Bei einem Raketenangriff auf die südostukrainische Hafenstadt Mariupol sind am Samstag mindestens 20 Menschen getötet worden. Nach Angaben des Kiew-treuen Polizeichefs der Region Donezk, Wjatscheslaw Abroskin, wurden 86 weitere Menschen verletzt, als die Raketen in einem Wohnviertel einschlugen.
Die prorussischen Separatisten haben sich zu dem Raketenangriff auf die südostukrainische Hafenstadt Mariupol bekannt. Der «Präsident» der selbstproklamierten Volksrepublik Donezk, Alexander Sachartschenko, sagte der Nachrichtenagentur RIA Nowosti am Samstag, dies sei der Beginn einer Offensive auf die strategisch wichtige Hafenstadt.
Nach Angaben der Stadtverwaltung von Mariupol schlugen die Raketen auf einem Markt in einem dicht besiedelten Wohnviertel ein. Mehrere Häuser und Autos seien in Flammen aufgegangen. Fotos auf lokalen Nachrichtenseiten im Internet zeigten Flammen und graue Rauchschwaden über Wohnhäusern.
Der Sekretär des nationalen Sicherheitsrates in Kiew, Alexander Turtschinow, erklärte, der russische Präsident Wladimir Putin sei für den Angriff «persönlich verantwortlich».
Die Separatisten wiesen die Anschuldigungen zurück. Ihre Kämpfer hätten Mariupol nicht beschossen und schon gar keine Wohnviertel, berichtete die Nachrichtenagentur der selbstproklamierten Volksrepublik Donezk unter Berufung auf einen «Militärvertreter» der Separatisten. Er sprach stattdessen von einer «Provokation» ukrainischer Sicherheitskräfte.
Mariupol ist die letzte grössere Stadt in der Region, die unter ukrainischer Kontrolle steht. Die Hafenstadt am Asowschen Meer mit knapp 500'000 Einwohnern ist strategisch wichtig, weil sie zwischen den von den Rebellen kontrollierten Gebieten in der Ostukraine und der von Russland annektierten Halbinsel Krim liegt. Zuletzt war die Stadt von Kämpfen weitgehend verschont geblieben.
Die Rebellen in der Ostukraine hatten am Freitag eine neue Grossoffensive angekündigt. «Wir werden eine Offensive in der gesamten Region starten», zitierten russische Nachrichtenagenturen den «Präsidenten» der Volksrepublik Donezk, Alexander Sachartschenko. Gespräche über eine Waffenruhe werde er vorerst nicht mehr führen.
Die Ukraine, Russland und die prorussischen Rebellen hatten im September in Minsk einen Waffenstillstand vereinbart, der allerdings nie umgesetzt wurde. Zuletzt hatte es wieder besonders heftige Kämpfe gegeben.
Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) schickte nach eigenen Informationen Beobachter zur Überprüfung des Vorfalls nach Mariupol. Die OSZE forderte ein sofortiges Ende der Kämpfe in Wohngegenden sowie den Abzug schwerer Waffen, der in Minsk vereinbart worden war.
Die Europäische Union hat Russland erneut dazu aufgefordert, mehr für eine Beilegung der Ukraine-Krise zu tun. Moskau müsse «seiner Verantwortung gerecht werden», erklärte die EU-Aussenbeauftragte Federica Mogherini am Freitagabend. «Die Zeit rennt davon in der Ostukraine.» (sda/afp/dpa)