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Vor einer Woche sass ich mit einer Gruppe von Freundinnen zusammen. Der Abend war lang, das Essen gut, der Alkohol reichlich.
Irgendwann kam das Thema Ex-Beziehungen auf, die wir alle gemeinsam durchlebt haben. Die alten Spitznamen wurden ausgegraben. «No show» zum Beispiel â der Exfreund einer Freundin, der mehrfach bei wichtigen Verabredungen (Hochzeiten von Bekannten, Geburtstage der Eltern) einfach nicht auftauchte, ohne sich zu melden. Und «Retour», der am Ende einer dreijĂ€hrigen Beziehung alle Geschenke zurĂŒckwollte, die er meiner Freundin je gemacht hatte.
NatĂŒrlich wurde gelĂ€stert. MĂ€nner, die meine Freundinnen unglĂŒcklich machen, mag ich nicht. Genauso wie sie die MĂ€nner nicht mögen, die mich unglĂŒcklich gemacht haben. Girl Code. Ich nehme an, das ist bei MĂ€nnern nicht anders. Man ist â logischerweise â parteiisch. Die sind schuld! Alle doof, die Typen!
Aber das stimmt natĂŒrlich nicht. Und das wissen wir auch alle.
Am nĂ€chsten Tag begann ich also, mir Gedanken ĂŒber die Beziehungen in meiner Lebensgeschichte zu machen. Wer war ich eigentlich in der Liebe? Und ich versuchte, herauszulesen, welche Fehler ich dabei machte, welche Verantwortung ich trug und welche Tipps ich meinem zukĂŒnftigen Ich geben könnte.
1. Quid pro quo
Irgendwann im Laufe der Beziehung begann ich
jeweils, eine Art «BeziehungsmilchbĂŒechli» zu fĂŒhren. «Du hast dich heute
daneben benommen, genau wie an diesem und jenem Anlass 2003, also machst du das
IMMER! Und du hastâs öfter verkackt als ich und bist mir deshalb irgendwas
schuldig.» Das liess ich den Partner auch spĂŒren. Das ist wahnsinnig dumm:
Erstens, weil ich dazu Situationen aus der Vergangenheit heranzog, an denen er
nichts mehr Àndern konnte, zweitens, weil ich von Einzelepisoden auf IMMER
schloss und drittens, weil ich zwar die Gewinnerin war, aber leider in einer
Situation, die eigentlich gar kein Kampf sein sollte.
Memo to future me: 2003 hat mit heute wenig
bis nichts zu tun. Wenn doch und sich das Verhalten tatsÀchlich stÀndig wiederholt,
dann muss ich meine Konsequenzen daraus ziehen. Ansonsten: Immer in der
jeweiligen Situation motzen oder die Klappe halten und das Zeug vergessen. Und: «Immer», «nie», «alles» und «nichts» schön aus der Diskussion raushalten, weil sie nÀmlich nicht zutreffen. Nie (haha).
2. «Du bist schuld an meinen
GefĂŒhlen»
Ja, mein Partner war manchmal mein Boxsack.
Wenn ich gestresst/traurig/sensibel war und er darauf nicht sofort alles stehen
und liegen liess, war er gerne einmal ein unsensibler Arsch. Sowas ist
ein Klassiker des subtilen Egoismus, der uns aufzeigt, dass wir uns unserer
persönlichen Grenzen nicht ganz bewusst sind.
Memo: Es gibt einen Unterschied zwischen
UnterstĂŒtzung fĂŒr den/die Partnerin und der Verantwortung dafĂŒr, wie es ihm/ihr
geht. Das Erste darf man einfordern, das Zweite nicht.
3. Passive Aggression
Ja. Schuldig im Sinne der Anklage. Ich weiss. Passive
Aggression ist das Letzte, das finde auch ich. Und trotzdem habe ich an mir
selber immer wieder beobachtet, wie ich mir ums Verrecken wĂŒnschte, dass mein
Partner mir meinen Kummer vom Gesicht abliest. Genau das ist der Wunsch hinter
passiver Aggression: Er möge es von sich aus merken. Tut er aber nicht. Und
dann wird man noch wĂŒtender, wegen etwas, von dem er nicht einmal weiss, dass
es davor ĂŒberhaupt schon Thema war.
Memo to future self: Passive Aggression ist
ein Symptom fĂŒr fehlende Sicherheit. Entweder fĂŒhle ich mich sicher und
geborgen genug, offen zu kommunizieren, oder ich muss genau diese Tatsache angehen.
4. Eifersucht als Leidenschaft
Ich habe â und das schwöre ich hoch und heilig
â nie aus eigener Initiative Mails, SMS oder Sonstiges meiner Ex-Partner
gelesen. EifersĂŒchtig war ich selten und ich bin auch eine Frau, die gerne
Sachen ohne ihren Partner macht und ihm diesen Freiraum ebenfalls lÀsst. Der
Fehler jedoch, den ich machte, ist mangelnde Eifersucht mit mangelnder
Leidenschaft zu verwechseln. Auch das ist retrospektiv betrachtet ziemlich dumm
â wenn man mittendrin ist, ist es jedoch naheliegend. Wenn ich also einen
Verehrer hatte und mein Partner darauf nicht eifersĂŒchtig reagierte, dann
krÀnkte mich das.
Memo an mein zukĂŒnftiges Ich: Rasende Eifersucht
ist nicht gleich Leidenschaft. Sie ist manipulativ und kontrollierend und sie
ist Symptom mangelnden Vertrauens. Wenn der Partner also nicht beunruhigt ist,
wenn ein anderer um einen buhlt, dann ist das ein stabiles Zeichen dafĂŒr, dass
er sich wohl und sicher fĂŒhlt und nicht dafĂŒr, dass er einen zu wenig liebt.
5. Die «Alles oder nichts»-Keule
Es ist Àtzend, ja, aber auch ich packte immer
wieder den Rundumschlag aus. Wenn ich zu wenig Aufmerksamkeit bekam, tendierte
ich dazu, anstatt «Ich finde, du bist zu wenig aufmerksam» zu sagen, gleich mit
«Ich kann nicht mit jemandem zusammen sein, der immer so unaufmerksam ist.» zu kommen. Resultat: VerlustÀngste bei ihm und Drama, Baby, Drama.
Message an Zukunfts-Yonni: Es ist dumm, zu
denken, jemanden zu lieben bedeute, alles an ihm jederzeit zu mögen. Das geht
gar nicht. Leute nerven. Es nennt sich Menschsein. Wichtig ist: Man muss
solche Dinge kommunizieren können, ohne gleich mit dem Beziehungsende drohen zu
mĂŒssen. Und, wie die uralte Psychologie-Weisheit sagt: Immer mit Ich-Messages
arbeiten. Nicht «Du bist unaufmerksam», sondern «Ich fĂŒhle mich im Moment zu
wenig wertgeschÀtzt, weil ...»
Ich bin sicher, die Liste wĂ€re noch lĂ€nger. Das eigene Fehlverhalten zu analysieren, ist nicht ganz einfach. Aber es ist auch eine Erleichterung: Es tut gut, aus der eigen-parteiischen Opferrolle herauszuschlĂŒpfen und die eigene Verantwortung an Dingen zu ĂŒbernehmen, die kaputt gegangen sind.
So ist der Ex auch nicht mehr der Ăberböse, sondern ein Mensch, der Fehler macht â und mit unseren Fehlern langfristig vielleicht einfach nicht kompatibel ist. Mir hat das geholfen, mich mit der einen oder anderen zerbrochenen Liebesgeschichte zu versöhnen.