Eismeister Zaugg

Wahre Arroganz, ein irregulärer Check und eine verhängnisvolle Tigers-Affäre

Langnau's Antti Erkinjuntti, Mitte, geht verletzt vom Feld direkt in die Garderobe, waehrend dem Eishockey-Meisterschaftsspiel der National League zwischen dem SC Bern und den SCL Tigers am Samst ...
Langnaus Topskorer Antti Erkinjuntti muss nach einem harten Check verletzt in die Kabine gebracht werden. Bild: KEYSTONE
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Wahre Arroganz, ein irregulärer Check und eine verhängnisvolle Tigers-Affäre

Ein tapferes Langnau verliert in Bern das Spiel in der Verlängerung (2:3) und seinen Topskorer. Es ist die fünfte Niederlage in Serie. Dabei spielt der Verlust von Ville Koistinen eine wichtige Rolle. Es steckt eine Frau dahinter. 
07.01.2018, 06:2608.01.2018, 10:37
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Es ist sozusagen «the Clash of the Titans». Nach exakt 19:41 Minuten erwischt SCB-Topskorer Mark Arcobello Langnaus Topskorer Antti Erkinjuntti mit einem fürchterlichen Check. Der Langnauer wird an der Schulter verletzt und verschwindet in der Kabine wie ein flügellahmer Adler. Das Derby ist für ihn zu Ende.

Der Check von Arcobello gegen Erkinjuntti. Video: streamable

Der SCB-Leitwolf wird unter die Dusche geschickt. Gross ist die Empörung in der grössten Arena Europas. Doch der Entscheid der Schiedsrichter ist hundertprozentig korrekt. Antti Erkinjuntti war nicht im Besitze der Scheibe. Regel 150, Abschnitt V, sagt: 

«Ein Spieler, der einen Gegenspieler checkt, welcher nicht im Puckbesitz ist, erhält eine kleine Strafe wegen Behinderung.»

Kommt es dabei zu einer Verletzung des gefoulten Spielers, ist ein Restausschluss zwingend (Regel 150, Abschnitt VII). Selbst SCB-Sportchef Alex Chatelain bestätigte, der Entscheid der Schiedsrichter sei richtig. Diese Regel ist geschafften worden, um Spieler in einer Situation zu schützen, in der sie keinen Check erwarten und auch nicht erwarten müssen.

Arcobello und Stalberg zumindest heute gesperrt
Der Kanadier Mark Arcobello vom SC Bern und der Schwede Victor Stalberg vom EV Zug wurden für die Meisterschaftsspiele SCL Tigers - Bern und Davos - Zug vom Sonntag vorsorglich gesperrt. Gegen beide wurde ein Verfahren eröffnet.

Arcobello kassierte am Samstag für eine Behinderung gegen Langnaus Finnen Antti Erkinjuntti, bei der sich Erkinjuntti an der Schulter verletzte, eine Fünfminutenstrafe. Stalberg versetzte die Spielregel 116 (Schlag/Stoss gegen den Schiedsrichter), durfte die samstägliche Partie aber zu Ende spielen. (sda)

Zu diesem Zeitpunkt steht es 1:1. Die Fünfminutenstrafe eröffnet den Langnauern die Chance, das Spiel zu gewinnen. Oder zumindest, die Grundlagen für den Sieg zu erarbeiten. Sie scheitern kläglich. Sie erzielen kein Tor und verringern ihre Chancen zusätzlich mit einer kleinen Strafe.

Die Highlights der Partie.Video: YouTube/MySports

Langnau fehlt der «Quarterback»

Womit wir eine ziemlich gute Erklärung dafür haben, warum der Aussenseiter nicht dazu in der Lage war eine goldene Gelegenheit zu nützen. Die Langnauer haben mit Antti Erkinjuntti nicht nur ihren besten Powerplay-Skorer nicht mehr zur Verfügung.

