Digital
Wirtschaft

Kommentar: Das hat Apple mit iOS, macOS und Co. wirklich vor

Blick aus dem Apple Store am Union Square in San Francisco. Beim neuen Laden-Konzept rücken die Produkte in den Hintergrund.
Blick aus dem Apple Store am Union Square in San Francisco. Beim neuen Laden-Konzept rücken die Produkte in den Hintergrund.bild: watson
Kommentar

Was Apple wirklich vorhat

Der iPhone-Hersteller verfolgt eine raffinierte Strategie, um sich von Google, Microsoft und Co. abzugrenzen. An der Entwicklerkonferenz in San Francisco wurde deutlich, wie das Unternehmen in Zukunft punkten will.
18.06.2016, 12:5220.06.2016, 10:09
Mehr «Digital»

Zusammenfassung:

  • Apple bringt im Herbst neue System-Software fürs iPhone, iPad, den iPod Touch, den Mac, die Apple Watch und seine Fernseh-Set-Top-Box heraus.
  • Die Updates für die vier Plattformen heissen iOS 10, macOS Sierra, watchOS 3 und tvOS 10.
  • Ebenfalls für Herbst ist neue Hardware zu erwarten, vom iPhone 7 über ein neues Macbook Pro, die Apple Watch 2 und Apple TV (5. Generation).
  • Bereits im Sommer startet Apple Pay in der Schweiz (und weiteren Ländern). Den kontaktlosen sicheren Bezahldienst gibt es künftig auch auf dem Desktop.
  • Eine unterschätzte Strategie, mit der sich Apple von der Konkurrenz abheben will, ist der Datenschutz.

Als am Montag die WWDC-Keynote endete, schlug wieder einmal die Stunde der Nörgler und Untergangs-Propheten. Zwar hatten die Kalifornier ein zweistündiges Feuerwerk an neuen Software-Features gezündet, doch war für viele kein richtiger Knaller dabei. Und dann erfrechte sich der iPhone-Hersteller auch noch, an einer Software-Veranstaltung keine neue Hardware zu präsentieren (*Ironie Off*).

Mittlerweile hat sich der Pulverdampf verzogen. Und mit etwas Abstand zum Ankündigungs-Bombardement ist die Fortsetzung einer langjährigen Strategie zu erkennen.

Das sind die aus meiner Sicht vier wichtigsten Punkte:

Datenschutz: So will sich Apple von der mächtigen Konkurrenz abheben

Ob Google, Facebook oder Microsoft: Apples grösste Konkurrenten stehen im Ruf, mächtige Datenkraken zu sein. Der iPhone-Hersteller versteht es geschickt, sich ein anderes, positiveres Image zu geben. An der Keynote wurde das Datenschutz-Konzept Differential Privacy kurz angesprochen, davon werden wir in Zukunft noch viel hören.

Apple verfolgt keine «Wir verarbeiten alles in der Cloud»-Strategie, sondern setzt eher auf: «Auch wir nutzen die Vorzüge der Cloud, belassen die Nutzerdaten aber auf dem Gerät oder anonymisieren sie vor der Übermittlung.» Dies gilt insbesondere für heikle Datenverarbeitungen, wie etwa die automatische Gesichtserkennung oder finanzielle Transaktionen.

Die Marketing-Botschaft ist klar: Apple setzt seine Manpower dafür ein, ein Plus an Sicherheit und Datenschutz möglichst benutzerfreundlich zu den Kunden zu bringen. «Datenschutz ab Werk», brachte es Mobilgeeks.de auf den Punkt.

