Der damals amtierende Vorsitzende der UETD (Union europäisch-türkischer Demokraten) Rhein-Neckar, Yilmaz Ilkay Arin, habe am 1. April 2016 den mittlerweile in Haft sitzenden Mehmet Bagci, Präsident des Rocker- und Boxklubs «Osmanen Germania», kontaktiert, wie die Stuttgarter Nachrichten vermelden. Dies mit dem Ziel, «eine Bestrafungsaktion bei einem Kritiker des türkischen Staatspräsidenten durchzuführen».
Bei dem Kritiker soll es sich den Ermittlern zufolge um ZDF-Moderator Jan Böhmermann handeln, der am Vorabend in seiner Satire-Sendung «Neo Magazin Royale» ein Schmähgedicht auf den türkischen Staatspräsidenten vorgetragen hatte.
Arin soll dabei dem Chef-Osmanen den Auftrag erteilt haben, «mit seinen Leuten eine Person abzustrafen, die beim ZDF in Mainz arbeitet» und den «Reis», dem türkischen Wort für Führer, beschimpft und beleidigt habe.
Einige Tage später soll ein weiterer Kontakt der beiden stattgefunden haben. Dabei habe Bagci dem Politiker ein Update über die Fortschritte gegeben haben. Seine Leute und er seien dabei, den Wohnort Böhmermanns ausfindig zu machen – über einen Kontakt bei den «Onkels».
Bei eben diesen «Onkels» handle es sich um die Polizei, so die Ermittler. Wer dieser ominöse Kontaktmann beim eigentlichen «Freund & Helfer» ist, konnten die Fahnder bislang nicht herausfinden. Böhmermann wurde jedoch gewarnt, musste sich verstecken und erhielt Polizeischutz.
In einem anderen Telefonat mit einem in Deutschland lebenden türkischen Migranten habe Arin deutlich gemacht, dass er seine Aufträge von einem gewissen Metin Külünk entgegennehme: «Mein Chef ist Metin Külünk. Ich mache, was er mir sagt.» Külünk ist ein AKP-Abgeordneter und Erdogan-Freund.
11-Türkler’i Türkiye’den kopartıp köksüzleştirme operasyonun yeni ayağı şahsım üzerinden yürütülmek istenilmektedir. Düzmece operasyon haberleri, kurgu şemalar ile Türk Sivil Toplum Örgütleri üzerinden baskı, tehdit ve korkutma politikaları uygulamaya sokulmak istenilmektedir. pic.twitter.com/cATm8QVndg
— Metin KÜLÜNK (@mkulunk) 13. Dezember 2017
Einige Tage später nahm Külünk das Heft gar selbst in die Hand: Während einem Telefonat mit einem UETD-Mitglied habe er dieses aufgefordert, weitere Mitglieder zu mobilisieren, Strafanzeige gegen Jan Böhmermann wegen der Beleidigung des türkischen Staatsoberhauptes zu stellen.
Wie der nordrhein-westfalische Innenminister Herbert Reul (CDU) kürzlich in einem Bericht festhielt, bestünden «Kontakte zwischen den Führern der ‹Osmanen Germania› und Vertretern der AKP sowie Beratern von Staatspräsident Erdogan».
Die Polizei war in den vergangenen Monaten mehrfach mit Razzien gegen die Rockergang vorgegangen. Dabei ging es unter anderem um Geldwäsche, Urkundenfälschung, Erpressung und Drogendelikte.
Die Ermittler kommen zum Schluss: «Die Übertragung von Aufträgen an die Gruppierung der ‹Osmanen Germania› verdeutlicht die Absichten des türkischen Staates, unter tatkräftiger Unterstützung von in Deutschland verankerten Parteien und Unterstützern – wie es die UETD und die ‹Osmanen Germania› als Schlägertrupp sind – unter anderem Einfluss auf die Medienlandschaft, die Meinungs- und Pressefreiheit in Deutschland zu nehmen.»
(bal)