Homosexualität und Fussball – nicht erst seit dem Outing des ehemaligen deutschen Nationalspielers Thomas Hitzlsperger sorgt dieses Thema für Diskussionsstoff. Im Rahmen seiner aktuellen Fussball-Ausstellung hat das Historische Museum in Basel einen Filmabend dazu veranstaltet. Vor zahlreichen Interessierten trat auch Philipp Grünenfelder auf, Präsident von Queerpass, dem Fanclub für schwule, lesbische, bi- und heterosexuelle FC-Basel-Fans. Im Interview äussert er sich zur Situation in der Schweiz.
Warum sind Fussball und Homophobie so verbunden?
Philipp Grünenfelder: Das hat wohl mehrere Gründe. Im Fussball geht es noch oft um ein zugespitztes, fast irreales Bild von Männlichkeit. Darin hat vermeintlich Weibliches, Schwaches kaum Platz. Deshalb fallen auch Sprüche wie «Spiel nicht wie ein Mädchen!», oder «Was für ein schwuler Pass». Das mag nicht immer schwulenfeindlich gemeint sein, löst bei Betroffenen aber trotzdem ungute Gefühle aus.
Ist das Stadion die letzte Bastion der Homophobie?
Man kann nicht sagen, nur noch der Fussball habe ein Problem mit Homosexualität. Es gibt genug andere Lebensbereiche, die das Thema auch noch mehr tabuisieren als die Gesamtgesellschaft. Zudem ist nie ein ganzes Stadion intolerant. So vielfältig das Fansein zelebriert wird, so unterschiedlich sind die Haltungen gegenüber Schwulen. Das heisst aber nicht, dass es nicht genug Verbesserungspotenzial gebe, gerade im Breitensport. Aber als Fan ist es mir beispielsweise völlig egal, ob ein Spieler schwul ist.
Dennoch outet sich kein Profi-Spieler.
Noch nicht, doch das Coming-out von Thomas Hitzlsperger nach seiner Karriere hat etwas bewegt. Es wird breiter und gerade auch unter Fussballern darüber gesprochen. Auch die Medienpräsenz ist gestiegen. Damit Homophobie irgendwann aus dem Fussball verbannt wird, muss man aber vor allem an der Basis arbeiten, den Jugendlichen alltägliche Vorbilder bieten.
Warum nimmt in der Schweiz niemand diese Vorbildfunktion ein?
Die Anforderungen an einen offen schwul lebenden Profi-Spieler wären hoch, der Fokus der Öffentlichkeit enorm. Wer will sich das antun?! Für eine positive Debatte wäre es zudem sicher förderlicher, wenn er ein bereits heute akzeptierter Typ und keine Hassfigur wäre. Und welcher aktive Spieler ist das schon? (lacht)
Ist die Schweiz also noch nicht bereit für den ersten schwulen Profi-Fussballer?
Doch, ich denke, die Schweiz wäre sehr wohl bereit. Die Medien und der Grossteil der Bevölkerung und Fussballwelt würden diese Person wohl gut aufnehmen. Dennoch bin ich überzeugt, dass sich – wie in Deutschland – zuerst ein Ehemaliger outet. Der Rummel und Druck, der auf einen aktiven Spieler zukommen würde, wäre wohl einfach zu gross.