Die Türkei hat erneut eine Reise von deutschen Parlamentsabgeordneten zu deutschen Soldaten in der Türkei untersagt. Das Auswärtige Amt in Berlin kritisierte den Entscheid am Montag scharf. Ein Abzug der Soldaten steht im Raum.
Es sei «absolut inakzeptabel», dass der vor Wochen angekündigte Besuch nun nicht möglich sei, sagte Aussenamtssprecher Martin Schäfer am Montag in Berlin. Er kündigte zugleich mögliche Konsequenzen für Stationierung der Bundeswehr in der Türkei an: «In dieser Lage müssen wir uns Gedanken darüber machen, wie es weitergeht».
Wolfgang Hellmich, Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, sprach am Montag gegenüber der Nachrichtenagentur AFP davon, dass «konkrete Vorbereitungen in Richtung einer Verlegung» nun in Angriff genommen würden.
Das Verteidigungsministerium hat bereits Alternativ-Standorte in Jordanien, Kuwait und auf Zypern geprüft. Die Entscheidung soll nach Angaben aus dem Ausschuss in den nächsten Wochen fallen. Jordanien wird als Standort favorisiert.
Eigentlich wollte eine Delegation des Verteidigungsausschusses des Bundestages in dieser Woche die auf dem türkischen Luftwaffenstützpunkt stationierten deutschen Soldaten besuchen. Hellmich als Ausschussvorsitzender sollte die Reise leiten.
Die Abgeordneten wollten sich den Angaben zufolge über den aktuellen Stand des Einsatzes gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) informieren. Ausserdem planten sie Gespräche mit deutschen Soldaten, um sich einen Eindruck von den Einsatzbedingungen zu machen. Daneben waren Treffen mit dem türkischen Kommandanten des Stützpunktes sowie mit Vertretern der US-Streitkräfte beabsichtigt.
Hintergrund der erneuten Absage aus der Türkei sind nach Hellmichs Angaben offenbar die von Deutschland anerkannten Asylanträge türkischer Soldaten. Auf dieser Grundlage sei «ein Verbleib der Bundeswehr in Incirlik nicht möglich», fügte er hinzu.
Die Bundeswehr beteiligt sich von Incirlik aus mit «Tornado»-Aufklärungsjets und einem Tankflugzeug an den Luftangriffen gegen den IS in Syrien und im Irak. Auf der Luftwaffenbasis sind etwa 260 deutsche Soldaten stationiert.
Bereits im vergangenen Jahr hatte Ankara deutschen Abgeordneten aus Ärger über die Resolution des Bundestags, in der die Massaker an den Armeniern im Osmanischen Reich als Völkermord eingestuft worden waren, den Zugang zu dem Stützpunkt verweigert. Daraufhin drohte Berlin mit dem Abzug der dort stationierten Tornados.
Der Streit wurde erst nach mehreren Monaten beigelegt. Eine Delegation des Verteidigungsausschusses durfte die Bundeswehrsoldaten auf dem Stützpunkt Anfang Oktober besuchen. (sda/dpa/afp)