Mehrere Fälle von Massenvergewaltigungen haben ein grelles Licht auf die schwierige Situation der Frauen in Indien geworfen. Für die Opfer der manchmal tödlichen sexuellen Übergriffe bringen viele Politiker wenig Verständnis auf – dafür umso mehr für die Täter.
Jüngstes Beispiel ist Mulayam Singh Yadav. Kurz vor den indischen Parlamentswahlen hat der Präsident der regierenden Samajwadi Party (SP) im Bundesstaat Uttar Pradesh öffentlich sein Mitgefühl für Vergewaltiger bekundet. In einer Wahlkampfrede kommentierte er ein Todesurteil gegen drei Männer wegen mehrfacher Vergewaltigung: «Die Todesstrafe für Vergewaltigung ist falsch. Jungs machen manchmal Fehler.»
Dem 74-jährigen Politiker ging es darum, die Verschärfung des Strafrechts bei Vergewaltigungen zu kritisieren. «Wenn wir an die Macht kommen, wird das Strafrecht geändert», sagte er laut der indischen Zeitung «Hindustan Times».
Indische Medien reagierten umgehend auf Yadavs Äusserungen: Die «Times of India» verortete sie in der «schmutzigen Welt der indischen Politik» und titelte: «Mulayam Singh Yadav erreicht neuen Tiefpunkt und rechtfertigt Vergewaltiger, um Wähler zu gewinnen.»
Auch die Mutter einer jungen Frau, die im Dezember 2012 nach einer brutalen Gruppenvergewaltigung gestorben war, meldete sich zu Wort: Sie nannte Yadav einen «widerlichen und schamlosen» Politiker, der kein Mitgefühl für die Qualen habe, die vergewaltigte Frauen durchlebten. «Jeden Tag werden Frauen vergewaltigt, und das sind alles Fehler?», fragte sie.
Yadavs Samajwadi Partei tut sich offenbar gern mit absurden Forderungen im Zusammenhang mit Vergewaltigungen hervor: Kurz nach Yadavs Entgleisung sprach sich der Parteichef im Bundesstaat Maharashtra, Abu Azmi, dafür aus, Frauen zu hängen, die ausserehelichen Sex hatten – egal, ob dieser einvernehmlich war oder nicht. (dhr)