Was macht ein gutes Spiel aus?
Jeremy Spillmann, Mitgründer Blindflug Studios: Ein gutes Spiel sollte dir die Möglichkeit geben, etwas zu erleben, zu dem du normalerweise keinen Zugang hättest. Zombie-Apokalypse, Stadtplanung, Held eines Fantasy-Königreichs, Dampfwalzenfahrer oder das Leben eines Stück Toasts. Es spielt eigentlich keine Rolle, was die Wunschvorstellung ist. Das Spiel sollte Unmögliches oder Unerreichbares erfahrbar machen und dir die Emotion vermitteln, die man dabei hätte. Kurz gesagt, es muss Spass machen.
Wie hat es euch in die Game-Branche verschlagen?
Weil wir alle riesige Spielfans sind. Klingt platt, aber bei uns gibts unter anderem drei Leute, die Game-Design studiert haben. Wenn man sich überlegt, ausschliesslich Games machen zu wollen, muss man schon ein grosser Fan sein. Aber auch die, die es nicht studiert haben, haben in ihren Programmier-, Grafiker- oder Management-Jobs immer versucht, mal etwas im Spiele-Bereich machen zu können, bis es dann zum Vollzeitjob wurde.
Neben der internationalen Konkurrenz gibt es auch immer mehr
Schweizer Studios. Wie fällt man in der Masse auf?
Von einer Masse in der Schweiz würden wir noch nicht reden. Es ist cool, dass es immer mehr Schweizer Entwickler gibt. Jedes Studio hat aber seinen eigenen Fokus und wir können im Moment extrem vom Austausch profitieren. Spiele sind internationale Produkte. Nur vom Schweizer Markt kann keiner von uns Leben, darum sehen wir uns auch nicht primär als Konkurrenten, sondern als Studios in einem Land, das noch keine etablierte Industrie hat. Und das müssen wir zusammen ändern.
Was war die grösste Herausforderung beim Entwickeln von First Strike?
Es gab unglaublich viele Stolpersteine. Eine künstliche Intelligenz zu schreiben, ohne Vorkenntnisse zu haben, die Vektorberechnungen in 3D, dass wir die Weltkarte neu einzonen und dabei zahlreiche Länder vereinen mussten, ohne deren Geschichte zueinander genau zu kennen ...
Die grösste Herausforderung war wahrscheinlich, das Konzept möglichst klein zu halten. Es gab während der Entwicklung so viele Ideen. Superwaffen, Generäle, Allianzen, Pakte, U-Boote, Multiplayer oder sogar ein dynamischem Gameplay, basierend auf Nachrichten-Feeds. Aber wir wussten, dass wir nicht so gross denken durften. Einen Hit auf Mobile zu landen, braucht viel Glück, besonders wenn das Studio unter diesem Namen noch nie ein Spiel herausgebracht hat.
Woran arbeitet ihr derzeit?
Wir arbeiten mit Vollgas an unserem zweiten Titel. «Cloud Chasers» wird ein Spiel, in welchem wir die Spieler in ein Steampunk-Setting entführen möchten. Ein paar Privilegierte wohnen auf fliegenden Inseln, während die Erde darunter durch den Abtransport von Wasser langsam verdorrt. Man wird eine Reise durch fünf Wüsten einer sterbenden Welt erleben: Ein Vater namens Francisco möchte seiner Tochter Amelia dieses auswegslose Schicksal ersparen und macht sich auf den Weg, in die Oberwelt auszuwandern.
Wir haben schon vor «First Strike» darüber nachgedacht, mal ein Spiel über Immigration zu machen und die schier unfassbaren Geschichten aufzugreifen, die Immigranten auf dem Weg zu Städten wie Melilla zurücklegen.
«First Strike» ist eines der erfolgreichsten Schweizer Games, was hat
euch der Erfolg gebracht?
Einen Start für unser Studio. Im Vorfeld hatten wir praktisch nichts. Wir konnten Spiele machen, aber wir hatten kaum Industrie-Kontakte, keinen Ruf und kein Projekt, auf das wir verweisen konnten, wenn es darum ging, mit Geschäftspartnern zu reden. Einen besseren Starttitel kriegt man wohl selten. «First Strike» war für neun nationale und internationale Preise nominiert und wir konnten sogar ein paar davon nach Hause bringen. Das wird uns wahrscheinlich nicht die nächsten drei Titel finanzieren, aber wir haben zum ersten Mal Kontakt mit Firmen wie Humble, Apple, Microsoft, Sony oder Nintendo. Jetzt müssen wir beweisen, dass wir mit dem Ball, der uns zugespielt wurde, auch rennen können.