Neue Features von iOS 10 und macOS Sierra

1 / 21
Die neuen Funktionen von iOS 10 und macOS Sierra (16.6.2016)
iOS 10 sei das grösste Update, das Apple bisher für sein mobiles Betriebssystem entwickelt hat, sagten Apples Manager auf der diesjährigen Entwicklerkonferenz, der WWDC, in San Francisco. Auf den ersten Blick ist davon – abgesehen von der neuen Home-App – kaum etwas zu bemerken. Die hier abgebildete News-App gibt es in der Schweiz bisher nicht, respektive nur über Umwege.
Auf Facebook teilenAuf X teilen

Dass die Sicherheitsvorkehrungen für alle vier Plattformen verstärkt werden, zeigen auch erste Informationen zum neuen Datei-System APFS (Apple File System). Wer mehr darüber erfahren will, wird bei Macwelt.de und Golem.de fündig.

Apple Watch: Mit mehr Power zum Erfolg

Die Apple Watch, die trotz offensichtlicher Millionenverkäufe von vielen als Flop abgetan wird, ist alles andere als tot. Voraussichtlich im Herbst dürfte die zweite Hardware-Generation auf den Markt kommen: Schneller, mit mehr Speicher und weniger abhängig vom iPhone.

Aber auch die Käufer von Apples erster Smartwatch-Generation konnten an der WWDC gute Nachrichten vernehmen. Dank watchOS 3 gibt es im Herbst einen zweiten Frühling.

Das bringt watchOS 3

Fazit: Die Zahl der sinnvollen «Use Cases» wird beschränkt bleiben, man sollte die Uhr auch nicht mit dem Alleskönner iPhone vergleichen, zumindest vorläufig nicht.

Schon heute erleichtert die Apple Watch mit kleinen, aber praktischen Features den Alltag. Vielversprechende Gebiete sind Gesundheit und Fitness, aber auch das Navigieren sowie alle Tätigkeiten, für die es kein grosses Display braucht. 

Apple Pay: Vom Bezahldienst zur Bank?

Apple weitet den iPhone-Bezahldienst auf weitere Plattformen aus. Weil noch immer die meisten Leute mit dem Computer Online-Shopping betreiben, erscheint logisch, dass Apple Pay für den Mac kommt. Apples sichere und benutzerfreundliche Lösung (Fingerabdruck statt Passwort) kann andere Bezahldienste – allen voran Paypal – in arge Bedrängnis bringen.

Vorläufig geht es für Apple darum, im traditionellen System mit Kreditkarten-Herausgebern und Finanzintermediären Fuss zu fassen. Doch sollten sich Mastercard und Co. und die anderen Finanzinstitute vorsehen. Die Kalifornier haben das nötige Kapital, um eine viel zentralere Rolle zu spielen.

Auch ein neues Ladenkonzept soll Apple-Kunden das positive Gefühl einer «Community» vermitteln

Animiertes GIFGIF abspielen

Apples Geheimwaffe heisst Swift

Apple war in den vergangenen Jahren kommerziell unglaublich erfolgreich. Das hat der US-Konzern nicht nur der eigenen Hardware und Software zu verdanken, sondern auch den tausenden unabhängigen Entwicklern, die mit ihren Apps das Ökosystem iOS bereichern. Seit 2008 ist mit dem App Store eine Multi-Milliarden-Dollar-Branche herangewachsen.

Für die Zukunft wurde an der WWDC klar: Apple will die Entwickler nicht nur mit dem lukrativen Ökosystem, sondern auch mit attraktiven Werkzeugen bei der Stange halten.

An der WWDC 2015 hatte Apple sehr viele Leute mit der Lancierung einer eigenen Programmiersprache überrascht. Swift, das langfristig Objective C ablösen soll, ist seit letztem Dezember ein Open-Source-Projekt und erhält bereits gute Noten.

Eine für Herbst erwartete iPad-App soll Kindern und absoluten Neulingen den Einstieg erleichtern.

Apple ist kein Ankündigungs-Weltmeister. Das Unternehmen informiert erst über neue Produkte, wenn sie marktreif sind oder kurz davor.

Alles gut?

Nein, natürlich nicht. Apple hat nicht nur mit dem neuen, raumschiffartigen Hauptsitz in Cupertino eine grosse Baustelle. Der US-Konzern sieht sich nach Jahren eines (vermutlich) einzigartigen Wachstums mit abflachenden iPhone-Verkäufen konfrontiert. Umso wichtiger wird, die eigene Software und die Online-Dienste rund um die iCloud zu verbessern.

