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Die Welt spinnt, gerät völlig aus den Fugen und brennt an allen Ecken und Enden. Der Nahe Osten ist ein Pulverfass, die islamische Welt ist in Geiselhaft der Islamisten. Erdogan macht den Pfau, Libyen, Somalia und Eritea kollabieren, Putin entwickelt neue Machtfantasien und träumt von der Weltherrschaft.
Zum Glück gibt es noch die USA, den letzten stabilen Faktor auf unserem inferioren Planeten. Bei näherer Betrachtung scheint aber auch dies nur eine Illusion zu sein. Wer einen eitlen Popanz und politischen Eunuch zum Präsidentschaftskandidaten macht – die Rede ist von Donald Trump –, setzt den Weltfrieden aufs Spiel. Und wer einen christlichen Fundi wie Ted Cruz als Alternative präsentiert, müsste sich fragen, ob er reif für die Demokratie ist.
Womit wir beim eigentlichen Thema wären. Nirgends auf der Welt wird die Religionsfreiheit so hochgehalten wie in den USA. Gleichzeitig ist kaum ein anderes Land so bigott und vollgestopft mit Doppelmoral wie die westliche Weltmacht.
Was nach einem kolossalen Widerspruch klingt, ist völlig stimmig. Die Religionsfreiheit in den USA dient nicht in erster Linie dazu, den Bürgern einen grossen religiösen Freiraum zu bewahren. Nein, sie wird dazu missbraucht, den Glaubensgemeinschaften einen schier unbegrenzten Spielraum zu gewähren, der jeden Schabernack erlaubt.
So spielen in den USA die strenggläubigen Christen eine wichtige Rolle. Kein Kandidat kommt darum herum, sie links (respektive rechts) liegen zu lassen oder ihnen den Schmus zu bringen.
Der Einfluss der christlichen Fundis zeigte sich in diesen Tagen im US-Staat Mississippi, der ein Gesetz erlassen hat, das den schönen Namen «Religious Liberty Accommodation Act» trägt.
Religionsfreiheit ist immer gut, denkt der durchschnittliche Amerikaner. Doch hinter der noblen Verpackung verbirgt sich ein menschenrechtswidriger Inhalt. Das Gesetz dient nämlich dazu, zahlreiche Grundrechte zu beschneiden und Homosexuelle zu diskriminieren.
Es sieht beispielsweise vor, dass Personen und Unternehmen keine Geschäfte mit gleichgeschlechtlichen Paaren mehr abschliessen müssen, sofern der Deal ihre religiösen Gefühle verletzt. Ausserdem könnten sich Organisationen und Institutionen weigern, Homosexuelle zu bedienen. Das erinnert fatal an die Geschichte, als es hiess: «Kauft nicht bei Juden».
Konkret: Staatliche Behörden und Firmen wären befugt, transsexuelle Personen fristlos zu entlassen, ohne die Massnahme zu begründen. Weiter dürften Adoptionsinstitutionen Paare abweisen, die vorehelichen Geschlechtsverkehr hatten. Beweise müssten die Stellen nicht erbringen, der Verdacht auf Sex vor der Ehe würde genügen. Sie werden vermutlich Gott als Lügendetektor einsetzen. Der ist schliesslich unfehlbar. Fast wie der Papst.
Die Empörung der Bürger, die nicht zum christlich-fundamentalistischen Lager gehören und nicht nur mit dem religiösen Wurmfortsatz denken, ist gross. Sie bekamen bei ihrem Protest prominente Unterstützung. Die Rockstars Bruce Springsteen und Bryan Adams sagten ihre Konzerte ab.
Der zuständige Gouverneur Phil Bryant versteht den Protest nicht: «Wer sich Sorgen um die Menschenrechte macht, muss verstehen, dass auch gläubige Menschen Rechte haben», sagte er. Das Gesetz schütze diejenigen Leute, die die Ehe ausschliesslich als Institution für heterosexuelle Paare betrachteten. Die Argumentation ist so verquer wie der Glaube, Gott habe das Gesetz genehmigt.
Für Gläubige aus radikalen Freikirchen ist Homosexualität ein Beweis für das satanische Wirken des Teufels auf der Erde. Ein Ausdruck von Sodom und Gomorrha. Da fällt ihnen nur die Redewendung «Pfui Teufel» ein.
Womit einmal mehr bewiesen wäre, dass christliche Nächstenliebe und Barmherzigkeit aufhören, wo die religiös motivierte Homophobie beginnt.
Auch in Indiana wüten christliche Fundis. Gouverneur Mike Pence hat ein Gesetz unterschrieben, das Abtreibungen erschweren soll. Besteht der Verdacht, dass ein Fötus das Downsyndrom (früher auch als Mongoloismus bekannt) aufweist, darf er nicht mehr abgetrieben werden.
Weiter verlangt das Gesetz, dass Föten bei einer Fehlgeburt gleich zu behandeln sind wie verstorbene Menschen: Sie müssen begraben oder kremiert werden. Der Hintergrund: Für christliche Fundis sind schon Embryonen Wesen mit einer vollwertigen Seele.
Frauen in Indiana sind empört und laufen Sturm. Sie decken Gouverneur Pence mit geharnischten Briefen ein. Sie klären ihn auf, dass jede Menstruation eine Fehlgeburt sein könne, was sie nicht einmal realisieren würden.
Die Frauen von Indiana rufen ihre Mitstreiterinnen dazu auf, dem Politiker Rapporte über ihre Blutungen zu schicken und ihn um Rat zu fragen. Der Gouverneur lässt sich von den aufgebrachten Frauen aber nicht verunsichern. Er habe gebetet, als er das Gesetz unterschrieben habe, liess er sie wissen.
Christliche Überzeugungstäter glauben deshalb, dass Gott mit dem neuen Gesetz einverstanden ist und es abgesegnet hat. Und so wird einmal mehr die religiöse Verblendung zum Aberglauben, unter dem breite Bevölkerungskreise leiden müssen. Denn fromme Politiker glauben, Gott leite ihre politische Agenda. Schöne neue Welt, die fröhlich weiter spinnt.