Lena, vor dieser Reise hast du noch nie Autostopp gemacht. Und jetzt ausgerechnet in Kolumbien. Hattest du Angst?
Lena: Ja, ich hatte Angst, weil ich keine Ahnung hatte, was mich erwartet. Kolumbien hat ja nicht gerade den besten Ruf. Viele Schweizer würden wohl überhaupt nicht in Kolumbien herumreisen, weil sie das Land für gefährlich halten. Und dann noch per Autostopp – davor hatte ich grossen Respekt.
Wie reagierten deine Freunde und deine Familie, als du ihnen von deinen Reiseplänen erzählt hast?
Die meisten Freunde haben im ersten Moment mal grosse Augen gemacht. Einige sagten gar: „Spinnsch eigentlich?!“ Leute, die auch schon durch Südamerika gereist sind, waren etwas positiver. Meine Eltern dagegen fanden es nicht toll – und sie finden es wahrscheinlich nach wie vor keine gute Idee.
Mittlerweile stehst du seit zwei Wochen am Strassenrand. Was hat dich überrascht? Was hast du dir anders vorgestellt?
Am meisten hat mich überrascht, dass ich bis jetzt nie Angst hatte, bei jemandem einzusteigen. Es waren zwar nicht alle Fahrer gleich gesprächig und sympathisch, aber ein mulmiges Gefühl hatte ich nie – obwohl ich das erwartet hatte. Ich hätte auch nicht gedacht, dass es so schnell normal wird, mit Wildfremden mitzufahren. Zudem stellte ich mir vor, dass wir jeweils mindestens eine Stunde oder länger warten müssen, bis uns jemand mitnimmt. Das war zum Glück nicht der Fall. Kurz: Autostöppeln ist weniger nervenaufreibend und spektakulär, als man sich das vorstellt.
Welches war für dich bis jetzt die beste Autostopp-Begegnung?
Die Familie, die uns diese Woche in den Bergen mitgenommen hat. Die hatten so richtig Freude, uns helfen zu können. Sie interessierten sich für uns, stellten viele Fragen und fanden es sauspannend, was wir da machen. Dort fühlte ich mich pudelwohl und wäre gerne noch länger im Auto geblieben.
Bei wem hat es dir am wenigsten gefallen?
Bei dem kurligen Typen, den wir kaum verstanden haben, weil er immer vor sich hinmurmelte. Das war einfach nur nervig und ich dachte: „Lass mich doch einfach in Ruhe.“ (lacht)
Gibt es etwas, was du grundsätzlich mühsam findest beim Reisen per Autostopp?
Ja, dass man immer so angestarrt wird, wenn man am Strassenrand steht. Zudem ist es manchmal schon sehr beschwerlich, wenn es viel Verkehr hat, brutal heiss ist und die Kleider dreckig sind. Fährt dann wie in Aguachica auch noch ein Velofahrer vorbei, der einen dummen Spruch macht und uns eine Münze hinwirft, dann würde man lieber im Bus sitzen.
Wird es in Zukunft weitere Autostopp-Ferien geben bei dir?
Wenn das jemand in meinem Umfeld wieder einmal machen will, bin ich auf jeden Fall offen dafür. Nicht zuletzt deshalb, weil man mit Autostopp manchmal an Orte kommt, die man mit dem Bus nicht sehen würde, weil gar kein Bus dorthin fährt. Ich denke da zum Beispiel an die Schotterstrasse mitten durchs Gebirge, die wir diese Woche genommen haben. Das war unglaublich schön. Sowieso bin ich noch nie an so vielen Orten gewesen, an denen es so wenige Touristen hatte, wie in diesen zwei Wochen. Das hängt zu einem grossen Teil mit unserer Autostopp-Route zusammen.
Du würdest also auch anderen Leuten empfehlen, mal per Autostopp herumzureisen?
Das hängt von der Person ab. Wenn jemand zu viel Angst hat, dann würde er sich in fremden Autos wahrscheinlich nie ganz wohl fühlen und könnte es gar nicht geniessen. Zudem empfehle ich es eher für Langzeitreisende als für solche, die nur zwei, drei Wochen Ferien haben. Denn mit Autostopp kann es halt immer mal passieren, dass man weniger weit kommt, als man sich vorgenommen hat. Das ist ein Stressfaktor, wenn man nur wenig Zeit hat.
Zum Schluss eine grosse Frage: Kannst du aus den Autostopp-Erfahrungen etwas mitnehmen fürs Leben?
Ich denke schon, dass mich die Reise prägen wird. Wenn ich früher Angst hatte vor etwas, habe ich es in der Regel bleiben lassen. Dieses Mal habe ich es anders gemacht: Ich hatte wie gesagt grossen Respekt davor, per Autostopp durch Kolumbien zu reisen, aber ich habe es trotzdem getan – und es ist extrem gut herausgekommen. Diese Erfahrung nehme ich auch für andere Lebensbereiche mit.