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Angriff auf Muslime in London: Täter stammt aus Westengland und handelte offenbar aus Hass

Forensic officers move the van at Finsbury Park in north London, where a vehicle struck pedestrians in north London Monday, June 19, 2017. The vehicle struck pedestrians near a mosque in north London  ...
Der Minivan wird von der Spurensicherung vom Tatort entfernt. Bild: Frank Augstein/AP/KEYSTONE

Angriff auf Muslime in London: Täter stammt aus Westengland und handelte offenbar aus Hass

19.06.2017, 22:5620.06.2017, 07:56
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Nach der Terrorattacke mit einem Lieferwagen in London mit elf Verletzten hat Premierministerin Theresa May in der Finsbury-Park-Moschee Vertreter verschiedener Religionsgruppen getroffen.

«Die furchtbare Terrorattacke der vergangenen Nacht war eine schlimme Tat, die der Hass hervorgebracht hat», sagte May. Der Anschlag habe eine Gemeinde erschüttert. Daher sei sie froh, Menschen «aller Glaubensrichtungen» getroffen zu haben, die «jeglichen Hass und Extremismus» aus der Gesellschaft vertreiben wollten.

Mit einem Lieferwagen hatte ein Mann in der Nacht zum Montag elf Mitglieder einer muslimischen Gemeinde verletzt, als er in eine Menschenmenge in der Nähe der Moschee gerast war.

A woman puts her hand to her face as she respects a minute's silence near to Grenfell Tower in west London Monday, June 19, 2017. Tens of people died when a fire engulfed an high-rise apartment b ...
In der Nacht auf Montag raste ein 47-jähriger Mann mit einem Kleinbus in eine Menschenmenge. Eine Person wurde getötet, zehn weitere wurden verletzt. Bild: Kirsty Wigglesworth/AP/KEYSTONE

Britische Medien identifizierte den Attentäter als den 47-jährigen Darren Osborne – zuvor hatte die Polizei bereits das Alter bekanntgegeben. Der Mann sei vierfacher Vater, hiess es in den Medienberichten vom Montag.

Am Abend vor seiner Tat war er laut «Daily Mail» bereits negativ aufgefallen. «Sie haben ihn aus seinem Stammpub geworfen, weil er betrunken war und gegen Muslime hetzte», erzählt ein Gast des Pubs. Osborne sei laut und aggressiv gewesen und habe verkündet, er werde nun «Schaden anrichten». Nachbarn beschreiben ihn als «schrägen Typen.» Sie hätten nicht gewusst, ob er überhaupt arbeite.

Wie der Sender BBC berichtete, wuchs der Mann in der westenglischen Küstenstadt Weston-Super-Mare auf. Am Abend wurde ein Haus im walisischen Cardiff durchsucht. Dabei soll es sich Medienberichten zufolge um das Haus von Osborne handeln.

Der Mann wurde «wegen Terrorismus» inhaftiert, wie die Polizei mitteilte. In einer Erklärung von Scotland Yard hiess es, er sei «zusätzlich wegen Auftrags, Vorbereitung oder Anstiftung zum Terrorismus einschliesslich Mordes und versuchten Mordes» festgenommen worden.

Während des Ramadans

Acht der Opfer mussten nach Polizeiangaben im Spital behandelt werden. Wie schwer sie verletzt waren, war zunächst nicht bekannt. Die Gemeindemitglieder waren während des Fastenmonats Ramadan nach dem Ende eines Gebets im Stadtteil Finsbury Park auf der Strasse.

Die Einsatzkräfte hatten nach eigenen Angaben gegen 00.20 Uhr (Ortszeit) die ersten Notrufe vom Ort des Geschehens in der Seven Sisters Road erhalten. Unmittelbar nach der Tat soll der Imam der Gemeinde den Fahrer des Lieferwagens festgehalten und zugleich vor wütenden Umstehenden beschützt haben.

epa06036995 British Prime Minister Theresa May departs 10 Downing Street, central London, Britian, 19 June 2017, ahead of delivering a statement on the Finsbury Park Mosque attack. According to the Me ...
«Die furchtbare Terrorattacke der vergangenen Nacht war eine schlimme Tat, die der Hass hervorgebracht hat», sagte May. Der Anschlag habe eine Gemeinde erschüttert. Daher sei sie froh, Menschen «aller Glaubensrichtungen» getroffen zu haben, die «jeglichen Hass und Extremismus» aus der Gesellschaft vertreiben wollten.Bild: ANDY RAIN/EPA/KEYSTONE

Das Gebetshaus verurteilte den Vorfall: «Wir haben über Jahrzehnte sehr hart für eine friedliche und tolerante Gemeinschaft hier in Finsbury Park gearbeitet und verurteilen schärfstens jeden Akt des Hasses, der versucht, unsere wunderbare Gemeinschaft zu spalten», heisst es in einer Mitteilung, die das Muslim Welfare House im Internet veröffentlichte.

