Gesellschaft & Politik
Kobane

Die Wahrheit hinter dem Foto mit der IS-Flagge

Eigenartige Perspektive

Die Wahrheit hinter dem Foto mit der IS-Flagge

09.10.2014, 13:0709.10.2014, 15:39
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Sorgte für Diskussionen um die Echtheit von Bildern aus Kriegsgebieten in Zeiten der Digitalfotografie – Bild von IS-Kämpfern auf einem Hügel ausserhalb Kobanes (6. Oktober 2014).
Sorgte für Diskussionen um die Echtheit von Bildern aus Kriegsgebieten in Zeiten der Digitalfotografie – Bild von IS-Kämpfern auf einem Hügel ausserhalb Kobanes (6. Oktober 2014).Bild: AFP

Das Foto sorgt seit Montag für Furore: IS-Kämpfer stehen auf einem Hügel ausserhalb der umkämpften Stadt Kobane, neben ihnen flattert die zum Symbol für den Terror gewordene schwarze Flagge. Nicht so sehr der Fakt, dass es den Dschihadisten gelungen ist, den strategisch wichtigen Hügel einzunehmen, sondern  vielmehr die Proportionen der IS-Milizionäre löste bei vielen Beobachtern Skepsis aus. 

Die Dschihadisten erscheinen im Vergleich zum Hügel und zu den Autos im Vordergrund viel zu gross, die Ansammlung von Gebäuden am Fuss des Hügels wirft Fragen auf. Zudem sind in der Flanke des Hügels rätselhafte Zeichen sichtbar. 

Wurde das Foto bearbeitet?

Die Frage drängt sich auf, ob das Foto im Nachhinein bearbeitet wurde. Wie die Nachrichtenagentur AFP nun auf ihrer Website schreibt, ist dies nicht der Fall. Aris Messinis, der AFP-Reporter, der die Fotos geschossen hat, erklärt: «Ich habe diese Aufnahme von etwa 500 Meter nördlich der Grenze gemacht. Näher an die Grenze kamen wir wegen den türkischen Sicherheitskräften nicht.» Von seiner Position aus sei der Hügel ungefähr einen Kilometer entfernt gewesen, so Messinis. Der Fotograf benutzte für seine Aufnahmen eine 400mm Telephot-Linse und einen sogenannten foto length multiplier.

Die Linse – die auch von Sportreportern benutzt wird – sorgt dafür, dass die Perspektive auf dem Endprodukt verflacht wird – ein Effekt, der auf dem Bild von Aris Messinis gut erkennbar ist.

Zu den gebäude-artigen Umrissen am Fuss des Hügels sagt Messinis: «Ich bin mir nicht sicher, was es ist. Und ich habe kein Bedürfnis, dorthin zu gehen, um es zu überprüfen.» Es handle sich höchstwahrscheinlich um eine Art Friedhof.  Als er mit seiner Kamera herangezoomt habe, konnte er arabische Schriftzeichen auf den Steinen ausmachen, so Messinis.

Prämierter Kriegsreporter

Auch die rätselhaften Buchstaben an der Hügelflanke lassen sich leicht erklären: Die Lettern ergeben das Wort Newroz, kurdisch für Neujahr. Die Kurden feiern Neujahr am 20. März.

Bilder von anderen Nachrichtenagenturen (etwa AP) zeigten genau dieselben Komponenten wie dasjenige von Messinis, so AFP. Ein weiterer Nachweis für die Echtheit des Bildes.

Aris Messinis ist ein Fotojournalist aus Griechenland. Er ist bekannt für Fotos aus Konfliktgebieten. 2013 wurde ihm für ein in Sirte aufgenommenes Bild der Bayeux-Calvados Award für Kriegskorrespondenten verliehen. (wst)

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