Ebenso verhängnisvoll: Nach dem Abgang von Ville Koistinen fehlt ihnen auch ein Verteidigungsminister und ein «Quarterback». Also ein Spielmacher an der blauen Linie. Und deshalb ist es Zeit, uns noch einmal kurz mit dem charismatischen finnischen Verteidiger zu befassen.

Ville Koistinen war einer der wichtigsten Spieler der SCL Tigers. Ein Verteidigungsminister im besten Wortsinne. Eine zentrale Figur bei der sportlichen Stabilisierung der SCL Tigers nach dem Wiederaufstieg in die höchste Liga, eine zentrale Figur im Powerplay.

ARCHIV - VILLE KOISTINEN VERLAESST TIGERS - Tigers Ville Koistinen jubelt, waehrend dem Meisterschaftsspiel der National League zwischen den SCL Tigers und dem Lausanne HC, am Samstag, 2.Dezember 2017 ...
Ville Koistinen hat die SCL Tigers verlassen. Aus einem einfachen Grund.  Bild: KEYSTONE

Wenn Ville Koistinen sein bestes Hockey spielte – und das war in letzter Zeit immer weniger der Fall – war er der wichtigste Feldspieler der SCL Tigers und einer der besten der Liga. Diese subjektive Einschätzung des Chronisten lässt sich mit objektiven Zahlen belegen: Kein anderer Langnauer hatte so viel Eiszeit pro Spiel (23:30 Minuten). Der Finne war auch der produktivste Verteidiger der Langnauer und in der Skorerliste der Abwehrspieler stand er ligaweit auf dem 8. Platz. Zudem war er im Powerplay der punktbeste Verteidiger seines Teams.

Nun hat Ville Koistinen die SCL Tiger buchstäblich von einem Tag auf den anderen verlassen. Der Vertrag ist per Saldo aller Ansprüche subito aufgelöst worden. In der offiziellen Mitteilung der SCL Tigers heisst es, aus «persönlichen Gründen». Das ist juristisch korrekt, lässt aber zu viele Fragen offen. Und ein unergründliches Schicksal hat ja dem Chronisten die Pflicht auferlegt, nach bestem Wissen und Gewissen die Hockey-Welt zu erklären. Dann obliegt es ihm auch, den «Fall Koistinen» zu erklären.

Diese Fragen bleiben offen

Offene Fragen produzieren Gerüchte und Gerüchte schaden einem Sportler. Es gibt viele offene Fragen.

  • Hat sich Ville Koistinen mit dem gestrengen taktischen Zuchtmeister Heinz Ehlers überworfen? Solche Gerüchte vermindert den Marktwert. Spieler, die keinen Weg finden, um mit dem Chef klarzukommen, sind nicht beliebt.
  • Hat er sich irgendetwas im Umgang mit seinen Spielkameraden zu Schulden kommen lassen? Solche Gerüchte berühren die persönliche Integrität eines Spielers.
  • Rennt er dem grossen Geld nach und hat deshalb Langnau einfach im Stich gelassen? Solche Gerüchte stellen den Charakter eines Spielers in Frage.
  • Ist er am Ende gar verletzungsanfällig und auf absehbare Zeit nicht mehr dazu in der Lage, eine dominierende Rolle zu spielen? Solche Gerüchte ruinieren eine Karriere.

Alle diese Gerüchte sind hundertprozentig falsch. Aber eben: Gerüchten sind im «Fall Koistinen» Tür und Tor geöffnet. Deshalb sollten wir eine Antwort auf die Frage liefern, warum Langnaus wichtigster Einzelspieler die Kabine von einem Tag auf den anderen verlassen hat. Das sind wir Ville Koistinen, einem Sportskameraden ohne Fehl und Tadel, schuldig. Zumal sein Abgang ja auch die Meisterschaft beeinflusst. Die SCL Tigers ohne einen Ville Koistinen, der sein bestes Hockey spielt, sind nicht mehr die SCL Tigers, die vorübergehend die Liga dominiert und sich über den Strich gearbeitet hatten.

