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Verschwörungstheoretiker warnen vor Pokémon Go

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Ob wohl auch im CIA-Hauptquartier Pokémon gejagt werden?Bild: J. Scott Applewhite/AP/KEYSTONE

Die Pokémon-Go-Verschwörung: Spionieren wir mit unseren Handys für CIA und Co.?

Für Verschwörungstheoretiker steht fest: Wer Pokémon Go spielt, macht sich zum Handlanger der US-Geheimdienste. Die Schlapphüte hätten sich mit Google zusammengetan, um über das süchtig machende Handy-Spiel an sensible Informationen zu gelangen.
03.08.2016, 11:3704.08.2016, 10:08
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Ist das «Augmented Reality»-Spiel, bei dem es mit dem Mobilgerät putzige Monsterfiguren zu jagen gilt, ein raffiniertes Spionage-Werkzeug? Tatsächlich gibt es ein paar bedenkenswerte Fakten, wie Telepolis festhält:

  • Wer spielen will, muss der App weitreichende Zugriffsrechte einräumen, etwa auf GPS-Daten und die Fotos.
  • Die App ist mittlerweile weltweit bereits über 75 Millionen Mal heruntergeladen worden. Das sichere dem Spiele-Anbieter massenhaft Geodaten und Bilder von den Orten, die mit den Kameras der Smartphones und Tablets aufgenommen werden.
  • Was mit den Daten geschieht und wer alles darauf Zugriff hat, sei nicht bekannt.
  • Und auch die geschäftlichen Verbindungen der amerikanischen Entwicklerfirma Niantic und ihres Geschäftsführers werfen Fragen auf.

Das Spiel wurde von einem Google-Ableger entwickelt. Google pflegt enge Verbindungen zu den US-Geheimdiensten

Der deutsche Journalist Florian Rötzer ruft in Erinnerung, dass die Google-Gründer Sergey Brin und Larry Page seit der Lancierung ihrer Suchmaschine bestens mit amerikanischen Rüstungs- und Geheimdienstkreisen vernetzt seien. Das Unternehmen habe immer wieder Aufträge von staatlichen oder staatsnahen US-Betrieben erhalten.

Kooperiert mit Google: US-Behörde, die den vielen Geheimdiensten Aufklärungsmaterial liefert.
Kooperiert mit Google: US-Behörde, die den vielen Geheimdiensten Aufklärungsmaterial liefert.bild: nga.mil

Pokémon Go ist von der ehemaligen Google-Tochter Ninantic entwickelt worden. Das amerikanische Start-up hat sich 2015 selbstständig gemacht, Google ist aber weiterhin finanziell beteiligt, wie auch Nintendo. Besonders interessant ist die Figur des Geschäftsführers von Niantic: John Hanke.

  • 2001 gründete Hanke die Firma Keyhole, die Software zur Visualisierung von Geodaten entwickelte und deren Namen sich von militärischen Aufklärungssatelliten ableitete.
  • 2003 wurde das kriselnde Unternehmen von einer Investitionsfirma der CIA vor dem Bankrott gerettet. Das erforderliche Geld soll nicht nur von der CIA gekommen sein, sondern auch von anderen US-Geheimdiensten, darunter die NGA (National Geospatial Intelligence Agency).
  • 2004 übernahm Google die Firma Keyhole. Aus der «Earth Viewer»-Technologie ging Google Earth hervor. Interessantes Detail: Die CIA schreibt voller Stolz auf ihrer eigenen Website, sie habe massgeblich zur Entwicklung von Google Earth beigetragen.
  • 2008 wurde die Kooperation von Google und US-Geheimdiensten fortgesetzt. Der Suchmaschinen-Gigant und die NGA bezahlten Hunderte Millionen Dollar für den Start des Satelliten Geo-Eye-1, der zur damaligen Zeit die am höchsten auflösenden Fotos von der Erde lieferte.
  • 2010 wurde die Zusammenarbeit weiter vertieft.

Wer sich für die Hintergründe interessiert, wird bei der amerikanischen Nonprofit-Organisation Consumer Watchdog fündig. Der 32-seitige, als PDF verfügbare Bericht «Lost in the Cloud – Google und die US-Regierung» beleuchtet die engen Beziehungen zwischen staatlichen Stellen und einem der mächtigsten privatwirtschaftlichen Unternehmen.

Bild
screenshot: insidegoogle.com

Die US-Geheimdienste haben, wie wir dank der Snowden-Enthüllungen wissen, die Macht, private Unternehmen zur Kooperation zu zwingen und – von der Öffentlichkeit unbemerkt – an höchst private Daten zu gelangen. Dies gilt insbesondere für die Cloud-Datenschätze, die in den Rechenzentren von Google, Apple und Co. lagern. Doch interessieren sich die Schlapphüte natürlich für alle Technologien, die das Überwachen und Ausspionieren erleichtern.

