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Erin Callan: Sollen Mütter nun arbeiten oder nicht?

Wir Eltern

«Du sollst arbeiten, Mama!» «Bleib lieber zuhause, Mutter!» – Ja, was denn nun?

War die Karriere nebst Kindern vor ein paar Jahren noch erstrebenswert, werden wir heute vor ihr gewarnt. Sie soll der Anfang vom Ende sein.
19.04.2016, 15:2219.04.2016, 15:28
nathalie sassine-hauptmann / wir eltern
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Ein Artikel von
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Als mein Sohn 2004 zur Welt kam, wurde der Mutterschaftsurlaub eingeführt. Dafür hatte auch ich mich vehement eingesetzt, auch wenn ich ihn für mich gar nicht beanspruchen konnte, da das Gesetz eine Woche(!) nach der Geburt meines Kindes eingeführt wurde. Aber ich freute mich natürlich für alle Mütter und dachte «endlich wird das Muttersein – und somit Frausein – im Berufsleben ernst genommen und man muss seinen Job nicht gleich aufgeben, wenn man ein Kind kriegt.»

Dass die Realität eine andere ist, höre ich zwar leider noch viel zu oft, aber der Weg für ein Leben mit Kindern UND Beruf schien geebnet zu sein.

Seit einiger Zeit häufen sich jedoch die Stimmen wieder, die eine weibliche Berufstätigkeit kritisieren. Das sind nicht etwa die alten Herren im Parlament oder die Grossmütter, die ihre Enkel vernachlässigt sehen.

Daraufhin gab es immer öfter Frauen, die sich nach ihrer Babypause mit mehr oder wenig Begeisterung wieder in ihr Berufsleben stürzten, viele Teilzeit, einige Vollzeit. Jede so, wie es eben ging und für die Familie stimmte. Hallelujah, wir waren im 21. Jahrhundert angekommen.

Jetzt auf

Warnungen der (ehemals) berufstätigen Mütter

Seit einiger Zeit häufen sich jedoch die Stimmen wieder, die eine weibliche Berufstätigkeit kritisieren. Das sind nicht etwa die alten Herren im Parlament oder die Grossmütter, die ihre Enkel vernachlässigt sehen. Vielmehr sind das eben diese (ehemals) berufstätigen Mütter, die uns davon abraten, denselben «Fehler» zu machen. So warnte auch Erin Callan – obwohl damals noch nicht Mutter – letzte Woche im «Tages-Anzeiger» davor, die Karriere zu sehr zu gewichten.

Sie sollte recht behalten: Sechs Monate später stand sie auf der Strasse. Sie hatte bei Lehman Brothers und Credit Suisse eine steile Karriere hingelegt. Kurz vor Weihnachten unternahm sie einen Suizidversuch. Was sie zu diesem extremen Schritt bewog? «Arbeit war meine Sucht», gibt sie zu. Und beinahe ihr Untergang. Deshalb «warnt» sie jetzt in ihrem Buch uns Frauen.

Das Buch von Erin Callan Montella: «The Full Circle». Triple M Press, 2016.
Das Buch von Erin Callan Montella: «The Full Circle». Triple M Press, 2016.bild: amazon

Was mich daran stört?

Immer diese Warnungen ...

Immer werden wir gewarnt. Vor der extremen Langeweile und Hirnzerbröselung, wenn unsere Babypause zu lange dauert. Vor der Selbstzerstörung, wenn wir uns nur der Karriere hingeben. Das sind beides Extreme, die mit Herr und Frau Normalo nichts zu tun haben.

Ja, was denn jetzt? Sollen Mütter arbeiten oder nicht?

Können wir nicht alle mal kurz durchatmen und sehen, dass die meisten Frauen von allem ein bisschen haben? Keine alles zerstörende Karriere, welche die Familie oder die Beziehung vollkommen kaputt machen? Keine totale Einöde ohne Freunde, welche ein Kind offenbar mit sich bringt?

Diese «Warnungen» sind so unnötig wie Zitronensaft im Auge. Lasst uns doch einfach unser Leben so leben, wie wir es möchten. Die wenigsten von uns werden es übertreiben, oder? Eben.

Interessanterweise hat Erin Callan heute ein Kind und lebt zurückgezogen. Wenn das mal gut kommt ...

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7 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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steffinski
19.04.2016 16:09registriert Februar 2014
ich steige irgendwie nicht. letze woche als sie im tages anzeiger davon gewarnt hat, hatte sie noch keine kinder und nun ist es schon so gross? irgendwie etwas verwirrend dieser text
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Baba ♀️
20.04.2016 07:40registriert Januar 2014
Mich stört die Klassifizierung von Müttern die 'arbeiten' und denen die 'zuhause bleiben'. Ja verflixt nochmal, ist Kinderbetreuung etwa keine 'Arbeit'? Wieso kann nicht in 'erwerbstätig' und 'nicht erwerbstätig' unterschieden werden? Ist Kinderbetreuung erst dann eine respektierte 'Arbeit', wenn sie in der Kita durch eine bezahlte Kraft erledigt wird? Solange nicht wertgeschätzt wird, dass Kinderbetreuung eine wert- und sinnvolle Arbeit ist, solange wird es für viele Frauen schwer sein, selbstbewusst hinzustehen und zu sagen: Ja, ich arbeite, ich bin Mutter.
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