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Brasiliens Regierung verspricht nach Protest Kampf gegen Korruption

Brasiliens Regierung verspricht nach Protest Kampf gegen Korruption

16.03.2015, 21:48
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Unter dem Eindruck neuer Massenproteste gegen Präsidentin Dilma Rousseff hat die brasilianische Regierung eine verstärkte Bekämpfung der Korruption versprochen. In mehreren brasilianischen Städten waren am Sonntag mehr als 1.5 Millionen Menschen auf die Strasse gegangen.

Sie protestierten gegen einen Korruptionsskandal im staatlichen Ölkonzern Petrobras und die seit Jahren andauernde Stagnation der Wirtschaft.

In den nächsten Tagen solle im Kongress ein Anti-Korruptions-Paket eingebracht werden, kündigte Justizminister José Eduardo Cardozo am Sonntagabend bei einer im Fernsehen übertragenen Pressekonferenz an. Während der Übertragung schlugen die Menschen in vielen Städten auf Töpfe und Pfannen, um ihren Unmut kundzutun.

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Staatspräsidentin Rousseff signalisierte Dialogbereitschaft. «Die Regierung hört die Demonstrationen auf der Strasse und wird dies auch weiter tun. Ich bin offen für einen Dialog», sagte die linke Politikerin am Montag in einer vom Fernsehen übertragenen Ansprache in Brasilia.

Der Wille der Nation drücke sich bei Wahlen aus und müsse respektiert werden. Aber die Strassen seien der legitime Ort für öffentliche Demonstrationen. Sie bekräftigte das Massnahmenpaket zur Bekämpfung von Korruption und Straflosigkeit. Darüber werde der Kongress diskutieren.

Regierungsgegner hatten am Sonntag landesweit Protestaktionen organisiert. In São Paulo, wo Rousseff und ihre Arbeiterpartei PT bei den Wahlen 2014 eine herbe Schlappe erlitten hatten, demonstrierte auf der zentralen Bankenmeile Avenida Paulista laut Polizei eine Million Menschen.

Viele trugen das gelb-grüne Trikot der Fussball-Nationalmannschaft und Plakate mit den Slogans «Weg mit Rousseff» oder «Keine Lügen mehr!». In Curitiba waren es 80'000 Menschen, in der Hauptstadt Brasília fast 50'000 Menschen, in Belo Horizonte, Goiás und anderen Städten jeweils Zehntausende.

Forderung nach Amtsenthebungsverfahren

In São Paulo marschierte auch der brasilianische Fussballstar Ronaldo mit den Demonstranten. Der Ex-Nationalspieler kam mit seinen Leibwächtern und trug ein T-Shirt mit dem Aufdruck «Ich bin nicht Schuld, ich habe Aécio gewählt». Ronaldo hatte bei der Präsidentenwahl den Oppositionskandidaten Aécio Neves unterstützt.

Eine Forderung der Demonstranten war ein Amtsenthebungsverfahren gegen Rousseff, die erst im Januar ihre zweite Amtszeit als Präsidentin angetreten hatte. Hintergrund ist der Petrobas-Skandal.

Nach Angaben eines früheren Managers des Unternehmens erhielt Rousseffs Arbeiterpartei (PT) bis zu 200 Millionen Dollar an Schmiergeldern von Petrobras. Insgesamt geht es in der Affäre um rund 3.8 Milliarden Dollar.

Ermittlungen gegen 50 Politiker

Die Justiz ermittelt derzeit unter anderem gegen knapp 50 Politiker, darunter Senatspräsident Renan Calheiros und der Sprecher des Abgeordnetenhauses, Eduardo Cunha, aus Rousseffs Regierungskoalition. Die Polizei teilte am Montag mit, es seien 18 neue Haftbefehle erlassen worden, unter anderem gegen den leitenden Petrobras-Manager Renato Duque. Die Festnahmen sollten demnach in Rio de Janeiro und São Paulo erfolgen.

Die Staatschefin selbst sass dem Petrobras-Aufsichtsrat in den Jahren 2003 bis 2010 vor. Sie betont aber, keine Kenntnis von den Vorgängen gehabt zu haben.

Ihr Zuspruch in der Bevölkerung ist indes auf einem Tiefpunkt: Im Februar sank ihre Popularität um 19 Punkte auf nur noch 23 Prozent. Die linksgerichtete Politikerin war erst Ende Oktober wiedergewählt worden. In einer Stichwahl gegen Neves machte sie knapp das Rennen. (sda/dpa/afp)

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