Pierce Brosnan blickt mit gemischten Gefühlen auf seine Karriere als Geheimagent James Bond 007 zurück. In einem Interview mit der britischen «Daily Telegraph», erzählt er davon, wie er die alten Filme heute kaum noch aushält:
«Ich habe null Bock, mir als James Bond zuzusehen. Es ist einfach nie wirklich gut genug. Es ist ein grauenhaftes Gefühl.»
Er lacht. Immerhin. Aber er meint es ernst:
«Ich fühlte mich in einer Art Raum-Zeit-Falle zwischen Roger [Moore] und Sean [Connery] gefangen. Die Rolle war für mich sehr schwierig zu fassen. Die Gewalt war nie sehr real, die brutale Kraft der Figur nie ganz fühlbar. Es war alles ziemlich zahm [...] Aber vielleicht hatte das auch wieder mit meinen eigenen Unsicherheiten dabei zu tun.»
Vielleicht, vielleicht denkt er mit Schaudern an die wohl absurdeste Bond-Szene aller Zeiten zurück: Surfen auf einem Polarmeer-Tsunami. Jap, das war Brosnan.
Nun, es ist durchwegs sympathisch, dass der irische Mime kritisch auf sein Schaffen zurückblickt und dabei Grösse zeigt, und zugibt, dass er seine eigenen Erwartungen nicht erfüllte.
Von allen Männern, die 007 spielen durften, ist Sean Connery der Favorit. Logo. Dies allerdings nicht nur weil Connery zweifelsfrei grossartiges Charisma hatte, sondern auch weil er als Ur-Bond halt den Originalversions-Bonus hat. Und auch Daniel Craig, unser aktueller Meisterspion, gefällt. Er bringt die notwendige Mischung von Souveränität und Charakterschwäche, von Härte und Charme.
Aber zurück zu Pierce Brosnan, der treue Pierce, der bereits die Rolle angeboten bekam, als Roger Moore zurücktrat, sie aber nicht annehmen konnte wegen den Vertragsbedingungen seiner TV-Serie «Remington Steele». Es stimmt durchaus, dass er «irgendwo zwischen Roger und Sean» war: Er hatte die Glaubwürdigkeit Connerys aber auch den Schalk Moores. Und vor allem: Er war für seine Ära die richtige Besetzung. Jawohl, eigentlich war Brosnan ein toller Bond.
«Goldeneye», der erste Brosnan-Bond, war ein grandioser Streifen. Viel stand auf dem Spiel. Der letzte Film lag bereits sechs Jahre zurück: «Licence to Kill», der zweite der ungeliebten Timothy-Dalton-Bonds. War 007 noch zeitgemäss? Oder war es Zeit, diese Schöpfung Ian Flemings aus den Fünfzigerjahren sterben zu lassen?
«Goldeneye» machte alles richtig. Regisseur Martin Campbell und sein Drehbuch-Team bespielten gekonnt die Klaviatur des Zeitgeists: den Zerfall des Soviet-Imperiums, die Orientierungslosigkeit der westlichen Machtstrukturen nach dem Ende des kalten Krieges. Man setzte 007 mit Judi Dench eine taffe Geheimdienstchefin vor die Nase und entlarvte die Obsoleszenz des Bond-Machismos.
Doch Brosnan stand seinen Mann, bewies, dass Bond dazulernen konnte, dass ein Frauenverführer nicht frauenfeindlich sein musste, dass man ihn letztendlich mochte, trotz seiner draufgängerischer Rücksichtslosigkeit.
Es waren die Neunziger und Retro war wieder sexy. Bond machte es genau richtig und holte seinen Aston Martin DB5 wieder aus der Garage. Und zwar nicht nur als Requisit, sondern mit Pauken und Trompeten – beziehungsweise mit einer Verfolgungsjagd.
Apropos Verfolgungsjagd: Eine der besten stammt ebenfalls aus «Goldeneye» – nur war Brosnan im Panzer unterwegs. Legendär.
Brosnan hatte auch eine Reihe grossartiger Bond-Girls. Halle Berry, etwa, ...
... oder Isabella Scorupco, ...
... oder Sophie Marceau (die sich seit «La Boum» ziemlich gemacht hatte) ...
... oder das vielleicht beste Bondgirl aller Zeiten: Famke Janssen als Xenia Onatopp. Boah.
Brosnan war der erste Bond, den man so zeigen durfte:
Dem Erfolg der Brosnan-Filme ist es zu verdanken, dass nach Jahren der BMW-Tristesse, James Bond ab «Die Another Day» wieder Aston Martin fahren durfte.
Und die Eröffnungsszene von «Goldeneye»? Wer mag sich erinnern? Der Staudamm im Schweizer Verzasca-Tal, wo man beim Filmdreh gleich noch den Rekord für den höchsten Bungee-Sprung brach: Wahrlich kein schlechter Einstand!
Kommen Sie schon, Herr Brosnan, das soll kein toller Bond gewesen sein?