Hol dir jetzt die beste News-App der Schweiz!
- watson: 4,5 von 5 Sternchen im App-Store ☺
- Tages-Anzeiger: 3,5 von 5 Sternchen
- Blick: 3 von 5 Sternchen
- 20 Minuten: 3 von 5 Sternchen
Du willst nur das Beste? Voilà:
Als Kind haben wir mit He-Man-, Turtles-Actionfiguren oder von mir aus auch mit Barbies gespielt. Dann wurden wir älter und haben die Dinger verschenkt, verkauft oder vergessen.
Heute sieht man jedoch plötzlich erwachsene Menschen wieder mit Plastikspielzeug spielen. Allerdings nicht mit den mittlerweile Vintage-Figuren aus der Kindheit, sondern mit gänzlich neuen Produkten. Der Clou an ihnen ist, dass sie durch eingebaute Chips in Games importiert werden können. Dadurch erhält man je nach Spiel neue Charaktere, Levels oder Outfits. «Toys to Live» ist der handliche Überbegriff mit dem Activision, Disney, Nintendo und Lego ihre Figuren bezeichnen.
Die Hersteller verkaufen ihre Produkte millionenfach. Pionier Activision hat bereits die 250-Millionen-Marke geknackt und Nintendo darf sich über stolze 21 Millionen verkaufte Figuren freuen – nach nur einem Jahr. Wer jetzt denkt, dass Kinder das nahe liegende Zielpublikum sind, der irrt. Ein Grossteil der Erwachsenen kauft das Spielzeug nicht für den Nachwuchs, sondern für sich selbst. Und zwar nicht eine Figur, sondern gleich 10 oder zwanzig oder noch besser alle! Die Schweizer Nintendo-Fans Ricky (24) und Nico (26) gehören zur letzten Kategorie. Sie haben sich den Amiibos verschrieben. «Ich besitze alle. Einmal originalverpackt und einmal, um damit zu spielen», sagt Nico, bei dem sich die über 100 Figuren von Super Mario bis Pikachu bereits stapeln. Echte Sammler nehmen die Figuren gar nicht erst aus der Verpackung. Damit bleiben sie im sogenannten Mint-Zustand. Der bestmögliche Zustand für ein Sammelobjekt und in der Regel der wertvollste.
Ricky ist nicht ganz so angefressen wie Nico, aber ebenfalls von der ersten Stunde mit dabei. «Nintendo hat es natürlich geschickt gemacht und die Veröffentlichung mit dem Start von ‹Super Smash Bros.› kombiniert. Da war die Motivation für mich, wie wenn ich ein Tamagotchi trainieren könnte.» Amiibos können in «Super Smash Bros.» aufgelevelt werden, um sie anschliessend gegen andere in den Ring zu schicken.
Ricky hat sich schliesslich für ein paar Figuren entschieden und dann noch ein paar und noch ein paar. «Der Anreiz kommt definitiv davon, wie Nintendo die Amiibos vermarket und weil man sie in praktisch allen Nintendo-Spielen benutzen kann. Das treibt die Fans an, alle besitzen zu wollen», ist Ricky überzeugt.
Die Amiibos sind derart heiss begehrt, dass Händlerwebseiten kurz nachdem neue Vorbestellungen starten, umgehend hoffnungslos überlastet sind. Besonders schwer trifft es die Amerikaner, da dort die Nachfrage das Angebot weit übertrifft. «Meistens erhalten nur 20 Prozent der Vorbesteller ihre Ware», erklärt Nico. Das komme zwar auch in der Schweiz vor, allerdings in einem wesentlich geringeren Rahmen. «Ein Media Markt in Basel hat jeden einzelnen Amiibo im Angegebot», bestätigt Ricky, der sich derzeit mit seiner Band Ricky Leroy Brown auf Tour befindet. Ausgenommen davon seien spezielle Versionen wie der goldene Super Mario, der exklusiv in der US-Ladenkette Wall Mart erhältlich war. Für Nico war klar, dass er auch diese Figur haben musste – und zwar am ersten Tag. «Es gibt sogenannte Amiibo-Hunters. Die machen oft Einkäufe im grossen Stil und verkaufen sie dann teurer weiter. Aber das war mir egal, ich hab das auf mich genommen und 110 Franken hingeblättert. Den goldenen Mario in dem Moment so zu bekommen, machte ihn zu einer kleinen Trophäe.»
Die Amiibo-Hunters machen ein Geschäft daraus, zu wissen, wo es neue Amiibos gibt und wann neue Lieferungen reinkommen. «Im Vergleich zu diesen Leuten, kratze ich nicht mal an der Kruste, die sich Hardcore nennt», findet Ricky.
Selbst Kriminellen ist nicht entgangen, dass mit Amiibos viel Geld zu machen ist. Im vergangenen Mai wurde in Grossbritannien ein kompletter Lastwagen mit Figuren für das Spiel «Splatoon» gestohlen. Er befand sich auf dem Weg vom europäischen Nintendo-Lager zum britischen Spielehändler Game.
Nico, der sich fast ausschliesslich der Nintendo-Plattform verschrieben hat, hat sehnsüchtig darauf gewartet, dass Nintendo endlich eigene Figuren herstellt. «Als Gamer findet man Fanartikel sowieso geil und nichts ist besser, als eine offizielle Figur.» Der Hype um die Sammelfiguren ist gigantisch. Es gibt unzählige Videos und Blogs in denen Fans über Amiibos fachsimpeln. Sie diskutieren über die Qualität, wie realistisch die Gesichter sind und welche Figuren wohl als nächstes erscheinen. «Es ist eine eigene Welt. Es gibt sogar Amiibo-Turniere, aber das ist noch mal eine ganz andere Liga», sagt Nico.
Der Erfolg habe auch damit zu tun, dass die Wii U im Vergleich zu den anderen Konsolen extrem viele Hardcore-Fans besitze. «Weil die Wii U keine neuen ‹Call of Dutys› oder ‹Assassin's Creed› im Angebot hat, sind nur die Nintendo-Fans zurückgeblieben», ist Ricky überzeugt. «Sammler und Gamer sind die perfekten Zielgruppe für Amiibo.» Und die Faszination von Nintendo ist auch 30 Jahre nach Erscheinen des NES ungebrochen. «Nintendo hat die Game-Industrie zu dem gemacht, was sie heute ist. Alles führt darauf zurück, was Nintendo in den 90ern für die Branche getan hat», sagt Nico. Als die Branche nach dem Videogame-Crash Mitte der Achtzigerjahre kurz vor dem Exitus stand, setzten die Japaner mit dem NES praktisch eigenhändig zur Rettung an. Seither hat das Unternehmen nichts von seiner Faszination verloren, was den Erfolg für die Amiibos ebnete. «Microsoft, Sony und Co. sind gleichzeitig Elektronikhersteller. Nintendo war und bleibt in erster Linie ein Spielzeughersteller. Die anderen Konsolen kauft man wegen der Faszination fürs Technische, Nintendo wegen der Faszination fürs Spielzeug», findet Nico.