Dank Edward Snowden wissen wir, dass die US-Regierung das gesamte Internet überwacht und Freund und Feind bespitzelt. Unter dem Vorwand, islamistische Terroristen zu bekämpfen, haben George W. Bush und Barack Obama einen gewaltigen staatlichen Überwachungsapparat aufgebaut.
Der amtierende Präsident setzt das unrühmliche Werk fort. Laut Regierungsvertretern will Trump die Grenzkontrollen verschärfen, um «Really Bad People» an der Einreise zu hindern.
Der Bericht des Wall Street Journal hat bei den watson-Usern für beträchtliche Aufregung und viele Kommentare gesorgt.
Es existieren offenbar auch Missverständnisse, die wir mit diesem Beitrag aus dem Weg räumen möchten. Und für USA-Reisende gibt's praktische Ratschläge.
Es sei denn, du hast einen Diplomatenpass. Für alle anderen gilt: Wer auf Nummer sicher gehen will, reist nicht in die USA. Punkt.
Auch wenn Menschen aus muslimischen Staaten überdurchschnittlich häufig kontrolliert werden, sollten sich weiss-blonde Westeuropäer nicht sicher fühlen. An den Flughäfen werden Reisende unregelmässig und nach dem Zufallsprinzip «herausgefischt». Es kann wirklich jeden und jede treffen.
The story of my recent trip to the US following President #donaldtrump #ExecutiveOrder and #travelban pic.twitter.com/08DWIVBhEG
— Ali Hamedani (@BBCHamedani) 1. Februar 2017
Das gilt übrigens auch für Digitalkameras.
Die Grenzbeamten brauchen keine Beweise, um Notebooks und andere elektronische Geräte zu untersuchen; nicht einmal ein Anfangsverdacht für illegales Verhalten ist nötig. Bei jedem Grenzübertritt haben die Kontrolleure das Recht, alle Gegenstände im Besitz des Reisenden zu überprüfen. Wenn sie wollen, können alle Dateien, respektive Datenträger, kopiert werden. Das heisst, möglicherweise kompromittierende Informationen könnten auch erst später entdeckt werden.
Das heisst: Kein Smartphone, Tablet oder Laptop mitführen, auf dem schützenswerte Daten gespeichert sind. Gefährdet sind aber auch in der Cloud (auf Servern) abgelegte Daten, falls man über das mitgeführte Gerät darauf zugreifen kann.
Von Grenzbeamten durchsuchte Laptops und Co. können für einen unbestimmten Zeitraum konfisziert werden. Bis zur Rückgabe können mehrere Wochen vergehen. Daher sollte man nur Geräte mitnehmen, auf die man längere Zeit verzichten kann.
Ja, ich empfehle diese radikale Massnahme.
Wer kein Facebook-Konto besitzt, ist in der glücklichen Lage, kein Passwort verraten zu müssen. Grenzbeamte sind nicht dumm: Weil sie Namen und Vornamen kennen, können sie im Internet nach Treffern suchen. Wenn sie dann noch ein gut erkennbares Profilbild finden, ist man erledigt ...
Heikel sind auch Twitter-Profile. Vor allem dann, wenn man sich in Tweets besonders USA-feindlich gezeigt hat. Immerhin ist es für die Kontrolleure schwieriger, ein Profil zuzuordnen, weil es bei vielen an einem erkennbaren Porträtbild mangelt. Verräterisch könnte aber ein Eintrag in den Einstellungen sein.
Einen US-Grenzbeamten zu belügen ist eine Straftat. Das kann eine empfindliche Busse oder Schlimmeres nach sich ziehen. Wie zum Beispiel den Entzug der Aufenthaltsgenehmigung oder das Verhängen eines längeren Einreiseverbotes.
Keine gute Idee ist es, auf einem mitgeführten Gerät Daten zu verstecken. Sei dies in unsichtbaren Ordnern oder auf speziellen Festplatten-Partitionen. Die Kontrolleure können auf leistungsfähige Forensik-Software zurückgreifen, die nicht nur alle Daten absaugt, sondern auch Verstecktes aufspürt ...
Wenn die US-Grenzbeamten private und berufliche Daten kopieren, wie zum Beispiel Handy-Nummern und hunderte Social-Media-Kontakte, dann kann dies für den Betroffenen und auch für Dritte unabsehbare Folgen haben. Man stelle sich vor, eine Person gilt zu einem späteren Zeitpunkt aus Sicht der USA terrorverdächtig oder wird wegen einer anderen schweren Straftat gesucht: Wer mit ihr in Verbindung gebracht werden kann, muss wohl mit massiven Konsequenzen rechnen, von Befragungen bis hin zu einem Flug- bzw. Einreiseverbot.
Das gilt sogar auch für Cannabis-Konsumenten aus medizinischen Gründen.
Nein. Es gab sie schon unter Barack Obama.
Seit Jahren beschweren sich immer wieder Reisende, die den Grenzbeamten Zugriff auf mitgeführte elektronische Geräte und die gespeicherten Daten geben mussten. In den letzten Monaten haben die Kontrollen aber massiv zugenommen.
Allein im Februar 2017 wurden mit 5000 durchsuchten Geräten offiziell mehr Fälle verzeichnet als im ganzen Jahr 2015. 2016 (unter Obama) verfünffachte sich die Zahl mit insgesamt 23'877 durchsuchten elektronischen Geräten.
Dieses Jahr wird es wohl wiederum ein X-Faches.
Ja, zum Beispiel auch in der Stadt New York.
Die U.S. Customs and Border Protection (CBP) ist eine der grössten Strafverfolgungsbehörden der Welt. Ihre Beamten können auch hinter den Landesgrenzen «zuschlagen».
Der Boing-Boing-Blog hat im Februar einen lesenswerten Beitrag veröffentlicht, dass uns allein die grossen Tech-Konzerne vor «invasiven» Grenzkontrollen schützen könnten.
Fakt ist: Google, Apple und Co. haben umfangreiche Massnahmen getroffen, um eigene Mitarbeiter (und deren mitgeführte Geschäftsgeheimnisse) zu schützen. Solche Prozeduren (sozusagen ein «Unterwegs-Modus») wären auch für die Hunderten Millionen Kunden denkbar. Weil sich damit kein Geld verdienen lässt, dürften dies aber auf sich warten lassen.
Ja, es gebe noch nicht einmal standardmässige Ende-zu-Ende-Verschlüsselung bei populären Diensten wie Apple Mail oder Google Mail, geben Datenschützer zu bedenken.
Aus Kanada sind ebenfalls schon Übergriffe auf die Geräte und privaten Daten von Flugreisenden publik gemacht worden – von totalitären Staaten in Asien nicht zu reden.
Vorreiter in Sachen «Extreme Vetting» war der Staat Israel. Die Sicherheits-Checks der Fluggesellschaft El-Al sind berühmt-berüchtigt. So musste etwa 2012 eine US-Palästina-Aktivistin einem Kontrolleur den Zugriff auf ihr Gmail-Konto ermöglichen.
Die Bürgerrechtler der Electronic Frontier Foundation (EFF) haben ein Handbuch zum Verhalten vor und während der Einreise in die Vereinigten Staaten veröffentlicht. Das 50-seitige Werk kann hier kostenlos als PDF abgerufen werden.
Pro-Tipp: Das PDF sollte nicht auf einem mitgeführten Gerät von neugierigen Grenzbeamten entdeckt werden können. 😉