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Rumäniens Ex-Staatschef Iliescu gibt zu: Ja, es gab nach 9/11 einen CIA-Folterknast bei uns

Rumäniens Ex-Staatschef Iliescu gibt zu: Ja, es gab nach 9/11 einen CIA-Folterknast bei uns

Die CIA hat in Rumänien gefoltert, das ist ein offenes Geheimnis. Nur die Offiziellen des Landes wollten es nie einräumen. Nun erklärt Ex-Staatschef Iliescu, er habe dem Geheimdienst ein Gebäude überlassen.
22.04.2015, 21:34
Keno Verseck
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Ein Artikel von
Spiegel Online

Es ist kaum noch umstritten, dass die CIA nach den Anschlägen vom 11. September 2001 in Rumänien ein oder mehrere Geheimgefängnisse unterhielt. Der CIA-Folterbericht vom Dezember vergangenen Jahres spricht verklausuliert von der «Detention Site Black». Mehrere der wichtigsten CIA-Gefangenen, darunter auch der 9/11-Chefplaner Khalid Sheikh Mohammed, sollen dort zwischen 2002 und 2006 in Rumänien festgehalten und auch gefoltert worden sein.

Trotz zahlreicher Indizien stritten rumänische Offizielle jahrelang vehement ab, dass es auf dem Territorium des Landes CIA-Geheimgefängnisse gegeben habe. Nun kommt das späte Eingeständnis zur rumänischen «Detention Site» von keinem Geringeren als dem ehemaligen Staatschef Ion Iliescu, der von 2000 bis 2004 amtierte.

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In einem Gespräch mit SPIEGEL ONLINE sagte Iliescu, um die Jahreswende 2002/03 hätten «unsere amerikanischen Verbündeten um einen Standort gebeten». Er als Staatschef habe der Anfrage prinzipiell stattgegeben. Um die Details kümmerte sich der damalige Leiter der Präsidialverwaltung und Chef der Präsidialabteilung für nationale Sicherheit, Ioan Talpes.

Nur ein Knast – oder doch mehrere?

Der 85-jährige Iliescu ist mit dieser Erklärung nach dem ehemaligen polnischen Staatschef Aleksander Kwasniewski das zweite Staatsoberhaupt, das für sein Land die frühere Existenz eines CIA-Geheimgefängnisses zugibt.

Iliescu will jedoch ausdrücklich nur von einem «Standort» sprechen - von einem Gefängnis habe er nichts gewusst. «Es ging um eine Geste des Entgegenkommens im Vorfeld unseres Nato-Beitritts», so Iliescu.

Spätes Bekenntnis: Ex-Staatspräsident Illiescu.
Spätes Bekenntnis: Ex-Staatspräsident Illiescu.Bild: EPA

«Wir haben uns nicht in das eingemischt, was die USA an diesem Standort gemacht haben. Mir als Staatspräsidenten erschien diese Anfrage damals als Kleinigkeit. Wir waren Verbündete, wir sind in Afghanistan und im Nahen Osten zusammen in den Kampf gezogen, da bin ich bei der Anfrage unserer Verbündeten nach einem bestimmten Standort in Rumänien nicht ins Detail gegangen.»

Hätte er damals schon mehr gewusst, so Iliescu, wäre die Anfrage «natürlich nicht» positiv beantwortet worden. «Wir haben aus der Sache gelernt, bei solchen Anfragen künftig aufmerksamer zu sein und gewissenhafter abzuwägen.»

Iliescu hat der CIA «freie Hand gelassen»

Iliescus ehemaliger Leiter der Präsidialverwaltung, Talpes, hatte zuvor von 1992 bis 1997 den rumänischen Auslandsgeheimdienst SIE geleitet. Gegenüber SPIEGEL ONLINE gab er bereits im vergangenen Jahr als erster rumänischer Offizieller die Existenz von «Transitlagern der CIA» zu. Talpes bestätigte auch jetzt Iliescus Aussagen.

Er habe um die Jahreswende 2002/03 eine Anfrage eines CIA-Repräsentanten in Rumänien nach einem Gebäude erhalten, das der US-Geheimdienst für eigene Aktivitäten benötigte. Iliescu habe ihm «freie Hand gelassen», die Anfrage zu regeln. Er habe der CIA ein Gebäude in Bukarest zur Verfügung stellen lassen. Dieses Gebäude sei von 2003 bis 2006 von der CIA benutzt worden. Es existiere inzwischen nicht mehr. Wo genau dieses Gebäude gewesen sei, so Talpes, werde er nicht verraten.

Nutzte die rumänische Gefälligkeitsgeste für Folter: Der CIA, im Bild das Hauptquartier im US-Bundesstaat Virginia.
Nutzte die rumänische Gefälligkeitsgeste für Folter: Der CIA, im Bild das Hauptquartier im US-Bundesstaat Virginia.Bild: JIM LO SCALZO/EPA/KEYSTONE

Aussagen bestätigen Bericht von Dick Marty

Talpes korrigiert damit seine frühere Aussage, wonach er nicht wusste, wo die CIA ihre Transitlager gehabt habe. Was er nicht wisse, so Talpes jetzt, sei lediglich, ob die CIA auch den US-Luftwaffenstützpunkt Kogalniceanu in Südostrumänien benutzt habe. Auch habe er keinen der «CIA-Standorte» persönlich gesehen. Was das Gebäude in Bukarest angehe, so sei ihm bewusst gewesen, dass die «Sache gefährlich werden» könne. Deshalb habe er den CIA-Verantwortlichen ausdrücklich gesagt, die rumänische Seite wolle nichts von den Aktivitäten in diesem Gebäude wissen. Mit dem Schritt habe er damals Rumäniens Bündnistreue in der Phase des Nato-Beitritts beweisen wollen.

Iliescus und Talpes' Aussagen bestätigen die Berichte des ehemaligen Sonderermittlers des Europarates zu den Geheimgefängnissen der CIA, Dick Marty, von 2006/07. Marty hatte Rumänien bereits damals beschuldigt, das Land beherberge auf seinem Territorium geheime CIA-Gefängnisse. Rumänische Offizielle und Politiker, darunter auch Iliescu, hatten die Vorwürfe damals bestritten. Laut Martys Bericht von 2007 waren mindestens fünf hochrangige rumänische Offizielle über die Existenz der CIA-Geheimgefängnisse informiert. Neben Iliescu und Talpes auch der ehemalige Staatschef Traian Basescu, der von 2004 bis 2014 amtierte. Auf Anfrage von SPIEGEL ONLINE wollte sich Basescu zu dem Thema nicht äussern.

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