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Leipziger Buchmesse lädt rechtspopulistische Verlage ein

Demonstranten rangeln am 14.10.2017 auf der Buchmesse in Frankfurt am Main (Hessen), bei einer Lesung und Podiumsdiskussion mit Thüringens AfD-Landes- und Fraktionschef Höcke, mit Ordnern. (KEYSTONE/D ...
Rangeleien an der Frankfurter Buchmesse: Im vergangenen Herbst gab es Proteste gegen die Anwesenheit rechter Verlage.Bild: dpa

Trotz der Tumulte von Frankfurt: Leipziger Buchmesse lädt rechtspopulistische Verlage ein

Vergangenen Herbst kam es an der Frankfurter Buchmesse zum Eklat, es gab Proteste gegen die Anwesenheit rechter Verlage, Provokationen von beiden Seiten und gewalttätige Angriffe von rechts. In wenigen Tagen eröffnet in Leipzig die zweitgrösste Buchmesse Deutschlands. Dieselben umstrittenen Verlage werden wieder anwesend sein. Der Widerstand formiert sich.
05.03.2018, 10:4305.03.2018, 10:55
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Die Junge Freiheit, Manuscriptum und Antaios sind drei Verlage, die dem rechten bis rechtsextremen Spektrum zuzuordnen sind. Sie waren im vergangenen Herbst an der Frankfurter Buchmesse vertreten. Als drei von über 7000 Ausstellern machten sie nur einen geringen Anteil aus, doch ihre Anwesenheit reichte für eine Eskalation.

In zehn Tagen beginnt die Leipziger Buchmesse. Mit knapp 2500 Ausstellern ist sie die zweitgrösste Buchmesse Deutschlands, die Besucherzahlen steigen Jahr für Jahr. Als erster grosser Branchentreff des Jahres gilt sie mit der Präsentation der Neuerscheinungen als wichtiger Impulsgeber für den Büchermarkt. Gastland ist dieses Jahr Rumänien, Top Shots wie Norman Manea, Mirvea Vartarescu und die Literaturnobelpreisträgerin Herta Müller werden anwesend sein.

Ebenfalls anwesend werden auch die umstrittenen Verlage sein, die Anmeldung läuft noch, der Veranstalter rechnet mit vier bis fünf Ausstellern «aus diesem Spektrum».

«Ein Ort der Vielfalt»

Die Kritik kam postwendend: So haben sich die deutschsprachigen Literaturinstitute jüngst mit einem offenen Brief an die Stadt Leipzig gewandt. Titel: «Keine Nazis auf der Buchmesse».

Man sei wütend über die Entscheidung, auch in diesem Jahr rechte Zeitschriften und Verlage auf der Messe zuzulassen. Die Buchmesse trage durch diese Entscheidung eine Mitverantwortung «dafür, dass sich rassistische, sexistische, geschichtsrevisionistische und homophobe Positionen in Parlamenten und auf der Strasse normalisieren und etablieren können».

An den Ständen der Verlage sollen «der wegen Volksverhetzung verurteilte Autor Pirinçci und der verschwörungstheoretische Publizist Elsässer» sprechen. Die Buchmesse sei ein Ort der Vielfalt, deshalb dürfe dort kein Raum für jene sein, die die Vielfalt bekämpfen wollten. Die Stadt solle deshalb die Teilnahmebedingungen ändern und die Verlage und Zeitschriften ausschliessen.

Direktor betont Meinungsfreiheit

Der Direktor der Leipziger Buchmesse, Oliver Zille, hält gegenüber dem «Mitteldeutschen Rundfunk» an der Entscheidung fest. Man werde daran arbeiten, dass das Thema um diese Verlage die Leipziger Buchmesse «nicht so dominiert». Diese Verlage seien Kunden wie andere auch, sie hätten das Recht, Publikationen – so lange diese mit dem Gesetz vereinbar seien – an der Messe auszustellen.

Zusammen mit der Gruppe #verlagegegenrechts habe man eine Veranstaltungsreihe initiiert, die ein anderes Menschenbild und Meinungsspektrum transportiere – «das einer offenen, freien Gesellschaft». Man müsse damit umgehen, dass immer mehr unterschiedliche Gesellschaftsmodelle in den Fokus rücken würden – darunter auch solche, die offen demokratiefeindlich seien. Zille: «Die Buchmesse ist immer ein Brennglas der gesellschaftlichen Entwicklung gewesen.»

Die Gruppe #verlagegegenrechts ruft derweil zu einer Kundgebung gegen die Verlage auf.

(dwi)

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17 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Sir Konterbier
05.03.2018 11:01registriert April 2017
Richtig so. Natürlich sind die auch mir komplett unsympathisch aber eine intakte Demokratie sollte solche Leute eigentlich verkraften können.

Mich stören die Aktivisten die hier die Rechten ausladen möchten ziemlich. Es wirkt total selbstgerecht und schiesst völlig übers Ziel hinaus, denn an einer Buchmesse hat man ja Zeit für eine Podiumsdiskussion mit den rechten, wo man ihnen Argumente entgegenstellen kann.

Die Buchmesse ist nicht zuletzt für Leute vom Fach die auch wissen müssen, was sie nicht bestellen sollten und vor welchen Büchern sie den Kunden abraten sollten.
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Raudrhar
05.03.2018 11:43registriert Dezember 2015
Richtige Entscheidung der Messeleitung. Ich bin ein zugegebenermassen radikaler Verfechter der Meinungsfreiheit- und der Tatsache, dass man mit den Konsequenzen seiner Taten leben muss.

Oder anders formuliert:

Ja, "man" darf mir an einer Messe ein Buch zeigen, das dem "Nigger" für "alles" die Schuld gibt.

Aber "man" muss dann damit leben, dass ich

A) dezidiert erläutere, warum das hanebüchener Quatsch ist
B) den Präsentator einen ignoranten Hohlkopf finde und ihm das mitteile
C) mit besagtem Präsentator wohl nie Freund sein werde, weil so jemand in meinen Kreisen nichts verloren hat.
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Political Incorrectness
05.03.2018 11:34registriert Juni 2016
Die Gruppe könnte doch die Bücher der rechten Verlage gleich verbrennen... Ah warte - Da war doch mal was...
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