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Die Führungsriege des Bistums Chur ist ein Bollwerk erzkonservativer Kleriker, die immer wieder versuchen, das Rad der Zeit zurückzudrehen. Vor allem die Zürcher Katholiken fühlen sich von Chur gegängelt. Schon Bischof Wolfgang Haas lehrte die Zürcher Katholiken mit seinem fundamentalistischen Gebaren das Fürchten. Schliesslich wurde er 1997 ins Fürstentum Liechtenstein abgeschoben und zum Erzbischof befördert.
Der Burgfriede dauerte allerdings nicht sehr lang, denn 2007 hievten der Vatikan und die Schweizer Bischöfe mit Vituos Huonder einen neuen Hardliner ins Bischofsamt. Seither herrscht bei den Zürcher Katholiken wieder Eiszeit.
Huonder würde die Zürcher Stänkerer am liebsten in die Wüste schicken, denn der Bischof träumt von einer autoritären Bistumspolitik und der Rückkehr zur reinen katholischen Lehre, wie sie noch vor 50 Jahren herrschte. Geistliche waren damals noch unantastbare Würdenträger, welche die Deutungshoheit in religiösen und moralischen Belangen hatten.
Und so wünscht sich Huonder Gläubige, die voll Ehrfurcht und Unterwürfigkeit seinen Bischofsring küssen und seine Dogmen bis unter die Bettdecke gehorsam verinnerlichen.
Um die aufmüpfigen bis feindlichen Zürcher Katholiken endlich loszuwerden, lancierte Huonder eine «Umfrage» bei den zuständigen Stellen und Gremien in seinem Bistum. Er will damit die Bedürfnisse bezüglich eines Bistums Zürich eruieren.
Das Resultat lässt sich voraussagen: Da die Zürcher die Nase voll haben von Chur, werden sie sich für eine Abspaltung aussprechen. Und sofort ein Aber hinterher schieben: Loslösung nur, wenn das Zürcher Bistum den Bischof selbst wählen kann. Die Zürcher werden sich auf die Bistümer Basel und St.Gallen berufen, die ihre Bischöfe selbst wählen können.
Diesen Wunsch werden ihnen Huonder und der Vatikan kaum erfüllen. Es ist davon auszugehen, dass sie die unzufriedenen Zürcher an die Kandare nehmen und ihnen einen Bischof nach ihrem Gusto aufs Auge drücken wollen.
Dafür wird auch der rückständige apostolische Nuntius, Erzbischof Thomas Edward Gullickson, sorgen, der quasi der Oberaufseher des Vatikans in der Schweiz ist.
Denn die beiden Bistümer Basel und St.Gallen sind «Betriebsunfälle» in der Geschichte der katholischen Kirche. Laut Kirchenrecht wählt der Vatikan die Bischöfe weltweit selber. So ist das, in einem zentralistischen Staat. Man könnte ihn auch ein klerikales Feudalsystem mit diktatorischen Allüren nennen. Schliesslich gilt der Papst in Kirchenfragen als unfehlbar.
Auch Huonder weiss in groben Zügen, wie die Umfrage ausfallen wird. Man kann also davon ausgehen, dass er eine bestimmte Strategie verfolgt. Diese wird er natürlich nicht verraten. Vielleicht durchschauen wir sie, wenn Huonder Ende April die Resultate der Umfrage verkünden wird.
Vielleicht geht es um das, was bei Männern oft zu beobachten ist: Um Einfluss und Macht. Und um Kumpanei. Vielleicht will Huonder, der bald 75 wird und dann abtreten muss, seinen Ziehsohn und Spezi Generalvikar Martin Grichting als sein Nachfolger in Stellung bringen.
Der Trick ist einfach: Der Vatikan kann den Zürcher Katholiken nach Huonder nicht auch noch den Hardliner Grichting vorsetzen. Mit einem neuen Bistum Zürich könnte Grichting die Rumpfdiözese Chur übernehmen. Somit würde die Bischofskonferenz ein weiteres konservatives Mitglied bekommen, der die Kirchenpolitik im Sinn von Huonder prägen könnte.
Der Vorgang zeigt, dass Demokratie in der katholischen Kirche immer noch ein Fremdwort ist. Klar macht dies auch der Umstand, dass der Vatikan als fast einziger Staat der Welt die Menschenrechtscharta der UNO noch nicht unterzeichnet hat – ein Anachronismus erster Güte.
Aus Sicht der katholischen Kirche ist dies allerdings konsequent. Wer im 21. Jahrhundert noch die Frauen von wichtigen Ämtern ausschliesst, hat nichts zu suchen in der Weltgemeinschaft, die für gleiche Rechte für Mann und Frau kämpft.
Selbst dem viel gelobten Papst Franziskus käme es nie in den Sinn, die Menschenrechte zu unterschreiben. Zu weit entfernt sind die katholische Kirche und der Vatikan von den geistigen Errungenschaften einer zivilisierten Gesellschaft.
Daniele Menozzi, Historiker an der Universität Scuola Normale Superione in Pisa und Autor eines Buches zum Thema Kirche und Menschenrechte, begründet die Haltung der Kirche so: «Gegen das Recht des Menschen über sich selbst zu bestimmen, argumentieren die Päpste mit dem Naturrecht, dem sich der Kirche nach die Menschen unterzuordnen haben.»
Und: «Das Motiv der Ablehnung solcher Erklärungen seitens der Kirche liegt in der Überzeugung der Päpste, dass sich eine menschliche Gesellschaft nach den Prinzipien Gottes und nicht der Menschen zu organisieren habe.»
Nur: Wenn es um Macht und Reichtum der katholischen Kirche geht, orientiert sie sich streng an den Prinzipien des Menschen (Macht und Gier) und nicht am Vorbild von Jesus (Selbstlosigkeit und Gnade). Dann ist den Klerikern das eigene Hemd oder der eigene Rock bedeutend näher.