Geben Sie es zu, auch Sie träumen hin und wieder schlanker, schlauer oder wohlhabender zu sein. Stellen sich vor, ein schickes Kleid oder einen eleganten Anzug zu tragen, ohne sich ständig Sorgen um ihre Fettpölsterchen machen zu müssen. Wie Sie in Gesprächen mit Freunden und Bekannten mit allerlei Wissen auftrumpfen oder fantasieren, wie Sie auf einer Jacht übers Mittelmeer schippern.
Jeder von uns hat Träume und Ziele. Grosse Lebenswünsche und kleine Alltagsziele. Und wir lieben es, sie uns richtig schön auszumalen und uns in ihnen zu verlieren. Wenn wir uns zurücklehnen, auf Standby schalten und uns alles bildhaft vorstellen, schieben wir den Alltag und die möglichen einhergehenden Probleme ganz weit weg. Mit den Hürden wollen wir uns gar nicht beschäftigen. Sie sind zu negativ. In unserer Gesellschaft gilt der allgemeine Konsens: Wenn wir uns nur oft genug ausmalen, dass unsere tiefsten Wünsche wahr werden, dann hilft uns das dabei, sie tatsächlich wahr werden zu lassen. Und wenn wir vor einem Problem stehen, raten wir uns gegenseitig: Positiv denken! Sei optimistisch!
Unsinn. Zeitvergeudung. Selbstbetrug. So sieht Gabriele Oettingen die gängige «Denk-positiv-Manie». «Träumer sind in den seltensten Fällen diejenigen, die wirklich handeln werden, um ihre Wünsche zu erfüllen», sagt die Verhaltenspsychologin, die an den Unis New York und Hamburg forscht und lehrt. In ihrem neuen Buch «Die Psychologie des Gelingens» rechnet sie mit den ewigen Optimisten ab und erklärt, warum positives Denken nicht das Allheilmittel ist.
Sie muss es wissen. Schliesslich hat sie etliche Jahre in den USA gelebt, dem Land der Optimisten. Laut Oettingen wird uns der Optimismus ständig und überall vorgelebt. Unsere Gesellschaft lässt kaum negative Gedanken zu. Wir wurden erzogen, negative Gedanken für uns zu behalten, damit wir andere Leute damit nicht belasten.
Oettingen geht sogar noch einen Schritt weiter: Die «Ich-erreiche-alles-wenn-ich-es-mir-nur-lange-genug-wünsche»-Einstellung schade mehr als sie nütze. In ihrer zwanzigjährigen Forschungsarbeit zum Thema Selbstmotivation hat die Professorin nachgewiesen, dass positive Fantasien vor allem eines tun: Unsere Energie rauben.
In zahlreichen Studien – etwa mit übergewichtigen Frauen, die abnehmen wollen oder mit Studenten, die vor einer wichtigen Prüfung stehen – kam sie immer auf dasselbe Ergebnis: Positive Fantasien hindern Menschen daran, ihre Ziele zu erreichen. Sie hemmen ihre Motivation und ihr Handeln. Auf diese Weise würden sie sich vorgaukeln, ihr Wunsch sei bereits erfüllt. Vor lauter in den Träumen schwelgen, vergisst man, etwas für das Ziel zu tun.
Bei den Übergewichtigen: Die Frauen mit positiven Erfolgsfantasien (vorgestellt wie schlank und attraktiv sie sein werden) haben deutlich weniger abgenommen. Die naiven Träumerinnen hatten weniger Energie, sich zielführend zu verhalten. Bei den Studenten: Je positiver die Studenten sich ihre Noten ausmalten, desto schlechter waren die tatsächlichen Ergebnisse und desto weniger hatten sie sich angestrengt, um gute Noten zu bekommen.
Um dem Buchtitel «Gelingen» gerecht zu werden, zeigt sie natürlich nicht bloss auf, was wir falsch machen, sondern erklärt, wie man sich Wünsche erfüllen und wie aus unseren Träumen Wirklichkeit werden kann. Hindernisse, von denen wir immer dachten, sie beeinflussen uns negativ und bremsen uns aus, helfen am besten.
Das Erfolgsgeheimnis: Wir machen uns klar, welche Hindernisse wir auf unserem Weg zum Ziel überwinden müssen, und gewinnen daraus die Energie, unsere Träume durch aktives Handeln zu verwirklichen. Oettingen nennt ihr Konzept «mentales Kontrastieren» – dabei soll der Mensch seine Träume sofort mit der Realität konfrontieren. Offensiv auch an Hürden denken und sie nicht einfach verdrängen. Ein weiterer Effekt: Mit dem «Vor-Augen-Führen» realisieren wir vielleicht schneller als im Tagtraum, dass die Ziele zu hochgesteckt sind und wir sie nicht erreichen können.
Mit diesen Erkenntnissen hat Oettingen einen neuen Ansatz kreiert. WOOP für Wish, Outcome, Obstacle, Plan. Auf Deutsch: Wunsch, Ergebnis, Hindernis, Plan soll uns helfen, unsere Ziele und Wünsche zu erreichen. Ein einfaches Werkzeug, das die Menschen verwenden können, um jeden erdenklichen Wunsch zu erarbeiten. Egal, ob im Beruf, der Schule, dem Studium oder in der Erziehung.
Am Ende erinnert Oettingen, die mit den gängigen Vorstellungen der Selbstmotivation aufräumt, den Leser noch einmal daran, niemals zu vergessen, die zwei wesentlichen Fragen zu stellen:
(aargauerzeitung.ch)
Falls das tatsächlich so im Buch von Gabriele Oettingen steht (was ich bezweifle), ist auch ihr Rezept für die Katz'. Denn niemand kann jeden erdenklichen Wunsch erarbeiten. Wer 1 Meter 65 gross ist, wird kein erfolgreicher Hochspringer. Wir sollten uns schon zuerst bemühen, unsere Stärken und Schwächen absolut ehrlich festzustellen, um dann einschätzen zu können, ob die Erfüllung eines Wunsches realistisch ist.