Zum Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen sind am Samstag weltweit Frauen für ihre Rechte auf die Strasse gegangen. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron nahm den Tag zum Anlass, die Gleichberechtigung von Mann und Frau zu einem zentralen Thema seiner Amtszeit zu erklären.
Der französische Präsident begann seine Rede am Samstag mit einer Schweigeminute für die 123 Frauen, die 2016 in Frankreich von ihren Partnern oder Ex-Partnern getötet worden waren. 225'000 Frauen wurden in Frankreich im vergangenen Jahr Opfer physischer oder sexueller Gewalt durch ihre Partner, nur in jedem fünften Fall wurde Anzeige erstattet.
«Unsere gesamte Gesellschaft ist an Sexismus erkrankt», sagte Macron. «Frankreich darf keines dieser Länder mehr sein, in denen Frauen Angst haben.»
Der Staatschef nannte «drei Prioritäten» für die kommenden fünf Jahre: «Die Bildung und den kulturellen Kampf für die Gleichstellung», eine «bessere Betreuung der Opfer» sowie eine «Verstärkung der repressiven Massnahmen».
Konkret kündigte Macron die Einführung des Straftatbestands «sexistische Beleidigung» an sowie ein Schutzalter für einvernehmlichen Sex, das bei 15 Jahren liegen soll.
Damit mehr Menschen sich trauen, Gewalt, Sexismus und Diskriminierung anzuzeigen, werde ein Online-Dienst eingerichtet. Opfer könnten auf diesem Weg schnell und einfach Kontakt mit den Behörden aufnehmen, sagte Macron.
Er kündigte zudem eine besondere Aufmerksamkeit für Einwanderinnen und Französinnen an, die der Beschneidung unterzogen werden. «Diejenigen, die diese Barbarei betreiben», würden konsequent verfolgt.
Mit Blick auf die bereits für Kinder zugängliche Pornografie im Internet sprach sich Macron für eine stärkere Regulierung von Inhalten aus. Im kommenden Jahr solle es zudem Gesetzesänderungen geben, damit sexuelle Belästigung im Internet strenger geahndet werden kann.
In allen französischen Schulen soll es nach den Worten des Präsidenten zudem eine Unterrichtseinheit zum Thema Sexismus und Belästigung geben. Präsidentengattin Brigitte Macron soll sich für die Sensibilisierung von Schülern für das Thema einsetzen.
Feministische Vereine begrüssten Macrons Ankündigungen, forderten aber mehr Geld für deren Umsetzung. Die ressortübergreifend geplanten 420 Millionen Euro seien nicht ausreichend, erklärten die Aktivistinnen Caroline De Haas und Ernestine Ronai.
Die Enthüllungen über sexuelle Übergriffe des Hollywood-Produzenten Harvey Weinstein haben in Frankreich wie in vielen anderen Ländern eine Debatte über sexuelle Gewalt und Diskriminierung entfacht.
Am Samstag gab es in zahlreichen Städten weltweit Demonstrationen gegen Gewalt an Frauen. In Paris wurde ein Protestmarsch mit rund 2000 Teilnehmern von schwarz gekleideten Frauen angeführt, die Schilder mit den Namen von Todesopfern um den Hals trugen.
In der Schweiz machten Frauen und Männer in zahlreichen Städten aufmerksam auf Gewalt an Mädchen und jungen Frauen. In Bern wurde ein Flashmob organisiert, in Genf eine Menschenkette gebildet. Der Springbrunnen Jet d'Eau leuchtete orange auf - die Farbe, welche den Kampf der Frauen symbolisiert.
Auf dem Taksim-Platz in Istanbul machten Demonstranten auf die Ermordung von Frauen aufmerksam - gemäss Aktivisten ist die Zahl der ermordeten Frauen in der Türkei seit 2011 deutlich angestiegen.
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan versprach am Sonntag eine konsequente Bestrafung von Gewalttaten gegen Frauen. Die Regierung arbeite an einem Programm, das auch Zwangsheirat und Kinderehen bekämpfen werde.
In Madrid, Kosovo, Peru und Mexiko-Stadt gab es ebenfalls Demonstrationen anlässlich des Tags gegen Gewalt an Frauen. In einem UNO-Bericht war Mexiko erst vor wenigen Tagen als das für Frauen gefährlichste lateinamerikanische Land genannt worden.
In Indien gab es erstmals eine Modeschau mit Frauen, deren Gesichter durch Säureangriffe entstellt worden waren. Die Angriffe geschehen zumeist durch Ehemänner oder nahe Familienmitglieder. Jedes Jahr werden hunderte dieser Angriffe gemeldet, die Dunkelziffer wird auf Tausende geschätzt. (leo/sda/afp/dpa)