Es steckt eine Frau dahinter

Die Antwort liefert uns eine ins Deutsche übernommene französische Redewendung: «Cherchez la femme». Was so viel heisst: Da steckt eine Frau dahinter. Dieser weise Spruch wird einem französischen Kriminalkommissar zugeschrieben, der davon ausging, dass hinter jedem Fall auf irgendeine Art und Weise eine Frau steckte – es sei denn, das Gegenteil konnte hieb und stichfest bewiesen werden.

Familienvater Ville Koistinens überstürzte Vertragsauflösung mit den SCL Tigers hat einen einfachen Grund: Er hatte im Emmental eine Affäre. 

Familienvater Ville Koistinens überstürzte Vertragsauflösung mit den SCL Tigers hat einen einfachen Grund: Er hatte im Emmental eine Affäre. Nun versucht er Ehe und Familie zu retten. Er hat den Ort der Versuchung sofort verlassen. Das ist der Grund für den französischen Abschied des Hockeystars. Ab sofort spielt er bei Ingolstadt in der Deutschen Operettenliga DEL. Es ist aus sportlicher Sicht für Langnau eine verhängnisvolle Affäre.

Tigers Head Coach Heinz Ehlers waehrend dem Meisterschaftsspiel der National League zwischen den SCL Tigers und dem Lausanne HC, am Samstag, 18. November 2017 in der Ilfishalle in Langnau. (KEYSTONE/M ...
Langnau-Coach Heinz Ehler. Bild: KEYSTONE

Die Langnauer kamen in der Schlussphase der regulären Spielzeit mit Mut, Intensität und Wucht dem Siegestreffer ganz nahe. Sie zelebrierten in den letzten zehn Minuten ihr bestes Hockey. Powerhockey. Aber sie vermochten die Arroganz des Meisters nicht zu bestrafen. Es fehlte eine Prise spielerischer Klasse und es fehlten spielerische Leitwölfe wie Ville Koistinen und Antti Erkinjuntti.

Jubel des SC Bern nach dem 3:2 Sieg bei dem Eishockey-Meisterschaftsspiel der National League zwischen dem SC Bern und den SCL Tigers am Samstag, den 6. Januar 2018 in der Postfinance Arena in Bern. ( ...
Der SCB gewinnt weiter mit der Arroganz eines Meisters.Bild: KEYSTONE

Arroganter Meister? Ja, der SCB spielte mit der Arroganz eines unantastbaren Tabellenführers. Aber es ist eben wahre Arroganz: der SCB kann sich diese Arroganz, diese Überheblichkeit im Januar in einem Qualifikationsspiel gegen die SCL Tigers leisten. Weil die Basis dieser Arroganz eine spielerische Substanz ist, die in der Regel (nicht immer, aber meistens) den Sieg in einer Partie gegen einen Aussenseiter doch noch bringt. Spätestens in der Verlängerung, wenn sich beim Spiel drei gegen drei so viel Platz ist, dass sich wahres Talent entfaltet und durchsetzt.

Die SCL Tigers haben in Bern die fünfte Niederlage in Serie erlitten. Krise. Nur einmal in dieser Saison haben sie so oft hintereinander das Eis als Verlierer verlassen. Sie hatten die ersten fünf Partien verloren.

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quelle: keystone / fabrice coffrini
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38 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Scrj1945
07.01.2018 10:12registriert März 2016
Ist es den bewiesen, dass mit der affäre? Oder philopsophiert klaus da was zusammen
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Todd E.
07.01.2018 11:59registriert September 2015
Chlöisu hat zu 100% recht mit seinem Artikel ! Das pfeiffen im Emmental schon die Spatzen von den Dächern. Hier hat er für einmal nichts erfunden... c‘est la vie
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Lümmel
07.01.2018 10:07registriert Mai 2016
KZ Artikel könnte man bald als Drehbuch für die neuste Staffel der Lindenstrasse nutzen.
Bitte mehr von KZ's Hockeyfachwissen als von Seifenoperngerüchten.
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