In den 90ern kam das erste «Macbook» auf den Markt.
Und so sah es aus:
Was für eine Schönheit!
Das Powerbook 100 war der Hammer. (Nicht nur wegen des stolzen Gewichts von 2,3 Kilogramm.)
Und damit kommen wir zum neuen Macbook, das ich für ein paar Wochen als Leihgabe von Apple getestet habe.
Das Macbook 2015. Oder wie Apples Marketing-Strategen seit der Präsentation im März immer wieder betonen: «Das unglaublich dünne und leichte neue Macbook».
Wer es genau wissen will:
Das Gewicht? Um die 920 Gramm, je nach Konfiguration.
Und jetzt ein Trommelwirbel! Das neue Macbook ist der dünnste und leichteste Laptop, den die Kalifornier jemals gebaut haben.
Aber das hatten wir doch schon!
Tatsächlich rührte Apple schon 2008 mit diesem Slogan die Werbetrommel. Damals kam das Macbook Air heraus – und die Parallelen zum neuen Gerät sind frappierend. Es ist dünn, dünn und nochmals dünn. Und es fehlen Dinge.
Beim Macbook Air fehlte der Schlitz für CDs. Und nun geht es dem angestammten USB-Anschluss an den Kragen.
Wie das iPhone besitzt das Macbook 2015 nur eine (1!) Anschlussmöglichkeit, abgesehen von der Kopfhörerbuchse. Und es kommt noch schlimmer: Weil es sich um einen USB-C-Anschluss handelt, lassen sich bisherige Peripheriegeräte (wie beispielsweise Drucker) nicht einfach einstecken.
Stellen wir uns folgende Situation vor: Man arbeitet intensiv mit dem Rechner und ist auf stetige Stromversorgung angewiesen. Gleichzeitig möchte man das Macbook an einen grösseren Monitor anschliessen und nebenbei das iPhone aufladen, und vielleicht soll es statt WLAN auch noch eine schnellere Internetverbindung via Kabel sein.
Alles andere als einfach, weil: kein zweiter USB-Port, kein Thunderbolt-Anschluss, kein HDMI-Ausgang.
Das macht den Einsatz solch nerviger Dinge nötig.
Apples Adapter kosten zusätzliches Geld. Viel Geld!
Was mich noch mehr stört – angesichts von herumtollenden Kollegen Kindern – ist das folgende Manko:
So sieht es aus, wenn das Ladekabel eingestöpselt ist.
Wir stellen fest, dass sich Apple von seinem 2006 lancierten MagSafe-Stromanschluss verabschiedet. Sprich: Der magnetische Sicherheitsstecker, der das versehentliche Herunterreissen des Geräts verhinderte, ist dem Immer-dünner-und-noch-dünner-Mantra zum Opfer gefallen.
Und noch ein Mangel: Ob das MacBook 12-Zoll voll aufgeladen ist, erfährt man nur, indem man es einschaltet. Denn es fehlt der grün leuchtende Punkt, der bei den MagSafe-Ladekabeln praktisch ist.
Da ist es ein kleiner Trost, dass man das Ladekabel auch im Dunkeln problemlos verkehrt herum einstecken kann.
Weil ich schon mal in Fahrt bin, geht es gleich weiter mit den Kritikpunkten (bevor wir zu den Vorzügen kommen) ...
Was mich als Journalist und Hobbyfotograf massiv nervt, ist das Fehlen eines SD-Karten-Lesers. Auch dieser Steckplatz dürfte dem Immer-dünner-Wahn geschuldet sein.
Früher gab es Schreibmaschinenkurse, geübt wurde auf mechanischen Schreibgeräten. Und ziemlich ähnlich fühlt es sich an, wenn man das erste Mal die Tastatur des Macbooks probiert. Denn Apple hat den unter den Kunststoff-Tasten verborgenen Mechanismus neu gestaltet. Nun soll er viermal stabiler sein als herkömmliche Tastaturen und eine grössere Präzision bieten, egal wo der Finger die Taste trifft.
In der Praxis konnte ich mich mit dem «harten» Anschlag nicht wirklich anfreunden. Trotz längeren Tippversuchen wollte das komische Schreibgefühl nicht verschwinden und mir fehlte die vom Macbook Air und Pro geschätzte, sanfte Präzision der Tastatur.