Der bei der Tat benutzte Lieferwagen stammt aus Wales. Er wurde von einer Firma in Pontyclun in der Nähe der walisischen Hauptstadt Cardiff ausgeliehen, wie der Minister für Wales, Alun Cairns, sagte.

Offenbar muslim-feindlich

Das Motiv des Täters war zunächst unklar, Waffen hatte er nach Angaben der Polizei nicht dabei. Er sollte unter anderem auf seine psychische Gesundheit untersucht werden.

Der 47 Jahre alte Mann sei der Polizei nicht bekannt gewesen, sagte der britische Sicherheitsstaatssekretär Ben Wallace am Montag.

Dem Leiter des Muslim Welfare House zufolge soll er gerufen haben: «Ich habe meinen Teil getan», anderen Zeugen zufolge soll er gesagt haben, er wolle Muslime töten.

Der Angriff war «ganz klar eine Attacke auf Muslime», sagte Scotland-Yard-Chefin Cressida Dick am Montag in London. «Wir nehmen jede Art von Hasskriminalität sehr ernst», sagte die Londoner Polizeichefin weiter. Die Täter würden die Gesellschaft nicht spalten. Vielmehr würden sie die Entschlossenheit der Polizei stärken, gegen solche Verbrechen vorzugehen, so Dick. Sie kündigte den Einsatz zusätzlicher Beamter an.

epa06037018 Members of the public place flowers in Finsbury Park, after a van hit worshippers in north London, Britain, 19 June 2017. According to the Metropolitan Police Service, police on 19 June, t ...
Am Tatort wurden zahlreiche Blumen niedergelegt. Der Täter handelte nach ersten Erkenntnissen muslim-feindlich. Bild: SEAN DEMPSEY/EPA/KEYSTONE

May kündigt Entschlossenheit an

Premierministerin May sprach von einem «schrecklichen Zwischenfall». Das Land werde sich durch die Tat aber nicht spalten lassen, sagte sie nach einer Krisensitzung. «Hass und Böses dieser Art werden niemals Erfolg haben».

Die blutige Attacke erinnere daran, dass «Terrorismus, Extremismus und Hass viele Formen annehmen», sagte May. «Unsere Entschlossenheit, sie zu bekämpfen, muss dieselbe sein, wer auch immer verantwortlich ist.»

Londons Bürgermeister Sadiq Khan bewertete die Tat als zielgerichtete Attacke. Manchesters Bürgermeister Andy Burnham schrieb: «Wir werden weiter zusammenstehen gegen Extremisten, die einen Teufelskreis der Gewalt wollen.»

Seit März war Grossbritannien dreimal von Terroranschlägen erschüttert worden. In Manchester hatte ein Selbstmord-Attentäter Ende Mai nahe einem Pop-Konzert 22 Menschen getötet. In London töteten Terroristen im März und Anfang Juni insgesamt mindestens 13 Menschen. Die Londoner Polizei hatte nach den jüngsten Anschlägen mehr islamfeindliche Vorfälle registriert als üblich. (sda/dpa/afp)

Minivan rast in Muslime 

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Auto rast in London in Menschenmenge
In der Nacht auf Montag raste ein Kleintransporter nahe einer Moschee im Londoner Stadtteil Finsbury Park in mehrere Fussgänger. Auch am Morgen danach ist das Gebiet weiträumig abgesperrt und die Spurensicherer sind vor Ort.
quelle: epa/epa / facundo arrizabalaga
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10 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Lowend
20.06.2017 09:08registriert Februar 2014
Wetten, dass dieser widerliche Terroranschlag mit rechtsextremistischem und islamophoben Hintergrund sehr schnell von den Frontseiten verschwindet, wie es auch bei dem feigen Angriff auf die betenden Muslime in Zürich, oder dem rechtsextrem motivierten Mord an Jo Cox in Leeds passiert ist?
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