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Telefonieren im Ausland könnte billiger sein – auch ohne die EU

Telefonieren im Ausland könnte billiger sein – auch ohne die EU

Wer als Schweizer Kunde im Ausland telefoniert, muss mit erheblichen Mehrkosten rechnen. Doch Swisscom und Co. könnten bereits heute günstigere Roaming-Preise anbieten.
06.02.2018, 06:42
Beat Schmid und Philipp Felber / Nordwestschweiz
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Die hohen Roaming-Kosten für Schweizer Mobilfunknutzer sind seit Jahren ein Ärgernis. Die Gebühren sind zum Teil zwar gesunken, doch sie verharren im Vergleich zu EU-Staaten auf einem sehr hohen Niveau. Laut Ralf Beyeler, Telekomexperte bei Moneyland, müssten die hohen Roaming-Kosten nicht sein. «Selbst wenn die Schweiz nicht Teil der EU ist, können Schweizer Telekomanbieter attraktive Preise für ihre Kunden bieten, wenn sie es denn nur wollten», sagt er. Doch die meisten Anbieter «zocken» ihre Kunden einfach nur ab, sagt er.

600 Franken kostet ein Pauschalangebot für EU-Roaming pro Jahr mehr. Es ist fraglich, ob sich das wirklich rechnet.

Ein politischer Vorstoss der CVP-Nationalrätin Elisabeth Schneider-Schneiter verlangt nun, dass die schweizerischen und europäischen Anbieter nur die effektiven Kosten verrechnen dürfen. Doch, so die allgemeine Einschätzung in Bern, sei das nur möglich, wenn die Schweiz mit der EU ein Rahmenabkommen abschliesse. Und da ein solchen in weiter Ferne, wenn überhaupt, möglich sei, blieben die Roaming-Kosten für Schweizer in luftigen Höhen (zum Bericht). 

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Wer als Schweizer Kunde im Ausland telefoniert, muss mit erheblichen Mehrkosten rechnen.Bild: AP/AP

Dass es auch anders geht, beweist das Mobilangebot von UPC. Lediglich sechs Franken mehr bezahlen Kunden, wenn sie einen unlimitierten Dienst in Europa nutzen wollen. Das günstigste Angebot, welches unlimitierte Telefonie im Aufenthaltsland und zurück in die Schweiz bietet, kostet bei UPC 35 Franken.

Bei Swisscom, Sunrise und Salt sieht es anders aus. Die drei haben zwar auch entsprechende Abo-Pauschalpakete, doch diese sind nicht gerade billig. Pro Monat schlagen die Pakete mit rund 50 Franken und mehr zusätzlich zu Buche. Über ein Jahr gerechnet, bezahlen Schweizer Kunden über 600 Franken pro Jahr mehr, um in EU-Ländern, dafür gänzlich unbeschränkt, Anrufe tätigen zu können.

Grosse Preisunterschiede

Bei Swisscom kostet ein Abo mit 365 Tagen freier Telefonie im Ausland monatlich 120 Franken, bei Sunrise gibts ein ähnliches Abo für 130 Franken. Dafür beinhalten die beiden Abos von Sunrise und Swisscom mehr Datenvolumen und zusätzlichem Mehrwert in der Schweiz. Bei UPC kostet ein ähnliches Angebot 65 Franken pro Monat.

Im Ausland genutzte Daten werden bei UPC jedoch vom Guthaben in der Schweiz abgezogen. Auch wenn der Vergleich aufgrund des vielfältigen Angebots schwierig ist, bleibt es dabei: Bei UPC kommt man deutlich günstiger weg.

Bei jährlichen Kosten von über 600 Franken muss man es sich also sehr gut überlegen, ob sich ein Europa-Paket überhaupt rechnet. Wer nur selten geschäftlich im Ausland zu tun hat und auch nur ein bis zwei Ferienwochen im EU-Raum verbringt, für den rechnen sich die Zusatzkosten auf alle Fälle nicht, zumal es in vielen Städten und Hotels oft gratis WLAN-Zugang gibt.

Trotz der hohen Kosten greifen viele Kunden zu und decken sich mit Europa-Pauschalpaketen ein. Oft aus der Angst heraus, dass sie damit nicht in eine teure Roaming-Falle treten und plötzlich eine gesalzene Handyrechnung erhalten.

Für die Mobilfunkanbieter rechnen sich die Datenpakete. Wie hoch die Margen sind, die sie damit erzielen, ist allerdings ein Geheimnis. Beyeler von Moneypark glaubt, dass sich die Swisscom und Co. damit eine goldene Nase verdienen. Er hegt den Verdacht, dass der Berner Riese, der sich im Mehrheitsbesitz der Eidgenossenschaft befindet, mit den Roaming-Gebühren eine saftige Marge einstreicht.

Der Kostenvorteil bleibt beim Anbieter

Er geht davon aus, dass zumindest Swisscom Roaming-Dienste für ihre Kunden zu einem sehr tiefen Preis einkaufen könne. Sie gebe den Kostenvorteil einfach nicht ihren Kunden weiter, meint Beyeler. Für Swisscom sei es gar möglich, ihre Schweizer Kunden zu den tiefen EU-Konditionen im Ausland telefonieren zu lassen. Er verweist auf Swisscoms italienische Tochter Fastweb, welche ihren Mobilkunden EU-Konditionen bieten müsse.

Es wäre also möglich, dass Swisscom ihre Schweizer Kunden im EU-Raum quasi als Fastweb-Kunden führen könnte. Dem widerspricht Swisscom-Mediensprecher Armin Schädeli. Swisscom habe keine kommerziellen Vorteile bei den Auslandpartnern, wenn die Verträge über Fastweb abgeschlossen würden. 

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