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Nach diesem Artikel werden Sie Filmplakate mit völlig anderen Augen sehen

Drama mit sozialkritischem Inhalt? Dann braucht es eine Nahaufnahme, bei der die Augen mit dem Titel verdeckt werden! 
Drama mit sozialkritischem Inhalt? Dann braucht es eine Nahaufnahme, bei der die Augen mit dem Titel verdeckt werden! Bild: Christophe Courtois
Internationale und Schweizer Poster

Nach diesem Artikel werden Sie Filmplakate mit völlig anderen Augen sehen

01.07.2014, 07:0309.07.2014, 10:53
Oliver Baroni
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Sind Sie ein junger ambitionierter Grafiker? Dann empfiehlt es sich, einen grossen Bogen um die entsprechende Abteilung eines Filmstudios zu machen: Augenscheinlich kann man seiner Kreativität nirgendwo sonst derart wenig Lauf lassen.

Eigentlich gibt es nur eine knappe Handvoll origineller Filmposter – und die werden dann in alle Ewigkeit recycelt. 

Bestimmt kennen Sie das bereits. Zumindest unbewusst. Superhelden-Filmplakate sehen zum Beispiel immer wie folgt aus:

Der Held oder die Heldin steht vor dramatischer Wetterkulisse auf einer Dachkante über einer Stadt. Will heissen: Ein epischer Kampf zwischen Gut und Böse steht an!

Der französische Blogger Christophe Courtois hat hunderte Filmposters untersucht und sie nach Grafik-Genres unterteilt. Er illustriert, dass «einsamer Kämpfer» offenbar zwingend bedeutet, dass die Hauptfigur von hinten dargestellt ist:

Bei der Situation «Powerfrau in der Hauptrolle» muss die Dame offenbar zwangsläufig von hinten über die Schulter blickend gezeigt werden.

Ts, ts, ts: Wer den Körper einer Frau mehr betonen will, lässt den Kopf (auf einem Hals) kurzerhand einfach weg und zeigt eben nur noch den Körper.

Gilt auch für die Schweiz:

Klare Geschlechterrollen in Hollywood: «Schwarz-Weiss-Foto mit orange-rotem Flammenelement» steht zwingend für einen männlichen Actionfilm:

Hier die Gattung «grosser Schriftsatz über Foto» ...

Das gab's auch schon hierzulande.

Tom Cruise? Unbedingt im Profil!

Tiere + viel Blau = Natur-Dok-Film ...

... was ebenfalls für die Variante «Spielfilm über Tiere» gilt:

Genrewechsel! Hier das Modell «Hauptakteure stehen Rücken an Rücken» – sehr beliebt bei Rom Coms (romantic comedies) und bei Buddy-Movies:

Ebenfalls beliebt: die Parkbank.

Und: Ein Mann sieht rot. Bei einer Hauptdarstellerin. 

In der Spiegelung der Sonnenbrille findet die Handlung statt:

Das Auge, das Tor zur Seele. Oder so.

So richtig, richtig rote Lippen – das zieht immer!

«Grosse Gefühle, ergreifende Schicksale»? Dann bitte «grosse Köpfe über klitzekleinen Menschen»!

In der Schweizer Version wurden die kleinen Menschen durch Swiss-Flugzeuge ersetzt, das Prinzip bleibt aber dasselbe.

Wie wär's damit, ein Gesicht mal anders darzustellen?

Ha! Auch das gibt es in der hiesigen Filmszene!

Der erfolgreichste nationale Film aller Zeiten, «Die Schweizermacher» mit dem schönen roten Pass, ...

... steht in einer Filmposter-Tradition:

Die Variante knallgelb.

Jemand rennt um sein Leben  – mit Blaustich: Action-Thriller sind angesagt!

Blick durch Frauenbeine gefällig? Dieser alte Kalauer!

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8 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Simon Tanner
24.11.2014 02:00registriert November 2014
Also... Noch viel viel schlimmer sind ja Wahlplakate von Politikern! Zudem möchte ich diese gar nicht sehen auf der Strasse wo die mich vom Verkehr ablenken und andere interessantere Dinge wie Hydranten oder Laternenpfähle überdecken!
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Christian Wolf
01.07.2014 08:03registriert Januar 2014
Die Zusammenstellung sieht toll aus und man kann sich ein Lächeln nicht verkneifen. Trotzdem sollte hier erwähnt sein, dass die Filmbranche eine riesige Marketingmaschinerie ist und ein Plakat hat noch weniger "Zeit", einen Zuschauer zu überzeugen. Nicht nur dass: Man muss sofort Genre erkennen und anhand dieser Plakat-"Philosophie" ist dies möglich.
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