Kurz vor Donald Trumps Besuch am World Economic Forum (WEF) in Davos hat seine Regierung ihre Prioritäten verdeutlicht. Am Montag hat sie hohe Zölle auf den Import von Solarmodulen und Waschmaschinen vorab aus Asien verhängt. Begründet wurde die Massnahme mit angeblich unfairen Handelspraktiken. So subventioniert China den Export von Solarzellen.
Diese Massnahme entspricht ganz der «America First»-Doktrin des Präsidenten und hat manche ernüchtert, die sich von Trumps Auftritt in Davos eine konziliantere Haltung gegenüber dem freien Welthandel versprachen. Um Handelspolitik geht es aber nur vordergründig. Ins Auge fallen die Zölle auf Solarmodule. Sie deuten auf ein weiteres, energiepolitisches Motiv hin.
Bereits im Wahlkampf setzte sich Trump für eine Renaissance der Kohle ein. Die Branche befindet sich seit Jahren im Niedergang, wofür der Präsident nicht zuletzt seinen Vorgänger Barack Obama verantwortlich macht. Er liess zahlreiche Umweltvorschriften rückgängig machen und im letzten Juni verkündete Trump mit Getöse den Ausstieg der USA aus dem Pariser Klimaabkommen.
Die Bilanz seiner Fördermassnahmen zugunsten der «schönen, sauberen Kohle» (O-Ton Trump) ist nach seinem ersten Amtsjahr jedoch bescheiden. Zwar konnte die Kohleförderung gemäss dem Fernsehsender CNBC letztes Jahr um 3,6 Prozent gesteigert werden. Dafür verantwortlich aber seien in erster Linie die gestiegenen Preise für Erdgas und nicht die Politik der Regierung Trump.
Gleichzeitig kündigten im letzten Jahr 20 Kohlekraftwerke die Schliessung an. Neue sind nicht in Sicht. Die Zahl der Kohlearbeiter stieg leicht an, doch die jüngsten Zahlen vermelden wieder einen Rückgang. Langfristig zeigt der Trend klar abwärts. Während Mitte der 1980er Jahre noch mehr als 150'000 Personen in den Kohleminen arbeiteten, waren es letztes Jahr etwas mehr als 50'000.
Die Perspektiven für die Kohle bleiben düster. Das US-Energieministerium geht laut CNBC davon aus, dass die Produktion in den nächsten zwei Jahren um zwei Prozent sinken wird. Es beantragte deshalb bei der Stromregulierungsbehörde Subventionen für Kohlekraftwerke. Das Gesuch wurde abgeschmettert, obwohl vier der fünf Mitglieder des Gremiums von der Regierung Trump ernannt worden waren.
Nicht die bösen Vorschriften der Obama-Administration setzen «King Coal» zu, sondern das billige Fracking-Gas und die erneuerbaren Energien aus Sonne und Wind. Weshalb Trump und die Republikaner im letzten Jahr versucht hätten, «die Uhr bei der Energie zurückzudrehen», so das Magazin «Politico». Fossile Brennstoffe sollten gegenüber Sonne und Wind bevorzugt werden.
Ein Versuch der Republikaner, die Steuergutschriften für Solar- und Windkraftwerke zu beschränken, scheiterte jedoch im Senat. Die Strafzölle auf importierte Solarmodule werden als weiterer Versuch interpretiert, den Vormarsch der «Erneuerbaren» zu stoppen. Die betroffene Branche reagierte auf den vermeintlichen Schutz nicht etwa begeistert, sondern entsetzt.
Der Branchenverband SEIA warnte vor dem Verlust von 23'000 Arbeitsplätzen, weil nun Investitionen im Solarbereich in Milliardenhöhe auf Eis gelegt würden. Obwohl viele US-Hersteller von Solarzellen wegen der Billigkonkurrenz aus Asien aufgeben mussten, hat der Boom bei den erneuerbaren Energien unter dem Strich zehntausende Jobs in der Planungs- und Bauwirtschaft oder in Kraftwerken geschaffen.
Nicht nur in «grünen» Regionen wie Kalifornien, sondern auch in Hochburgen der Republikaner entstanden und entstehen zahlreiche Solar- und Windkraftwerke. Im erzkonservativen Cowboy-Staat Wyoming, einem Zentrum des Kohleabbaus in den USA, schiessen die Windräder wie Pilze aus dem Boden. Die relativ hoch gelegenen Prärien bieten dafür perfekte Bedingungen.
Den Wandel verkörpern Menschen wie der Energieunternehmer Jim Lamon. Jahrzehntelang baute er Kohlekraftwerke und spendete für die Republikaner und für Donald Trump. Heute setzt er auf Solarenergie. Entsprechend kritisch beurteilte er Trumps Zölle. Gegenüber dem Magazin «Time» argumentierte Lamon fast wie ein Sozialdemokrat: «Die Leute verdienen acht oder neun Dollar pro Stunde fürs Burgerbraten. Im Solarkraftwerk zahlen wir 18 Dollar.»
Für Jim Lamon sind die positiven Auswirkungen auf die Umwelt und das Klima höchstens ein Nebeneffekt. Er ist ein knallharter Rechner und unterstützt die Bestrebungen der Regierung, die USA von Energieimporten unabhängig zu machen: «Wenn man jedoch die Fakten betrachtet, leuchtet es ein, warum die Kohle nicht zurückkehren wird.»
Im Weissen Haus ist diese Erkenntnis noch nicht angekommen. Die Strafzölle können dem Solarboom einen Dämpfer verpassen, aufhalten werden sie ihn nicht. Für «Politico» ist deshalb klar, dass Trumps «Krieg gegen die grüne Energie» zum Scheitern verurteilt ist.