich genervt habe. Wenns dir hilft, geb ich dir die Nummer meiner Mutter. Sie ist sehr geübt im genervt sein von mir. Sie kann Abhilfe schaffen. Oder so.
Sorry, Mom.
Jetzt muss ich los. Noch ein bisschen den verfluchten und doch süssen Herzschmerz zelebrieren.
Du wirst mir fehlen, Watson. Und du wirst mir auch fehlen, Mamas Sarma. Und du auch, Rivella.
For ever and ever,
eure Lumdila, die jetzt mal die Beine hochlegt