Ich stehe überhaupt nicht auf Bling-Bling. Aber eines muss man Apple lassen: Das Gold-Macbook ist ein Hingucker, der nicht billig wirkt (und auch alles andere als billig ist). Im Gegensatz zu meiner goldenen Rolex, die ich in jungen Jahren an einem ägyptischen Strand kaufte ...
Das hochauflösende Display (2304 mal 1440 Pixel) vermag zu begeistern. Buchstaben und Bilder werden gestochen scharf dargestellt, an den Farben kann man sich nicht satt sehen. Das Macbook ist demnach ein gutes Multimedia-Abspielgerät für unterwegs, auf Reisen oder in den Ferien. Dazu passen auch die passabel klingenden Stereo-Lautsprecher.
Das Macbook hält bei normaler Beanspruchung (Surfen, Mailen, Texte schreiben) einen Bürotag durch. Da das handliche Mobilgerät aber dank tiefem Gewicht und Grösse vor allem unterwegs eingesetzt werden dürfte, kann ich mich nur wiederholen: Apple sollte den Schlankheits-Wahn hinter sich lassen und stattdessen den Akku vergrössern.
Apples Marketing-Chef Phil Schiller scheint definitiv anderer Meinung zu sein. Apple sei die perfekte Balance gelungen zwischen Akkuleistung und Geräte-Durchmesser, verteidigte er Anfang Juni Apples Ultradünn-Strategie.
Das MacBook kostet in der günstigsten Variante (mit 1,1-GHz-Prozessor und 256 GB Flash-Speicher) 1399 Franken. Für das leistungsfähigere Modell mit doppelt so viel Speicherplatz und einem ein bisschen schnelleren Prozessor blättert man im Online-Store von Apple 1699 Franken hin.
Das «neue» Macbook ist – wie von Apple versprochen – ein Gerät aus der Zukunft. Nur sind wir normale User noch nicht dort. Es mangelt an Anschluss- und Ausbaumöglichkeiten, man muss bezüglich Benutzerfreundlichkeit Abstriche hinnehmen. Das dürfte insbesondere Leute ärgern, die sich an die Vorzüge der bisherigen Macs gewöhnt haben.
Das Preis-Leistungsverhältnis überzeugt mich nicht. Zwar gefällt das Design, aber die inneren Werte (relativ schwacher Prozessor) sind bestenfalls Durchschnitt. Ein iPad (Air 2) mit externer Tastatur käme viel günstiger und bringt unterwegs oder auf dem Sofa praktisch den gleichen Nutzen.
In seinem Testbericht schrieb der «Blick», dass es sich um «das beste MacBook für mobile Schwerarbeiter» handle. Das ist – Entschuldigung! – Bullshit. Das neue Macbook ist ein «Nice to have»-Produkt für Apple-Fans und Leute, die nicht aufs Geld schauen wollen oder müssen.
Das letzte Wort haben die Kunden.
Was haltet ihr vom neuen Macbook?
Das MacBook ist definitiv kein Ersatz für einen festen Desktoprechner. Dafür reichen seine inneren Werte nicht aus. In Zusammenarbeit mit meinem Dropbox- und iCloud-Konto gibt es mir aber genau das, was ich von einem mobilen Zweitrechner erwarte. Der Rechner der Zukunft baut auf die Cloud und nicht auf tausende Kabel (gegen die ich per se eine Abneigung habe). Der persönliche Hotspot bietet mir eine schnelle (4G ist heute schneller als Standard-WiFi) und mehr oder weniger zuverlässige Internetverbindung (jedenfalls bei Swisscom, die anderen Anbieter kann ich nicht beurteilen).
Einziges Handycap ist der Preis. Da es sich um eine Erstentwicklung handelt und die Arbeiten amortisiert werden müssen schätze ich aber, dass zukünftige Geräte günstiger werden.
Wer einen Powerrechner sucht, der mit zig Anschlüssen, viel Power und starkem Akku ausgestattet ist, dem bietet Apple übrigens eine Pro-Linie an. Die sind genau für solche Tasks geeignet. Das MacBook ist ein Leichtgewicht für mobiles Arbeiten und diesbezüglich hat Apple nicht zuviel versprochen. Wer das neue MacBook jedoch als Desktop-Ersatz anpreist, der schwindelt entweder oder hat einen sehr alten Computer zuhause stehen :)