«Mit Google Earth und Street View werden weltweit Bilder von Strassen und Gebäuden gemacht», hält Florian Rötzer fest. Einsehbar seien aber nur Orte, die von aussen und von oben zugänglich seien. Es fehle der Zugang zu geschlossenen Räumen (wobei anzumerken ist, dass dies nicht für Flughäfen und andere öffentliche Gebäude gilt). Hier könnte laut Rötzer Pokémon Go eine Möglichkeit bereitstellen, diese Hürde zu überwinden, ohne dass dies als Eindringen erscheine.

Es existieren bislang keine Beweise dafür, dass die Pokémon-Go-App heimlich Fotos oder andere Informationen an US-Geheimdienste übermittelt

Fakt ist: Alle erhobenen Daten gehen laut Telepolis-Bericht in den Besitz der US-Firma Niantic und damit womöglich auch an Google über, sie können wieder an Dritte weitergegeben werden, nicht nur an andere Unternehmen, sondern auch an Behörden oder Geheimdienste.

Auszug aus den Nutzungsbestimmungen von Pokémon Go:

«Wir könnten jegliche Informationen über Sie (oder über das von Ihnen ermächtigte Kind), die sich in unserem Besitz oder Kontrollbereich befinden, an Regierungen oder Strafverfolgungsbehörden oder private Beteiligte offenlegen, wenn wir es nach unserem eigenen Ermessen für notwendig und angemessen erachten: (a) um auf Ansprüche, Gerichtsprozesse (einschließlich Vorladungen) zu reagieren; (b) um unser Eigentum, unsere Rechte und unsere Sicherheit, sowie das Eigentum, die Rechte und die Sicherheit von Dritten oder der allgemeinen Öffentlichkeit zu schützen; und (c ) um jegliche Aktivität, die wir als illegal, unethisch oder rechtlich anfechtbar erachten, aufzudecken und zu stoppen.»
Sätze aus der «Datenschutzrichtlinie».
quelle: nianticlabs.com

Gut zu wissen: Pokémon-Go-Nutzer haben eine «Opt out»-Möglichkeit. Gemäss der «Datenschutzrichtlinie» können sie der Bereitstellung von Nutzerdaten an Drittanbieter widersprechen, indem sie eine entsprechende Mail an pokemongo-privacy@nianticlabs.com schicken. Ob dies die Datenschutz-Bedenken zu zerstreuen vermag, sei dahingestellt.

Unabhängig davon, ob Pokémon-Go-Nutzerdaten von Geheimdiensten abgesaugt werden, oder «nur» von Firmen weiterverwendet werden, zieht der unabhängige deutsche Sicherheitsexperte Mike Kuketz ein beunruhigendes Fazit:

«Millionen von Pokémon-Go-Spielern erliegen ihrem Sammeltrieb und sind bereitwillig damit einverstanden, ihre Daten und den aktuellen Standort mit einem Unternehmen zu teilen. Die Gefahren der Überwachung und der Manipulation werden also dem Spielspass geopfert. So leicht ist es also, hart erkämpfte Freiheiten – im wahrsten Sinne des Wortes – ‹auf’s Spiel› zu setzen.»
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Mit Büchsenantennen gegen NSA-Bespitzelung

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Mit Büchsenantennen gegen NSA-Bespitzelung
Die US-Botschaft in Berlin. Darin versteckt sich eine Abhöreinheit des amerikanischen Geheimdienstes. (Bilder: zvg)
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51 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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arthur991
03.08.2016 11:49registriert Juni 2016
Ich würde jetzt einfach mal behaupten die spionieren auch ohne pokemon GO und könnten das auch so. Auch fotos von inneräumen indem schnell unsere handykamera angezapft wird. Wer glaubt nur durch pokemon go wird man jetzt mehr ausspioniert der ist naiv
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Vernon Roche
03.08.2016 12:11registriert November 2015
Wie immer wird es abgestritten, bis es Wikileaks aufdeckt. Dann geben sie es zu, und alle zucken mit den Schultern.
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DrSheldonCooper
03.08.2016 13:56registriert Oktober 2014
Am lustigsten find ich immer die, die sich über Facebook aufregen, dass Pokemon Go Spieler so doof sind weil sie ihre Daten sammeln lassen.
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51
Schau mal, was sich Mark Zuckerberg dank deinen Views und Klicks zum Geburtstag kauft 🤑
Mitte Mai wird der Facebook-Gründer und Meta-Konzernchef 40 Jahre alt. Jetzt soll sich der Multimilliardär ein frühzeitiges Geburtstagsgeschenk gemacht haben – und das ist alles andere als bescheiden.

Mit seinem Lebensstil hat Mark Zuckerberg bereits des Öfteren Empörung hervorgerufen. Kürzlich brachte der Unternehmer mit einem neuen Projekt Umwelt- und Tierschützer gegen sich auf. Auf der Hawaii-Insel Kauai wollte er Rinder der Rassen Wagyu und Angus züchten, die mit Nüssen von selbst angebauten Macadamiabäumen sowie selbst gebrautem Bier ernährt werden sollten. Dieses Vorgehen töte Tiere und den Planeten, kritisierte die Tierschutzorganisation Peta.

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