Die Vertreter der serbischen Minderheit verlassen die Kosovo-Regierung und sorgen damit möglicherweise für das Ende der Amtszeit des Regierungschefs Ramush Haradinaj. Das berichtete der Kosovo-Serbenführer Goran Rakic am Dienstag nach einem Treffen mit dem serbischen Präsidenten Aleksandar Vucic in Belgrad.
Damit verliert Kosovo-Regierungschef Ramush Haradinaj seine Mehrheit im Parlament. Der Schritt der Minderheit ist eine Reaktion auf die Festnahme und Abschiebung des serbischen Spitzenpolitikers Marko Djuric am Montag in der hauptsächlich von Serben bewohnten Stadt Mitrovica in Nordkosovo. Djuric nahm dort an einer öffentlichen Veranstaltung teil.
Djuric ist in der Belgrader Regierung für das Kosovo zuständig. Er habe sich illegal im Kosovo aufgehalten, hatte die Polizei erklärt. Djuric behauptet, sein Besuch sei ordnungsgemäss angemeldet gewesen.
Spezialeinheiten der Polizei hatten die Grenzübergänge bewacht, um die Einreise des Belgrader Politikers zu verhindern. Der war aber gemeinsam mit einem zweiten Spitzenpolitiker von seinen Landsleuten offensichtlich über die grüne Grenze ins Land gebracht worden.
Serbiens Präsident Vucic hatte am Montagabend von einer «Entführung» seines Mitarbeiters gesprochen. Zudem beschuldigte Vucic die EU-Mission im Kosovo (Eulex), bei der Festnahme von Djuric geholfen zu haben.
«Albanische Terroristen in Polizeiuniformen» hätten den in Serbien Djuric rechtswidrig verhaftet «mit direkter Unterstützung von Eulex», sagte Vucic am Montagabend in Belgrad nach einer Eilsitzung des nationalen Sicherheitsrates.
Djuric wurde nach kosovarischen Polizeiangaben in ein Polizeirevier in der Hauptstadt Pristina gebracht. Kosovos Präsident Hashim Thaci teilte mit, der serbische Unterhändler sei dann von der Polizei zurück an die serbische Grenze eskortiert worden.
Die EU-Aussenbeauftragte Federica Mogherini reist am Dienstagabend überraschend nach Belgrad, um den serbischen Präsidenten Vucic zu treffen. Das bestätigte ihre Sprecherin Maja Kocijancic in Brüssel.
Dabei gehe es um die Zukunft der EU-Vermittlung im Kosovo-Konflikt. Diese jahrelange Vermittlung ist durch das neue Aufflackern des Streits zwischen Serbien und dem Kosovo infrage gestellt.
Das mehrheitlich von ethnischen Albanern bewohnte Kosovo war nach dem Kosovokrieg mit 13'000 Toten und dem Ende der Nato-Luftangriffe im Jahr 1999 unter internationale Verwaltung gestellt worden. Zuvor war es eine serbische Provinz.
2008 hatte sich das Kosovo einseitig für unabhängig erklärt. Mehr als 110 Länder, darunter die meisten EU-Staaten und auch die Schweiz, erkannten die Unabhängigkeit mittlerweile an. Aber die Regierung in Belgrad sträubt sich dagegen.
2011 waren unter EU-Vermittlung Verhandlungen über die Normalisierung der Beziehungen zwischen Serbien und dem Kosovo begonnen worden. Sie kamen aber in den vergangenen zwei Jahren nicht mehr voran.
Vucic, der seit 2017 Präsident ist, fährt seit längerem einen EU-freundlichen Kurs. In den vergangenen Wochen hatte er mehrfach seine Kompromissbereitschaft in der Kosovo-Frage signalisiert. (cma/sda/dpa/afp)