Swisscom hat entschieden, die Bezahlfunktion «beim eigenen Innovationsprojekt Tapit nur noch bis Sommer 2016 anzubieten». Dies geht aus einer am Mittwochmorgen verschickten Medienmitteilung hervor. Der Handy-Bezahldienst war erst im vergangenen Jahr mit beträchtlichem Marketing-Aufwand und zusammen mit den anderen beiden grossen Mobilfunk-Providern Sunrise und Salt (damals noch Orange) angekündigt worden.
Swisscom begründet die Einstellung des Bezahldienstes mit dem mangelnden Interesse seitens der Smartphone-Nutzer und Partnerfirmen: «Trotz intensiver Bemühungen lag die Zahl aktiver Nutzer und Kreditkartenanbieter bei Tapit klar unter den Erwartungen.»
Fakt ist, dass Tapit zunächst nur für Swisscom-Kunden mit Android-Smartphone verfügbar war, aber bis heute nicht fürs iPhone. Grund: Apple hat die ins iPhone 6 und 6 Plus eingebaute Funkschnittstelle NFC noch nicht für Dritte freigeben.
Es sei nicht gelungen, die Banken für Tapit zu gewinnen, sagte Mediensprecher Carsten Roetz gegenüber der Nachrichtenagentur SDA. Wie viel das Abenteuer Tapit die Swisscom gekostet habe, wollte er nicht verraten.
Swisscom werde die nun «freiwerdenden bestehenden Ressourcen im Mobile Payment in die Partnerschaft mit SIX investieren».
SIX und Swisscom treiben Paymit gemeinsam mit den Schweizer Banken voran http://t.co/cfrcwf3n2c
— Swisscom Medienteam (@Swisscom_Medien) 5. August 2015
Laut Ankündigung vom Mittwoch setzt Swisscom nun auf Paymit, den von der Finanzbranche lancierten mobilen Bezahldienst. Dazu gehören die UBS, Zürcher Kantonalbank, Banque Cantonale de Genève, Banque Cantonale de Vaudoise, Luzerner Kantonalbank und Raiffeisen.
«Es ist unser Ziel, Paymit als bargeldlose Bezahlalternative auf dem Markt zu etablieren», liess der Chef des Schweizer Finanzindienstleisters SIX, Urs Rüegsegger, Mitte Juli verlauten.
In einer Stellungnahme betont SIX gegenüber watson seine zentrale Rolle bei Paymit. Die Applikationen, welche nun von den Banken genutzt werden, seien von SIX entwickelt worden. «Paymit wurde von SIX bewusst als offenes System entwickelt, das von allen Banken genutzt und nach ihren Bedürfnissen konfiguriert werden kann.»
Im Gegensatz zu Tapit der Swisscom hat sich Paymit relativ schnell verbreitet. Aktuell sei die Ende April gestartete Bezahl-App der Finanzbranche knapp 90'000 mal heruntergeladen worden, hiess es.
Mit Paymit könnten Kunden schon heute via Smartphone Geld versenden und empfangen, heisst es in der Medienmitteilung. Zukünftig könne man mit Paymit auch beim Einkaufen im Laden oder im Webshop bargeldlos bezahlen. Der Betrag werde dabei in Echtzeit über die App und das damit verbundene Konto oder die hinterlegte Kreditkarte abgebucht.
Voraussetzung für die Nutzung der Paymit-App sind eine Schweizer Handynummer sowie ein Bankkonto oder eine Kreditkarte, respektive Prepaidkarte. Weil die App auf einem einheitlichen Bankstandard beruht, kann sie von allen in der Schweiz wohnenden Personen eingesetzt werden.
Mit ihrem Anschluss an Paymit will die Swisscom nun die Verbreitung der Bezahl-App bei kleineren Banken vorantreiben. Denn der Telekomkonzern hat über sein IT-Geschäft eine Menge kleinerer Banken bereits als Kunden. «Je mehr Banken angeschlossen sind, desto besser», sagte der Swisscom-Sprecher.
In einem weiteren Schritt sei vorgesehen, Paymit mit weiteren Diensten wie beispielsweise dem Sammeln von Treuepunkten oder Erstellung von individuellen Angeboten auszubauen. So profitierten Handel und Kunden von einer umfassenden Bezahl- und Kundeninteraktionslösung. Erste Angebote sollen «Anfang 2016» folgen.
Auch die Post-Tochter Postfinance will im Herbst eine eigene Bezahl-App mit Namen Twint lancieren. Diese funktioniert laut Ankündigung mit Kreditkarten, dem Bank- oder Postkonto oder mit Vorauszahlung wie bei einer Prepaidkarte. Twint ist auch unabhängig vom Telekomanbieter. Geplant ist der Einsatz unter anderem bei Coop oder dem Kantinenbetreiber SV Group.
Daneben bieten weiterhin Startup-Unternehmen, wie die Schweizer Anbieter Mobino, Muume oder Klimpr, eigene Bezahlsysteme. Aber auch internationale Technologiekonzerne wie Apple, Google oder Facebook drängen mit Zahlungslösungen auf den Markt, die allerdings in der Schweiz noch nicht funktionieren.
Gerade gegen die internationale Konkurrenz wollen sich die Schweizer Finanzbranche und die Swisscom mit Paymit zusammenschliessen.
Mit Material der Nachrichtenagentur SDA