Erwartet wird ein enges Rennen zwischen dem Mitte-links-Bündnis von Regierungschef Zoran Milanovic und der rechtskonservativen Patriotischen Koalition um die Oppositionspartei HDZ von Präsidentin Kolinda Grabar-Kitarovic.
Bis zum späten Nachmittag zeichnete sich eine hohe Wahlbeteiligung ab. Weil Umfragen zufolge keines der beiden grossen Lager mit einer Mehrheit rechnen kann, dürfte es nach der Wahl schwierige Koalitionsverhandlungen geben.
Seit 2013 EU-Mitglied, steckt Kroatien praktisch seit 2008 in der Rezession. Die amtliche Arbeitslosenrate erreichte rund 20 Prozent, bei den jungen Erwachsenen war sogar jeder Zweite ohne Job. Erst in diesem Jahr setzte eine leichte Besserung ein.
Angesichts solcher Zahlen hatte Milanovic von der Sozialdemokratischen Partei (SDP) eigentlich kaum eine Chance auf Wiederwahl. Noch vor einem halben Jahr galt er als sicherer Verlierer.
Doch im Umgang mit den Flüchtlingen zeigte Milanovic Mitgefühl – gegenüber den Nachbarländern, die sich die Flüchtlinge gegenseitig zuschoben, dagegen Härte. Das gefiel offenbar der Bevölkerung, die aus ihren eigenen Erfahrungen mit Flucht und Vertreibung im Balkankrieg (1991-1995) den Vertriebenen aus Syrien und anderen Staaten mit einem gewissen Verständnis begegnet.
Strenge Töne gegenüber dem einstigen Erzfeind Serbien, mit dem es nun in der Flüchtlingsfrage erneut Spannungen gab, kommen bei den meisten Kroaten ohnehin gut an.
Der Oppositionsführer Tomislav Karamarko von der Kroatischen Demokratischen Union (HDZ) konnte den Reformstau, der das kleine EU-Land hemmt, nicht wirklich zu seinen Gunsten nutzen.
In seiner nationalistisch eingefärbten Wahlkampagne versuchte auch er zuletzt die Flüchtlingskarte zu spielen – allerdings ohne grossen Erfolg. Die HDZ schwankte zwischen der Forderung nach schärferen Grenzkontrollen und Kritik am Umgang der Regierung mit den Flüchtlingen. Beides lief weitgehend ins Leere.
Ein knapper Ausgang der Parlamentswahl käme den kleinen Parteien zugute, die für ihren Einzug ins Abgeordnetenhaus die Fünfprozentmarke überspringen müssen. Es wird erwartet, dass der Wahlsieger mit ihnen über eine Regierungsbeteiligung verhandeln muss.
Insgesamt 3.8 Millionen Wahlberechtigte waren aufgerufen, 151 Abgeordnete zu bestimmen. Die Wahlbeteiligung lag am Sonntag bis 16.30 Uhr bei knapp 47 Prozent, wie die Wahlkommission in Zagreb mitteilte. Vor vier Jahren hatte dieser Wert zum gleichen Zeitpunkt niedriger gelegen, am Ende waren 62 Prozent der Wähler in den Wahllokalen erschienen. (wst/sda/afp/dpa)