Der deutsche Wahlkampf verlief ruhig. Das Duell zwischen Angela Merkel und Martin Schulz war entschieden, bevor es richtig angefangen hatte. Der Herausforderer der SPD versuchte zwar immer wieder, die Bundeskanzlerin zu attackieren, doch diese verweigerte die Debatte.
Die Folge: Merkel wurde zwar wieder gewählt, doch ihre CDU musste massive Verluste hinnehmen. Durch ihren einschläfernden Wahlkampf verlor die Partei der Bundeskanzlerin über zwei Millionen Wähler an die AfD und die FDP.
Größter Brocken der #Wählerwanderung: >1,25 Mio. Wähler jagde die #FDP der #CDU ab. #BTW2017 pic.twitter.com/rPulfkd2Qb
— Hagen (@HobbesGee) 24. September 2017
Auch Martin Schulz konnte die Massen nicht mitreissen. Die SPD verzeichnete das schlechteste Ergebnis seit 1949. Die grössten Gewinne machte jene Partei, die im Wahlkampf die lautesten Töne von sich gab: Die AfD. Die Rechts-Partei zog mit über zwölf Prozent erstmals in den Bundestag ein.
#Wählerwanderung #SPD: pic.twitter.com/sAsq9qsdvg
— Michael Leh (@Michael_Leh) 25. September 2017
Auch in den Stunden nach des Erfolgs blieb die AfD tonangebend. «Wir werden sie jagen», drohte Spitzenpolitiker Alexander Gauland der künftigen Bundesregierung. Die AfD wolle sich das Land und das Volk zurückholen.
Die grösste Oppositionspartei wird in Zukunft jedoch nicht die AfD sein, sondern die SPD. Die Sozialdemokraten schlossen bisher jegliche Regierungsbeteiligung aus. Und aus dieser Ecke drang nun eine richtige Kampfansage.
Mit 90 Prozent der Stimmen wählten die Genossen Andrea Nahles zur neuen Fraktions-Chefin. Somit ist sie de facto die mächtigste Politikerin der Sozialdemokraten. Nahles blickt auf eine lange SPD-Karriere zurück. Sie wird dem linken Parteiflügel zugeschrieben. Zwischen 1995 und 1999 war sie Vorsitzende der Jungsozialisten, von 2009 bis 2013 Generalsekretärin der SPD.
Die SPD werde eine «sehr leidenschaftliche, sehr intensive Oppositionsarbeit» leisten, kündete sie gestern nach ihrer Wahl an – und gab schon mal ein erstes Schmankerl ab. Die CDU werde von der SPD «in die Fresse» bekommen, sagte sie vor laufender Kamera.
Mit Nahles haben die Sozialdemokraten kein Kind der Traurigkeit zur Wortführerin im Bundestag gewählt. Die 47-Jährige singt den Abgeordneten auch schon mal ein Lied vor, wenn es denn sein muss.
Will die SPD nach der historischen Wahlniederlage das Ruder herumreissen, muss ein Ruck durch die Partei. Ob mit Nahles die geeignete Person dafür gefunden wurde, darüber gehen die Meinungen indes auseinander.
Bei der CDU war man sich nach dem gestrigen Auftritt schnell einig: Nahles habe sich in der Wortwahl deutlich vergriffen, so der Tenor. Das sei der Tonfall der AfD.
Armin Schuster, Innenminister und CDU-Mitglied, kritisierte die neue Fraktionschefin der SPD scharf. Gegenüber der «Bild» sagte er: «Schon Trump, Erdogan oder die AfD ruinieren täglich unseren Ruf als Politiker, mit Andrea Nahles wird es jetzt langsam unerträglich!»
Auch auf Twitter wird intensiv über den «In-die-Fresse»-Spruch diskutiert.
Dieser User spricht von einem neuerlichen Tiefpunkt:
#indiefresse
— Steelebuddy (@Steelebuddy17) 28. September 2017
Und ich dacht, der Tiefpunkt bei der SPD wär mit Wahlergebnis schon erreicht. Gespannt, was da noch kommt!
Diese Userin vermisst bei Frau Nahles den Anstand.
Dass jemand "auf die Fresse kriegt" will ich von niemandem hören, weder links noch rechts. Wo bleibt der Anstand, Frau #Nahles?
— Ria Schröder (@ria_schroeder) 27. September 2017
Dann gibt es aber auch jene, die die Sache nicht überbewerten wollen ...
Andrea #Nahles ' Satz war ein (missratener!) Scherz. Wenn Journalisten das ausblenden, wird Politik zur komplett humorfreien Zone #Fresse
— Margarete v. Ackeren (@1vanAckeren) 28. September 2017
... und sich mehr Unterstützung für Andrea Nahles wünschen.
Wahnsinn, in welch erbärmlichen Zustand unser Diskurs ist: Es gibt praktisch niemanden, der sich traut, Andrea Nahles zu verteidigen.
— Veit Medick (@vmedick) 28. September 2017
Eins ist klar: Jene, die sich während des Wahlkampfes mehr Unterhaltung wünschten, kommen spätestens jetzt voll auf ihre Kosten.
Der eine will sie "jagen", die andere will ihnen in "die Fresse" hauen.
— Klaus Taler 🇩🇰 (@IngoFunke) 27. September 2017
Endlich macht Politik wieder Spaß😁#Gauland #Nahles #CDU #AfD
(cma)