Glaube und Liebe sind zwei Attribute, die vermeintlich ineinander verzahnt sind. Wo Glaube draufsteht, steckt immer auch Liebe drin, sind Gläubige überzeugt. Schliesslich werben religiöse Gemeinschaften erfolgreich damit. Der Slogan ist auch einer der wirksamsten Missionsinstrumente.
Liebe ist der Stoff, aus dem der Glaube ist. Gott und die Götter sind Ausdruck der reinen und grenzenlosen Liebe. Die Barmherzigkeit folgt auf dem Fuss.
Auch bei esoterischen und spirituellen Konzepten dreht sich alles um die Liebe, ja sogar um die bedingungslose Liebe. Und um die Hingabe zum Medium, dem Meister, dem Avatar oder dem Guru, der die Qualität einer grenzenlosen Liebe haben muss. Mit Hingabe müssen aber auch die Meditationen und Rituale vollzogen werden. Ohne diese Hingabe ist im religiösen Milieu kein Blumentopf zu gewinnen.
Ähnlich verhält es sich im Hinduismus. Wer sündig lebt, handelt sich eine karmische Belastung ein, für die man im nächsten Leben die Rechnung zahlt. Selbst im Buddhismus gibt es die Quittung für die Abweichung von den Verhaltensregeln.
Doch ist diese Liebe so uneigennützig und «rein», wie uns weisgemacht wird? Wo so viel Liebe ist, muss man vorsichtig sein. Es kommt selten gut, wenn die Schalmeien allzu laut erklingen.
Tatsächlich entpuppt sich das Dogma der reinen Liebe bei näherer Betrachtung als Trugschluss. Denn es ist eine Liebe, die an ein grosses Aber geknüpft ist.
Die Falle lauert wie bei Versicherungspolicen im Kleingedruckten. Denn praktisch alle Religionen und Heilslehren koppeln ihre Liebe an Bedingungen. Und zwar an Bedingungen der handfesten Sorte. Bei einer Versicherung würde man von einem Knebelvertrag sprechen. Denn das Kleingedruckte ist fast unmenschlich oder nur sehr schwer zu erfüllen.
Ein Beispiel: Der christliche Gott wird uns zwar als der liebende Vater präsentiert, er ist aber auch die strafende Instanz par excellence. Am jüngsten Tag präsentiert er uns knallhart die Rechnung.
Für Sünder, die er zwar auch nach seinem Ebenbild geschaffen haben will, kommt es dann knüppeldick. Wer sein Leben nicht nach seinen Normen und Vorstellungen geführt hat, dem droht die ewige Verdammnis. Dann ist fertig lustig, dann schlägt er das Tor der Liebe definitiv zu.
Kurz: Die Liebe ist in fast allen religiösen oder spirituellen Heilskonzepten an die Strafe gekoppelt. Würden wir Menschen in unserem Alltag ähnlich reagieren, würde man uns als Rabeneltern brandmarken. Dann zum Beispiel, wenn wir nur unsere angepassten und wohlgefälligen Kinder liebten und die aufmüpfigen, frechen oder hinterhältigen Rotzlöffel verdammten.
Wahre Liebe versucht, alle Menschen so anzunehmen, wie sie eben sind. Ob sündig, homosexuell, unsympathisch oder querulantisch. Oder gar ungläubig.
Deshalb aufgepasst: Wo im Religiösen Liebe draufsteht, steckt meist Strafe drin. Dann wird’s ganz schnell sektenhaft.
Jesus pflegte ungezwungenen Umgang mit denjenigen, die man heute als "Outlaws", oder "Looser" bezeichnen würde.
Da war sie also, die bedingungslose göttliche Liebe.
Aber Kirche und ihre Repräsentanten sind etwas ganz Anderes. Denen ist nicht zu trauen...
Eltern konnten sich hinter diesen Göttlichen Geboten auch verstecken. Sie mussten dann nicht zugeben, dass sie sich diese Regeln selber ausgedacht hatten und konnten mit unschuldiger Miene auf "den da oben" verweisen...
Und wie jede Erziehung arbeiten auch Religionen mit den Methoden von Belohnung und Bestrafung, mit Motivation und Drohung.
"Denn ich, der Herr, dein Gott, bin ein eifersüchtiger Gott: Bei denen, die mir Feind sind, verfolge ich die Schuld der Väter an den Söhnen, an der dritten und vierten Generation." (Ex 20.5)
Und der Sohnemann macht es ihm gleich:
"Der Menschensohn wird seine Engel aussenden und sie werden aus seinem Reich alle zusammenholen, die andere verführt und Gottes Gesetz übertreten haben, und werden sie in den Ofen werfen, in dem das Feuer brennt. Dort werden sie heulen und mit den Zähnen knirschen.“ (Mt 13,40-42)