CVP
Gesellschaft & Politik

Aus purem Zufall bei der CVP

Die Präsidentin der CVP-Frauen, Babette Sigg, bei einer Pressekonferenz in Bern.
Die Präsidentin der CVP-Frauen, Babette Sigg, bei einer Pressekonferenz in Bern.Bild: KEYSTONE
Präsidentin der aufmüpfigen Frauensektion

Aus purem Zufall bei der CVP

Die CVP hat katholische Wurzeln. Babette Sigg ist reformiert. Die geografische Heimat der CVP ist das Land. Babette Sigg ist in der Stadt Zürich aufgewachsen und lebt heute in Kloten. Die CVP ist konservativ, Babette Sigg bezeichnet sich als liberal. Protestantisch, urban, liberal: Kein Wunder, ist die Präsidentin der CVP-Frauen zum Schreck des Parteipräsidenten Christophe Darbellay geworden.
16.04.2014, 02:2516.04.2014, 08:52
Ein Artikel von Aargauer Zeitung
Aargauer Zeitung
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Doris Kleck / Aargauer Zeitung

An der Delegiertenversammlung vom letzten Samstag in Zug hatte Sigg wieder zugeschlagen. Die Position der CVP-Frauen setzte sich bei der Pädophileninitiative durch. Die Delegierten stimmten für die Nein-Parole und blamierten damit die Parteileitung – insbesondere Präsident Darbellay, der im Initiativkomitee sitzt. Damit wiederholte sich die Geschichte aus dem Jahr 2013. Damals setzten sich die CVP-Frauen mit ihrem Widerstand gegen die SVP-Familieninitiative parteiintern durch.

Die Euphorie über die Nein-Parole bei der Pädophileninitiative ist in der Stimme von Babette Sigg nicht zu überhören. Natürlich kann man sich fragen, inwiefern das Nein tatsächlich ein Erfolg von Babette Sigg ist. Für sie sind die CVP-Frauen das berühmte Zünglein an der Waage. 

«CVP-Frauen sind kein konspirativer Club»

Auffällig ist auf jeden Fall, dass sich die CVP-Frauen oft anders positionieren als die Parteispitze: gegen die Pädophileninitiative, gegen den Gripen, gegen die Familieninitiative, gegen die zweite Gotthardröhre, gegen die Asylgesetzrevision. 

Sigg sagt zwar: «Die CVP-Frauen sind kein konspirativer Club, der seine Parolen nach dem Motto fasst: wir gegen alle.» Doch nicht wenige in der CVP sind der Ansicht, dass sich die Frauengruppe auf Kosten der Mutterpartei profilieren wolle. Andere fügen an, dass die CVP-Frauen zum Ventil des linken Parteiflügels geworden seien. Dieser wird auf Bundesebene vor allem repräsentiert durch die Nationalrätinnen Barbara Schmid-Federer (ZH) und Lucrezia Meier-Schatz (SG) oder die Ständerätin Anne Seydoux (JU).

Für die Grünen viel zu bürgerlich

An der Spitze dieses Ventils steht mit Babette Sigg eine Frau, die aus purem Zufall bei der CVP gelandet ist. Zuerst klopfte sie bei den Grünen an wegen eines Mandates in der Schulbehörde. Doch diese Mischung passte gar nicht: «Ich war viel zu bürgerlich. Mit Perlenkette und Kaschmir-Twinset – schon optisch war ich eine Provokation», sagt Sigg, die studierte Modedesignerin.

Durch einen Freund kam sie schliesslich zur CVP, einer Partei, die ihr unbekannt war. Heute sagt sie: «Wie wichtig die katholischen Wurzeln in den Stammlanden noch sind, war mir nicht bewusst.» 

In dieser Aussage liegt wohl der Kern des Problems begraben: Man kann sich schwer vorstellen, dass sich Sigg in diesem katholischen Milieu wohlfühlt. Sie selbst betont ihre protestantischen Wurzeln bei jeder Gelegenheit. Sie mache dies, weil die CVP vom katholischen Image wegkommen müsse.

Präsidentin ohne politisches Mandat

Spürbar ist im Gespräch mit Sigg auch, dass sie sich einzig mit den CVP-Frauen identifiziert. Dazu passt, dass sie bei den Wahlen für die Exekutive der Stadt Kloten in diesem Frühling (erfolglos) unter dem Label CVP-Frauen Schweiz angetreten ist. Von der Klotener CVP hat sie sich abgewandt. Über die Gründe schweigt sie sich aus.

So ist Sigg eine Präsidentin ohne politisches Mandat. Sie habe auch keine weiteren Ambitionen, von einer Kandidatur für den Nationalrat will sie derzeit nichts wissen.

Dafür steht die 52-Jährige seit letztem Sommer an der Spitze des Konsumentenforums (KF). Das KF ist die bürgerliche Alternative zur Stiftung Konsumentenschutz, die in der Öffentlichkeit aber weitgehend unbekannt ist. Sigg hat sich deshalb zum Ziel gesetzt, dass das KF medial präsenter wird.

Mit überraschenden Positionen, wie der Ablehnung der Fabi-Vorlage zum Ausbau des öffentlichen Verkehrs oder der Revision des Kartellgesetzes, gelingt dies dem KF denn auch. Doch dass Sigg das Nein zu Fabi vertreten musste, fiel ihr dann doch ziemlich schwer.

Aus dem Mauerblümchendasein sind die CVP-Frauen ausgebrochen, seit Babette Sigg das Präsidium 2009 übernahm. Ob sich die Positionierung auch wählermässig positiv auswirkt, steht auf einem anderen Blatt. Bei den Nationalratswahlen 2011 verloren die CVP-Frauen drei Sitze.

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