In Grossbritannien herrscht nach dem Brexit vor allem das Chaos. Die Parteien sind führungslos: Die Labour-Mitglieder haben sich in einer Wahl gegen ihren Vorsitzenden Jeremy Corbyn ausgesprochen, doch der denkt nicht daran, seinen Hut zu nehmen. UKIP-Chef Nigel Farage hat dagegen ebenso das Handtuch geworfen, wie David Cameron bei den Konservativen.
Bei den Tories haben sich mittlerweile die potenziellen Nachfolger positioniert – und was von denen zu halten ist, haben nun zwei Tories selbst verraten – wenn auch nicht ganz freiwillig. Kenneth Clarke und Sir Malcolm Rifkind sind wegen eines Interviews beim TV-Sender «Sky» und sich augenscheinlich nicht bewusst, dass ihre Mikrofone bereits senden.
«Es ist ein absolutes Fiasko», sagt Clarke offenbar mit Blick auf das Rennen um den Vorsitz. «Mir ist egal, wer gewinnt, solange [Michael] Gove Dritter wird», antwortet Rifkind und wiederholt: «Solange Gove nicht unter den beiden ersten ist, ist es mir egal.» Clarke beruhigt: «Ich glaube nicht, dass die Parteimitglieder für Gove stimmen.»
Und warum nicht? Clarke so: «Ich erinnere mich an Diskussion über Syrien oder den Irak, und er war derart wild, dass ich Blicke mit Liam Fox austauschte, der um einiges rechter ist als ich, und Liam zog nur die Augenbrauen hoch. Wenn Michael Premierminister wird, werden wir gegen mindestens drei Länder auf einmal Krieg ziehen.»
Michael Gove hat aber auch eine gute Seite, wenn man Clarke glauben will. «Er hat uns allen den Gefallen getan, indem er Boris [Johnson] losgeworden ist. Die Vorstellung, dass Boris Premierminister wird, ist lächerlich.»
Rifkind bestätigt eifrig: «Das hätte passieren können!» Und die Lästerei ist noch nicht vorbei. «Ich glaube, weder Andrea Leadsom noch Boris Johnson sind tatsächlich dafür, die EU zu verlassen», weiss Clarke über die Brexit-Befürworter. «Ich glaube, es war ihnen so oder so nicht wichtig», wirft Rifkind ein.
Gnade findet dagegen Parteikollegin Theresa May. «Sie ist nicht eine von diesen kopflosen, engstirnigen Irren, die glauben, wir könnten eine glorreiche wirtschaftliche Zukunft ausserhalb des [EU-]Binnenmarktes haben. Sie muss nur wissen, dass sie den extrem dummen Sachen, die sie gesagt hat, keine Taten folgen lassen darf.»
Clarkes Schlusswort zu Theresa May ist dann nochmals ein richtig schönes britisches Bonmot: «Theresa ist eine verdammt schwierige Frau, aber du und ich haben für Margaret Thatcher gearbeitet.» Woraufhin sich die beiden alten Herren auf die Schenkel klopfen.
Wären Abgeordnete immer so ehrlich, wäre die Politikverdrossenheit gewiss deutlich geringer!