Ausserdem gibt es in Sachen Heim-Automatisierung trotz der nun angekündigten Home-App viel zu tun, um die Kunden von den Vorzügen des Internets der Dinge zu überzeugen.

Schliesslich muss sich der US-Konzern auch unbequemen Fragen zur eigenen Steuermoral stellen und sich im enorm wichtigen, aber schwierigen Absatzmarkt China behaupten, ohne die selbst postulierten Datenschutz-Ideale zu verraten.

Fraglich bleibt, wie Apple TV zum zukünftigen wirtschaftlichen Erfolg des 40-jährigen Unternehmens beitragen wird. Im TV-Geschäft hat Apple mit widerspenstigen Playern und abgeschirmten nationalen Märkten zu kämpfen.

Festzuhalten gilt: Apple ist kein Ankündigungs-Weltmeister. Die Kalifornier informieren bewusst erst über neue Produkte, wenn diese marktreif sind oder kurz davor stehen. Auch darin unterscheidet man sich von der Konkurrenz. Wie heisst es doch so schön auf Berndeutsch: «Liefere statt Lafere.»

Das bringt tvOS 10

Disclaimer: watson-Redaktor Daniel Schurter weilte auf Einladung von Apple in San Francisco, zusammen mit einem Vertreter des «Tages-Anzeigers» und der NZZ. Der US-Konzern bezahlte auch die Übernachtung und Verpflegung von Hunderten Medienschaffenden aus aller Welt.

Hol dir jetzt die beste News-App der Schweiz!

  • watson: 4,5 von 5 Sternchen im App-Store ☺
  • Tages-Anzeiger: 3,5 von 5 Sternchen
  • Blick: 3 von 5 Sternchen
  • 20 Minuten: 3 von 5 Sternchen

Du willst nur das Beste? Voilà:

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
18 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Zeit_Genosse
18.06.2016 13:27registriert Februar 2014
Apple versucht sich aus der Hardware-Innovations-Falle zu befreien und macht das überlegt und unaufgeregt. Sich die Führerschaft punkto Sicherheit und Datenschutz anzueignen kann gelingen, ist man nämlich nicht von Werbung (und Datenprofilen) abhängig, weil man ein eigenes Soft-/Hardware-Universum für gut Zahlende bietet. Apple kann so die Hardware teurer verkaufen als die reine Hardware-Konkurrenz, weil sie ein funktionierendes Mehrwertsystem anbietet. Nebst dem quantitativen Wachstum geht es um die Vertiefung der Kundenbeziehung. Man benutzt nicht nur ein iPhone, sondern ist Apple-Kunde.
9719
Melden
Zum Kommentar
avatar
Moginie
18.06.2016 14:45registriert August 2015
"*Ironie Off*" im ersten Abschnitt... (ohne nun überhaupt auf den Inhalt des Artikels eingehen zu wollen): Ist es nicht jämmerlich, wenn man jedes Mal darauf hinweisen muss, wie man es nun gemeint hat. Ich denke, eine klare Ausdrucksweise alleine müsste doch genügen. Oder wie schätzt ihr eure Leser ein?
3833
Melden
Zum Kommentar
18
Fedpol-Chefin warnt: Verbrecher-Chats können nicht zeitnah ausgewertet werden
Nachdem der Messenger-Dienst Sky ECC, ein «WhatsApp für Verbrecher», von Ermittlern gehackt wurde, liegen sehr viele Daten zur Auswertung vor. Ein Rennen gegen die Zeit.

Dank des im Jahr 2021 von Europol geknackten verschlüsselten Kommunikationsdienstes für Kriminelle Sky ECC laufen in der Schweiz zurzeit rund 60 Ermittlungen. «Es geht um Kokain, Cannabis, synthetische Drogen und Waffen», sagt Fedpol-Chefin Nicoletta della Valle.

Zur Story